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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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Stattdessen findet Liese, die das Zimmer sauber machen muss, täglich
eine unbeschreibliche Unordnung vor.«
    »Was meint Ihr
damit?«
    »Er tanzt mit dem
Teufel.«
    »Wie bitte?«
    Der Wirt holte zwei
Gläser hervor, goss Branntwein ein und schob Quantz das eine Glas hin. »So
etwas habt Ihr noch nicht gesehen. Seine Garderobe, Manuskripte, Essensreste,
Geschirr, Feder, Tinte … Als habe jemand alles durcheinandergeworfen.
Sogar die Stühle und Tische stehen morgens nicht mehr an ihrem Platz, sind
manchmal umgeschmissen.«
    Quantz staunte. Der
Kammerherr hatte also nicht nur seltsame Gedanken. Verbrachte er seine Zeit
auch mit unlauteren Taten? Pflegte er irgendwelche geheimnisvollen Rituale?
»Das hat er selbst angerichtet? Seid Ihr sicher? Ist es nicht eher so, dass
jemand sein Zimmer durchsucht hat?«
    Schulze kippte den
Schnaps, schüttelte sich und sah sich in der leeren Gaststube um, als befürchte
er, belauscht zu werden. »Er selbst liegt ja morgens, wenn Liese aufräumen
will, noch in seinem Bett – bedeckt mit Unmengen von Papier. Inmitten dieses
Saustalls.«
    »Unmengen von
Papier, sagt Ihr? Ihr meint, beschriebenes Papier?«
    »Ja, das meine ich.
Manchmal gleich mit der ausgelaufenen Tinte darüber. Offenbar kommen ihm viele
Gedanken, die er dann aufschreibt. Viele böse Gedanken auch. Liese hat in der
Stadt viel über ihn gehört …«
    »Ja?«
    »Bitte kommt näher
heran, Herr Quantz. Ich traue mich kaum, es auszusprechen. Dieser Mensch da
oben schreibt es ungestraft, und er lebt auf Kosten des Königs, der davon
sicher gar nichts weiß.«
    »Nun sagt schon, was
Liese gehört hat.«
    Schulze drehte sich
wieder prüfend um. Schulzes Frau war sicher nicht zu Hause, sonst hätte sie
sich schon gezeigt.
    »Er hat ein Buch
geschrieben, in dem es heißt, dass wir alle keine lebendigen Wesen sind,
sondern Maschinen«, flüsterte Schulze Quantz ins Ohr. »Zahnräder. Webstühle.
Oder das Gerät, mit dem Ihr Eure Flöten baut. Bohrer. So etwas sei der Mensch.
Ohne Seele. Ein … Ding. So etwas hat er geschrieben! Und nun schreibt er
weiter und weiter – und das in meinem Haus! Welche Verworfenheit mag sich noch
in den Blättern verbergen …«
    »Habt Ihr etwas
davon gelesen?«
    Der Wirt hob
entrüstet das Kinn. »Gott bewahre. Ich kann doch die Sprache der Franzosen
nicht. Und das Lesen … Na ja, es geht mir ohnehin nicht leicht von der
Hand.«
    Schulze goss sich
nach. Quantz hatte seinen Schnaps noch gar nicht getrunken. Er mochte keinen
Branntwein, schon gar nicht tagsüber, aber er riss sich zusammen und stürzte
die scharfe Flüssigkeit hinunter.
    »Ich bin sicher, der
König weiß nicht, was der Herr hier über unseren Köpfen in meinem besten Zimmer
ausbrütet. Er weiß nicht, dass dieser Franzose hier dem Teufel selbst Tür und
Tor öffnen will. Ich habe mir das genau überlegt, Herr Quantz. Stellt Euch vor
– da ist der König …« Schulze schob sein Glas ein Stück zur Seite. Es sollte
wohl Friedrich darstellen. »Um ihn herum entsteht eine schöne Stadt, ein
Schloss. Schöne Dinge. Wie Eure Musik. Und das neue Sommerschloss. Der Park.«
    Schulze zögerte, er
wusste wohl nicht recht, wie er all dieses Schöne darstellen sollte. Dann
beschränkte er sich darauf, das Glas mit seinem dicken Finger zu umkreisen. »So
etwas zieht Neider an. Oder Profiteure. Leute, die sich bei Seiner Majestät
einschleichen. Die etwas verdienen wollen. Unser König, der sich so wacker auf
dem Schlachtfeld geschlagen hat, muss nun aufpassen, dass er sich nicht die
Feinde ins eigene Land holt. Dass er keine Natter an seinem Busen nährt.«
    Schulze erzählte mit
seinen eigenen Worten das Gleiche, was Weyhe gesagt hatte. Quantz kam der
Gedanke, dass viele Menschen aus dem einfachen Volk genauso denken mochten.
    »Sie haben doch
Einfluss auf Seine Majestät«, sagte der Wirt, nachdem auch der Schnaps, der
eben noch Friedrich symbolisiert hatte, in seinem Schlund verschwunden war.
»Sie stehen ihm nah. Sie machen Musik mit ihm. Sagen Sie ihm, was hier
geschieht, bevor es zu spät ist. Ich möchte solche Fremden nicht gern hier im
Haus haben. Könnten Sie nicht den König dazu bringen, dem Herrn eine andere
Unterkunft zu geben?«
    Wieder füllte
Schulze Quantz’ Glas. Bevor er es trank, musste er eine Entscheidung treffen,
denn danach wäre er nicht mehr in der Lage dazu. »Ich könnte Euch behilflich
sein«, sagte er.
    »Wirklich?«
    »Unter einer
Voraussetzung.«
    »Sprecht. Sagt es … Wollt
Ihr einen Monat

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