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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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steht. Begleitest du mich in die Bibliothek? Ich fordere dich zu einer Partie Schach heraus.«
    »Kein schlechter Vorschlag. Wahrscheinlich werden wir das taktische Denken in nächster Zeit benötigen«, meinte der Leibwächter und folgte dem Vertrauten.
    Hetrál, der auf dem Weg zum Gouverneur war, wurde von den beiden mitgenommen.
    »Meister Hetrál«, Stoiko deutete auf einen Sessel, »setzt Euch. Spielt Ihr Schach?«
    Der Stumme nickte und wackelte mit der ausgestreck­ ten Hand.
    »Leidlich, also. Dann seid Ihr besser als ich«, meinte Waljakov. »Ich sehe euch zu und versuche zu lernen.« Nach zwanzig Zügen war die Partie für Stoiko vor­ über. Der Leibwächter schüttelte sich vor Lachen, und ein reichlich zufriedener Turît lehnte sich in die Polster zurück.
    »Wer hat Euch das beigebracht?« Der Vertraute starr­ te fassungslos auf das Brett.
    Hetrál stand auf, nahm einen Atlas von Ulldart zur Hand und schlug das Königreich Aldoreel auf. Mit dem kleinen Finger zeigte er auf die Hauptstadt.
    »König Tarm hat Euch das Schachspiel beigebracht?«
    Unglaube schwang in Stoikos Stimme mit. Doch der Schütze nickte.
    »Daher also die höfischen Umgangsformen«, schloss Waljakov, aber der stumme Mann deutete nun auf Ter­ sion. Den anderen beiden standen die Münder offen. »Und wo wart Ihr noch?«, wollte Stoiko wissen. Als Antwort legte Hetrál die Hand auf den Kontinent und strich mit dem Zeigefinger lediglich Kensutria und Palestan durch.
    »Und was habt Ihr dort gemacht? Woher habt Ihr all das Geld, um so reisen zu können?« Der Leibwächter kratzte sich ratlos an der Glatze.
    Der Turît stellte pantomimisch einen Bogenschuss dar, dann Applaus und das Zählen von Geldstücken. »Verstehe«, sagte Stoiko. »Mit Euren Darbietungen reist Ihr kreuz und quer durch die Welt und verdient Euch bei den Fürsten Euer Geld. Da erlebt man mit Si­ cherheit einiges.«
    Hetrál grinste breit, bedeutete ihnen zu warten und verschwand für einige Minuten aus der Bibliothek. Dann kehrte er mit einer kleinen Truhe zurück und präsentier­ te den beiden Männern die unterschiedlichsten Andenken von seinen Reisen, angefangen bei Dankurkunden von Grafen und anderen Adligen für die Beseitigung von Sumpfbestien bis zu einfachen Bastelarbeiten, Wimpeln und einer blonden Haarsträhne.
    »Könnt Ihr noch mehr, als mit dem Bogen umzuge­ hen?« Waljakov besah sich eine Urkunde aus Tersion. Hetrál drückte dem Leibwächter einen Waslec in die mechanische Hand und wies ihm mit Zeichen an, sich auf die andere Seite der Bibliothek zu stellen, die Mün­ ze ausgestreckt dicht an der Wand zu halten. Stoiko blinzelte ihm aufmunternd zu. Der Stumme zog inzwi­ schen etwas aus dem Ärmel.
    Als Waljakov seine Position eingenommen hatte, schleuderte der Turît in kurzer Reihenfolge lange, dünne Gegenstände nach dem Geldstück und durchbohrte es mit den geschliffenen Metallstiften senkrecht in einer Linie.
    »Äußerst beeindruckend.« Der Leibwächter ließ die Münze los, die festgenagelt an der Holzvertäfelung hing. Hetrál verbeugte sich, machte einen Kratzfuß und setzte sich wieder.
    »Schön, dass Ihr nun in Granburg seid«, meinte Stoi­ ko. »Ihr solltet dem Gouverneur bei Gelegenheit eben­ falls Eure Kunst beweisen.«
    Torben bezog vor der Tür zur Kanzlei Posten und unterhielt sich leise mit einer anderen Wache, Miklanowo verschwand in seine Gemächer.
    Die Zeit verrann.
    »Er ist jetzt schon zwei Stunden da drin«, sagte Torben zu seinem Gegenüber. »Er wird doch nicht eingeschlafen sein?« Vorsichtig streckte er den Kopf zur Tür hinein, nur um ihn hastig wieder einzuziehen. »Er brütet über irgendwelchen Büchern.«
    Der andere Soldat gähnte herzhaft.
    »Die Luft ist ziemlich trocken, oder? Bleib du hier, ich gehe und hole uns etwas zu trinken«, meinte der Rogogarder. »Im Gegensatz zu dir darf ich meinen Posten verlassen.«
    »Was für ein Glück. Ich komme allmählich um vor Durst«, sagte der andere dankbar. »Aber beeil dich lieber.«
    Der Pirat winkte ab. »Um die Zeit kommt keiner der Offiziere mehr vorbei, höchstens Waljakov, und der weiß ja, dass ich der zweite Mann vor der Tür bin. Du hast also überhaupt nichts zu befürchten.«
    »Ganz wohl ist mir trotzdem nicht dabei«, murmelte der Soldat, während Torben pfeifend den halbdunklen Gang entlang zur Küche lief.
    Er bog auf dem Rückweg gerade mit einem vollbeladenen Tablett um die Ecke, als er mehrere Stimmen an der Eingangstür hörte, und so schnell

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