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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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Häuserfront und machte der
Garnisonplantage Platz, an die der Alte Stall angrenzte – eine einfache Halle
aus Fachwerkmauern, die der Garnison für Exerzierübungen diente.
    Quantz hatte früher,
bevor Sophie in seine Dienste getreten war, oft in der »Goldenen Krone«
gespeist. Manchmal, wenn er überraschend aus Berlin kam und Sophie keine
Mahlzeit vorbereiten konnte, ließ sie das Essen immer noch von dort bringen.
    Schulze, der Wirt,
stand vor dem Eingang und sah zu, wie zwei Männer Kisten mit Gemüse aus einem
Kahn luden und über die Straße ins Wirtshaus trugen. Als er Quantz erkannte,
legte er eine so grazile Verbeugung hin, wie es ihm bei seiner Leibesfülle
möglich war, und zog den Hut.
    »Zu Diensten, Herr
Musikus. Willkommen. Geben Sie uns wieder einmal die Ehre?«
    Schulze verhielt
sich gern, als sei er der Inhaber einer Nobelunterkunft in Berlin, London oder
gar Paris. Wahrscheinlich hielt er diese übertriebene Art für Gastfreundschaft.
    Quantz grüßte
zurück. »Sie haben wenig Gäste diesen Mittag, Herr Wirt.«
    »Die Essenszeit ist
vorüber. Die meisten Gäste haben wir ohnehin gegen Abend, bis zum
Zapfenstreich. Wobei der Frühlingsmonat die Leute nicht gerade in die
Wirtshäuser zieht. So mancher genießt doch lieber die frische Maienluft auf der
Plantage. Wenn natürlich die Journalière endlich eingerichtet würde. Der König
hat es zwar versprochen, aber bisher …«
    Der Wirt kam wieder
einmal auf sein Lieblingsthema. Eine Journalière, eine regelmäßige
Postkutschenverbindung, würde ihm ständig Menschen ins Haus bringen. Jedem, der
mit der Kutsche nach den fünf, sechs Stunden von Berlin in Potsdam ankam, würde
nichts anderes übrig bleiben, als erst einmal den Gasthof zu besuchen – um sich
zu stärken, um sich aufzuwärmen oder um sich nach diesem oder jenem zu
erkundigen. Und nicht zuletzt, um eine Unterkunft zu finden.
    »Seid Ihr denn
sicher, dass der König die Station hier errichten wird? Und nicht irgendwo in
der Nähe des Schlosses? Wo ohnehin die Mietkutscher stehen?«
    »Er hat mir das
Recht verliehen«, sagte Schulze. »Ich habe es mit Brief und Siegel. Doch es
nützt mir nichts, solange die Strecke nicht eingerichtet ist.«
    Quantz nickte nur.
Jeder hoffte, dass der König die Dinge in Potsdam so vorantrieb, wie es zum
eigenen größten wirtschaftlichen Nutzen war.
    »Wünscht Ihr zu
speisen?«, fragte der Wirt eilfertig. »Wir haben noch köstliches Bratenfleisch
vom Mittag. Dazu Kohl.«
    »Ich bin nicht zum
Essen hier.« Quantz zog einen Lederbeutel hervor. »Ich möchte begleichen, was
vom letzten Monat auf meiner Liste steht.« In der leeren Gaststube zog er ein
paar Münzen hervor und zählte sie auf den hölzernen Tresen.
    »Aber Herr«, sagte
Schulze. »Dafür hättet Ihr Euch nicht selbst herbemühen müssen. Ich hätte meine
Frau Liese schicken können. Oder Sophie wäre hergekommen.«
    »Ich habe zwei
nützliche Dinge verbunden, denn ich möchte einen Gast sprechen, der hier wohnt.
Monsieur La Mettrie. Er ist doch Gast hier, oder?« Quantz konnte sich
eigentlich kaum vorstellen, dass ein Kammerherr des Königs in einem Zimmer in
der »Goldenen Krone« hauste. Aber der Franzose hatte es selbst gesagt.
    »Bedaure, Herr
Quantz, der Herr ist nicht zugegen.« Kaum ging es um hohe Herren, wechselte
Schulze wieder die Stillage und redete übertrieben vornehm daher. »Er weilt
derzeit in Berlin, wie ich höre.«
    Quantz unterdrückte
seine Enttäuschung. Das hätte er sich denken können.
    »Aber wenn wir Glück
haben, wird er hier ohnehin nicht mehr lange seine Unterkunft haben.«
    »Ist es nicht von
Vorteil, einen so hohen Gast zu beherbergen?«
    Schulze beugte sich
vor und verfiel ins Flüstern. »Ich hoffe, dass Ihr ein Geheimnis für Euch
behalten könnt.«
    »Selbstverständlich.«
    »Liese, meine Frau,
ist gar nicht zufrieden, dass der Herr Franzose bei uns Quartier hält. Ich habe
ihm das beste Zimmer gegeben, weil ich dachte, er wüsste es zu schätzen. Doch
sein Benehmen ist nicht danach, versteht Ihr?«
    »Nein, nicht so
ganz.«
    »Man hört ja viel
von den Franzosen«, fuhr Schulze fort. »Über ihren lockeren Lebenswandel und so
weiter. Aber dass dieser Mann aus meinem Gasthof eine Räuberhöhle macht, hätte
ich nicht geglaubt. Ich habe gedacht, unser König lade nur Menschen an seinen
Hof, die sich zu betragen wissen und die unsere ordentliche Lebensart, die uns
ja der König in seiner Gnade auch als glänzendes Vorbild vorlebt, angenommen
haben.

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