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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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erhielt einen schmerzhaften Tritt zwischen die Beine. Sein Magen zog sich zusammen, und er sank stöhnend nach hinten um.
    Groß erschien eine Schuhsohle vor seinen Augen, und erst im letzten Moment rollte er sich zur Seite. Wirkungslos knallte der Absatz auf den Stein.
    Der Pirat wurde hochgezogen und blickte in die Augen des grinsenden Mörders, dessen Antlitz mit Schminke bedeckt war, dann beförderte ihn der Angreifer mit Wucht gegen die Mauer, an der er sich den Kopf schlug. Zwar fing der Helm einiges ab, dennoch gab ihm der Aufprall den Rest. Halb ohnmächtig rutschte er zu Boden.
    »Gute Nacht, Kapitän Rudgass.« Der Assassine trat ihm ins Gesicht, dass es krachte. »Man sollte niemals etwas versprechen, was man nicht halten kann. Ich dagegen stehe zu meinem Wort, das ich Euch auf der Selina gegeben habe.«
    Wieder kam der Absatz auf ihn zu.
    Leise klopfte es an die Tür der Kanzlei, doch Lodrik ignorierte den Laut.
    Das nächste Pochen war bereits etwas aufdringlicher, der Gouverneur erhob sich fluchend von seinen Büchern und schritt zum Eingang.
    Mit einem Ruck öffnete er die Tür und schaute auf die Wache, neben der eine Frau in einem roten Umhang stand, die gerade in ihr Taschenruch nieste.
    »Was gibt’s?«, bellte er den Soldaten an. »Und wo ist Torben?«
    »Exzellenz, Rudgass ist etwas zu trinken holen.« Der Mann zeigte auf die Frauengestalt. »Norina Miklanowo möchte mit Euch reden.«
    »Norina? Das ist aber eine freudige Überraschung.«
    Lodrik trat zurück und machte eine einladende Geste, die Frau neigte den Kopf, schnauzte sich und betrat das kleine Zimmer, der Gouverneur warf die Tür mit Schwung ins Schloss.
    »Was verschafft mir die Ehre deines Besuches? Ich habe nicht mit dir gerechnet.« Innerlich hätte sich Lo­ drik für diesen Satz ohrfeigen können. Er wollte sie ganz vornehm empfangen, aber derzeit klang er, als weise er einen aufdringlichen Bittsteller ab. Ob er trotz­ dem einen Begrüßungskuss wagen sollte? »Entschuldigt, Exzellenz, dass meine Stimme wie ein knarrendes Rad klingt, aber ich fürchte, ich habe mich auf dem Weg hierher erkältet«, krächzte sie und nieste erneut. »Unsere Leibeigenen haben sich teilweise auf die Seite der Aufständischen geschlagen, und ich wollte den Rat meines Vaters einholen oder ihn zur Rückkehr bewegen.«
    »Dieser Aufruhr macht größere Schwierigkeiten, als ich angenommen habe.« Lodrik schenkte Norina Tee ein. »Wie viele sind es?« Vorsichtig versuchte er einen Blick auf ihr Gesicht zu werfen, aber immer waren die Kapuze oder das Taschentuch im Weg. Irgendwie hatte er sie größer in Erinnerung gehabt. Und warum redete sie mit ihm wie mit einem fast Unbekannten? »Um die hundert Männer«, antwortete Norina und drehte sich zum Kamin um, der Statthalter trat an ihre Seite. »Ihr habt Euch sehr verändert, und wenn ich nicht genau wüsste, dass Ihr es seid, hätte ich Euch kaum wiedererkannt.«
    »Waljakov hat sich viel Mühe gegeben, mir Ausdauer beizubringen.« Er nippte an seiner Tasse. »Es war eine harte Zeit, aber ich fürchte, das, was vor mir liegt, wird noch härter werden.« Er hielt es nicht länger aus. »No­ rina, weshalb benimmst du dich, als hätten wir uns nie geküsst? Habe ich etwas falsch gemacht? Und wo ist das Amulett, das ich dir geschenkt habe?« Er streckte seine Hand aus, um ihre Wange zu berühren.
    Sie zog den Kopf zurück. »Ich habe es noch. Es ist nur so lange her, und da dachte ich, du hättest es dir vielleicht mit uns beiden anders überlegt«, hustete sie, der Silberlöffel hüpfte dabei vom Unterteller und fiel zu Boden. »Wie ungeschickt von mir.«
    »Das macht doch nichts«, schwächte Lodrik ab und bückte sich eilig, um das Besteckstück aufzuheben. Als er in die Vertiefung des polierten Silbers blickte, sah er einen Schatten in rasender Geschwindigkeit auf seinen Rücken zukommen. Instinktiv warf er sich zur Seite.
    Die Dolchklinge bohrte sich zwischen die Segmente der Metallpanzerung tief in die rechte Schulter und zog eine blutige Bahn über das Gelenk. Sofort breitete sich ein unangenehmes Brennen aus.
    »Norina, bist du verrückt geworden?«, keuchte Lodrik und hielt sich die Wunde. Erst jetzt erkannte er, dass es nicht die Tochter seines Freundes war, die ihm mit ei­ nem bösartig aussehenden, blutigen Dolch gegenüber­ stand.
    Die Kapuze hing nun auf der Schulter, und der Gou­ verneur sah in die Gesichtszüge eines stark geschmink­ ten Mannes, der sich zum Sprung bereit machte.

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