Schatten über Ulldart
tun?«
»Ich soll den Tadc töten, um die Rückkehr der Dunklen Zeit zu verhindern.« Endlich konnte er mit jemandem darüber reden. »Der Obere und der Geheime Rat sind der Ansicht, dass die Prophezeiung in dieser Weise ausgelegt werden kann.« Der Mönch war unendlich erleichtert.
Belkala stieß die Luft aus. »Und du bist dir deiner Aufgabe wirklich sicher?«
Matuc zögerte. »Ich bin mir fast sicher.«
»Wir haben von der Prophezeiung auch gehört, aber sie bisher immer im entgegengesetzten Sinne interpretiert. Wie kommt das?«
»Wir haben herausgefunden, dass im Kloster ein Tzulani-Spitzel war, der den Visionär vermutlich deshalb tötete, damit nur er alleine den Wortlaut der Botschaft wusste und niemand sonst vom Verhängnis, das mit dem Tadc hereinbrechen wird, erfahren sollte«, erklärte Matuc und begann, Belkala alles zu erzählen, was er wusste und was sich seitdem zugetragen hatte.
Über eine Stunde berichtete er.
Die Kensustrianerin lauschte, ohne ihn auch nur einmal zu unterbrechen. Ihr Gesicht wurde mit jedem Satz nachdenklicher und nachdenklicher.
Nachdem der Mönch seine Ausführungen beendet hatte, legte sie ihm beruhigend ihre Hand auf die Schulter.
»Ich werde dir helfen, Matuc. Ich bitte Lakastra um Hilfe, damit wir mit seiner Unterstützung einen Weg aus deinem Gefängnis finden und wir die Rückkehr der Dunklen Zeit gemeinsam verhindern. Wenn deine Geschichte wahr ist, so, wie du sie mir erzählt hast, wird mein Gott seinen Beistand nicht verweigern.«
»Aber warum hilft mir Ulldrael nicht?« Matuc senkte verzweifelt den Blick, eine Träne rann ihm über die Wange. »Warum?«
Die Kensustrianerin erhob sich. »Diese Frage kann ich dir nicht beantworten. Bete weiter, vielleicht gibt dir dein Gott ein Zeichen.« Sie verließ die Zelle.
Matuc beobachtete teilnahmslos, wie sein Augenwasser als Tropfen auf den Steinboden fiel und zwischen den Platten verlief.
Mehr und mehr schwand sein Vertrauen in seinen Schutzpatron, der sich offenbar nicht viel um die Belange seines Kontinents zu kümmern schien.
Provinzhauptstadt Granburg, Königreich Tarpol, Spätsommer 442 n.S.
Der warme Wind jagte die gelblich schwarzen, regenschweren Wolken hoch über dem großen Festplatz am Himmel entlang.
Düster türmten sie sich auf, verwirbelten ineinander und verdunkelten die beiden Sonnen, sodass man glauben konnte, es sei später Abend und nicht kurz nach Mittag. Das gewaltige Gewitter hing spürbar in der Luft, doch es entlud sich nicht.
Das blassgelbe Zwielicht wirkte unheimlich, eine vollkommene Stille senkte sich auf die Stadt herab. Selbst die Tiere in den Ställen gaben keinen Laut von sich. Nur das Pfeifen des Windes war zu hören, der durch Fensterläden, über Dächer und um Häuserecken strich.
Wasilji Jukolenko ließ den Blick über den Platz schweifen, auf dem sich mindestens tausend Menschen seinetwegen versammelt hatten.
Bürger der Stadt, Bauern der Umgebung, Händler und einige Adlige, die sich vor kurzem noch um seine Gunst gestritten hatten, erkannte er zu seinen Füßen. Er bedachte sie mit einem herablassenden Lächeln.
Die Fesseln, die seine Arme auf dem Rücken hielten, schnitten unangenehm ins Fleisch, die linke Gesichtshälfte brannte wie Feuer, nachdem die Wachen ihn mindestens ein Dutzend Mal geschlagen hatten.
Überhaupt ließ die Behandlung eines Adligen und ehemaligen Gouverneurs seiner Meinung nach sehr zu wünschen übrig. Bei seiner Verhaftung vor ein paar Tagen war ihm so ziemlich jedes teure Kleidungsstück abgenommen worden, das er besaß. Daraufhin musste er in Unterwäsche in einem stinkenden, feuchten Kellerloch liegen, bis ihn ein paar schadenfrohe, betrunkene Soldaten verprügelten und ihn auf den Schafottwagen luden. Quer durch die Stadt holperte das Vehikel, vorbei an schweigenden Menschen, die ihn hasserfüllt ansahen. Die Zeit seiner Herrschaft war vorbei.
Jetzt stand er auf der kleinen Plattform, drei Meter über den Köpfen der Zuschauer, neben ihm warteten vier Wachen auf das Eintreffen des jungen Gouverneurs.
Weitere Wagen rollten heran und brachten den maskierten Scharfrichter mit seinen Gesellen sowie Kaschenko zusammen mit zehn weiteren Adligen und Großbauern, die an der Verschwörung gegen den Gouverneur nachweislich beteiligt waren.
Nach und nach wurden die Gefangenen von den Henkersknechten die schmale Leiter hinaufgezerrt und neben den Mann hingestellt.
Jukolenko zeigte keinerlei Regung, schaute einfach nur in die Wolken. Innerlich
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