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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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wissen, wo er hin wollte, doch weder der Spaziergang noch das Gebet konnten seine Gedanken von der gestrigen Unterredung mit dem Geheimen Rat ablenken.
    Auch wenn er sich nicht mehr richtig an alle Einzelheiten erinnerte, so wusste er noch, dass das Gremium den genauen Wortlaut von Caradcs Vision hatte hören wollen. Und das war ein Umstand, der ihn immer noch verwunderte.
    Achtlos ging er an den unzähligen, duftenden Blumen vorüber, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, und grübelte.
    »Ach, hier bist du«, rief ein Mönch aus der Entfernung. »Der Geheime Rat möchte dich sofort sehen, Bruder. Man hat gefürchtet, du seist schon abgereist.«
    »Ohne zu wissen, um was es geht?«, murmelte Matuc, und fügte laut hinzu: »Nein, nein. Ich brenne voller Ungeduld, die weisen Führer unseres Ordens noch einmal zu treffen.«
    »Dann komm. Es ist dringend.«
    »Es scheint immer dringend zu sein.« Der Vorsteher folgte dem Mönch, der einen anderen Weg zum Besprechungszimmer zu nehmen schien wie der gestrige Führer.
    Zu Matucs Überraschung erwartete ihn nur der Obere im Raum. Das Räucherwerk brannte diesmal nicht, nur die Vorhänge waren zugezogen.
    Der Mann in der goldgelben Robe erhob sich beim Eintreten des Vorstehers. »Wir dachten schon, du seist abgereist.«
    »Ich habe mir die Beine im Garten vertreten. Es ist eine sehr schöne Anlage, die der Tempel hat«, erklärte er.
    »Wir sind auch sehr stolz darauf. Die Blumensamen kommen aus ganz Ulldart, aus Kalisskon und Angor.«
    »Wieder eine sehr teure Angelegenheit. Wir züchten Kartoffeln und Rüben auf unserem Hof. Ulldrael scheint damit auch sehr zufrieden zu sein.«
    »Du kannst es einfach nicht lassen, nicht wahr, Bruder Matuc«, lachte der Obere. »Ich verzeihe dir, so wie dir Ulldrael der weise Gerechte verzeiht.« Er bedeutete dem Vorsteher, sich zu setzen. »Ich wollte eigentlich nicht mit dir über die Blumen reden.«
    »Das dachte ich mir, Oberer«, antwortete Matuc und sah sich demonstrativ um. »Wo sind die anderen Mitglieder des Geheimen Rates?«
    »Wir haben gestern noch unsere Entscheidung gefällt und müssen daher nicht mehr alle versammelt sein, um dir deinen Auftrag zu erteilen. Alle Mitglieder erfüllen weitere, wichtige Pflichten, die nicht vernachlässigt werden dürfen.«
    »Auch ich habe, bei allem Respekt, Oberer, ebenfalls meine Pflichten in Tscharkass. Ich wäre dir dankbar, wenn ich so schnell wie möglich zurückkehren könnte, um nach dem Rechten zu sehen«, warf der Vorsteher ein.
    »Nun, gut. Wie du dir denken kannst, geht es um die Vision Caradcs. Ich habe sie bereits damals mit Tradja besprochen, aber er erinnerte sich nicht richtig. Sie kam mir jedoch früher schon zweideutig vor. Wir haben sie deshalb gestern eingehend studiert und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass man sie durchaus anders verstehen kann, als du es getan hast, Bruder«, sagte der Obere kühl. »Es wäre denkbar, dass Ulldrael der Gerechte wollte, dass der Tadc nicht vor dem Tode bewahrt wird. Ganz im Gegenteil.«
    Matuc öffnete fassungslos den Mund. »Du meinst, Ulldrael will, dass wir einen …«
    Der Obere hob die Hände. »Kein solches Wort in diesem Tempel, auch wenn es der Wille des Gottes ist. Der Geheime Rat hat beschlossen, dass du der Sache nachgehen wirst.«
    »Was meint der Geheime Rat mit ›nachgehen‹?«
    »Du weißt sehr wohl, was von dir erwartet wird«, bemerkte der Obere kalt. »Hättest du die Botschaft Ulldraels im genauen Wortlaut wiedergegeben, wäre das Problem schon lange ohne Aufhebens aus der Welt geschafft worden. Somit bist du genau der richtige dafür, denn wegen deiner Nachlässigkeit kann es bereits zu spät sein. Erinnere dich: Die Botschaft Ulldraels kam vor fünf Jahren. Wenn damals der Zeitpunkt des Handelns gewesen wäre, dann Gnade uns und allen Völkern auf Ulldart! Nun ist es schwieriger als je zuvor, einen Mann in die Nähe des Tadc zu bekommen.« Er lehnte sich vor. »Aber einem harmlosen Mönch wird es wohl gelingen.« Er machte eine kleine Pause. »Bruder Matuc, ich verstehe, dass du dir Sorgen wegen deines Auftrags machst, aber es ist die einzige Möglichkeit, wie wir den Kontinent vor Schaden bewahren können. Vermutlich hätten viele die Vision so verstanden wie du, aber es war ein Fehler, dass du den Geheimen Rat nicht sofort über den Wortlaut in Kenntnis gesetzt hast. Ob der Fehler wiedergutzumachen ist, werden wir sehen.«
    »Und du bist dir sicher, dass Ulldrael es so und nicht anders gemeint hat?«,

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