Schatten über Ulldart
ob Schwert, Morgenstern, Keule, Lanze oder Spieß. Normalerweise endet ein solches Duell, wenn einer der beiden aufgibt oder er das Bewusstsein verliert. Stirbt ein Kontrahent während des Duells, geht er in das Gefolge des Gottes ein, die höchste Ehre, die einem Ordensmitglied zuteil werden kann.«
»Was aber, wenn Ihr in einen Hinterhalt gelockt werdet oder Euch Räuber überfallen?«
»Wir leben, um Angor zu dienen, nicht, um uns mit gewöhnlichem Gesindel herumzuschlagen. Dafür haben wir unsere Begleiter. Oder Fernwaffen. Erst im äußersten Notfall würde ich selbst zum Schwert oder zu meiner Axt greifen. Aber dann kämpfe ich, um zu überleben, denn nur der Duelltod ist ehrenhaft.« Er beugte sich. »Versteht mich nicht falsch, wenn ich eine Herausforderung entdecke, werde ich sie annehmen, wenn ich sie für würdig oder interessant genug halte. Aber ich werde nicht dabei sterben.«
»Die Rüstung ist mehr als ungewöhnlich.« Belkalas Blick wanderte die Metallteile entlang. »Die meisten Wachen in Tarpol schützen sich mit einfachen Brustpanzern.«
»Wenn wir vor unseren Gott treten, dann wollen wir das in aller Pracht tun. In Leinen und Jute stirbt jeder Bettler«, meinte Nerestro verächtlich und strich sich über den gewachsten Bart. »Es ist eine Frage der Ehre, nichts weiter.«
»Nichts weiter? Ich merke schon, Ihr habt so manche Gemeinsamkeit mit unseren Kämpfern«, sagte die Priesterin.
»Was haltet Ihr vom Kampf?«
»Ich würde sagen, das Verhältnis unserer Priester zu den Kriegern ist ungefähr so gut wie Eures zum Ulldraelorden«, antwortete sie diplomatisch. »Wir kennen uns, achten uns ein wenig, aber vermeiden jeden größeren Kontakt.«
»Was habt Ihr als Nächstes vor?« Der Ritter fixierte ihre goldenen Augen, schweifte ab und wanderte mit seinem plötzlich sehr anzüglichen Blick an ihrer Robe entlang.
»Ich werde die Nacht in Eurer Burg verbringen, danach möchte ich so schnell wie möglich weiter nach Norden, um Lakastras Wissen und Glauben zu verbreiten.«
»Dann seid Ihr noch eine sehr lange Zeit unterwegs. Allein.« Ein verführerisches Lächeln legte sich auf das markante Gesicht. »Ihr seid Priesterin des Wissens. Wollt Ihr etwas dazu lernen, so lange Ihr noch auf meiner Burg seid?«
Belkala war angesichts solcher Offenheit und Direktheit mehr als überrascht.
»Wie kommt Ihr auf den Gedanken, dass Ihr mir noch etwas beibringen könntet?«, gab sie schlagfertig zurück und richtete ihren Oberkörper auf. »Außerdem bin ich Priesterin.«
»Was hat das damit zu tun? Ich bin in einem Kriegerorden, trotzdem bevorzuge ich eine Frau auf meinem Nachtlager«, entgegnete der Ritter grinsend.
»Ich werde darüber nachdenken«, versprach sie, obwohl sie insgeheim einem kurzen Abenteuer nicht abgeneigt war. Trotzdem empfand sie den Mann als ein bisschen zu sehr von sich überzeugt. Das musste wohl mit dem Orden und den Kriegern zusammenhängen. »Gute Nacht.«
»Oh, das hängt ganz von Euch ab«, verabschiedete er die Kensustrianerin, während sie zur Tür hinausging und den Waffensaal verließ.
Bevor sie sich ein wenig Abwechslung gönnen wollte, musste sie zuerst eine Sache unbedingt klären. Ihr Weg führte sie in den Kerker der Burg.
Sie fand Matuc hockend im Gebet vertieft. Die Handflächen zusammengelegt, die Augen geschlossen, murmelte er leise Verse vor sich hin. Erst als der Wächter die schweren Riegel geräuschvoll zurückschob, drehte der Mönch den Kopf und schaute zum Eingang.
»Kommt Ihr Euren Triumph feiern?« Er ließ den Kopf sinken. »Mir scheint, ich bin mehr als in Ungnade gefallen, dass Ulldrael mich im Kerker schmoren lässt.«
»Seht es als eine Prüfung.« Die Priesterin ging ebenfalls in die Knie. »Aber vielleicht kann ich Euch helfen, aus diesem Loch herauszukommen, wenn Ihr mir sagt, was es mit Eurer Mission auf sich hat.«
Der Mönch blickte wie gebannt in das Bernstein ihrer Augen. Tiefer und tiefer drang etwas in seine Gedanken, schmeichelte sich sanft in seinen Kopf und streichelte seine Seele mit freundlicher Wärme. Es war ein Gefühl, das er als Kind gehabt hatte, als seine Mutter ihm liebevoll über die Haare gefahren war oder ihn umarmt und getröstet hatte. Geborgenheit und Vertrauen machten sich breit.
»Ich soll den Kontinent vor einer großen Bedrohung retten«, sagte er leise.
»Eine sehr schwere Aufgabe für einen einzelnen Menschen.« Belkalas Stimme war sanft, einfühlsam. »Vertraue dich mir an, Matuc. Was sollst du
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