Schatten über Ulldart
hoffte er, dass der Scharfrichter später nicht allzu betrunken war, damit das Enthaupten im ersten Anlauf gelang. Er verabscheute Schmerzen über alles.
Hufschlag klapperte über das Kopfsteinpflaster, dann erschien die muskulöse Gestalt Waljakovs an der Spitze einer gerüsteten Reiterabteilung. In der Mitte ritt der Gouverneur, die Haltung aufrecht, eine Hand locker auf dem rechten Bein liegend.
Wenn vor eineinhalb Jahren Jukolenko jemand gesagt hätte, dass dieser halbe Knabe schuld an seinem Tod sein würde, hätte er denjenigen vermutlich ausgelacht. Überhaupt bestand keinerlei Ähnlichkeit mehr zwischen dem dicken, weinerlichen Kind, das damals hier angekommen war, und dem jungen Mann, der von sich selbst überzeugt im Sattel des Rappen saß. In den letzten Monaten hatte sich Vasja in einen Gegner verwandelt, den man leicht unterschätzen konnte. Den er unterschätzt hatte.
Die Truppe ritt bis an den Fuß des Aufgangs, saß auf einen gebrüllten Befehl Waljakovs hin ab und postierte sich spalierartig in Richtung Schafott.
Langsam bewegte sich Vasja die Planke hinauf, dicht gefolgt von seinem massigen Leibwächter, zog, oben auf der Plattform angekommen, ein Pergament aus dem Ärmelaufschlag und wandte sich den Menschen zu.
»Die Adligen Kaschenko, Mekuce, Paole, Dobric und Jukolenko sowie die Brojaken Kilic, Dujorev, Lusckoje, Regoc, Cobradin, Woijec und Iguckin sind für schuldig befunden, eine Verschwörung gegen mich, den rechtmäßigen Königlichen Gouverneur Vasja, und damit gegen den Kabcar angezettelt zu haben. All ihre Besitztümer, Hab und Gut fallen an den Kabcar. Die Verschwörer selbst werden zum Tod durch langsames Erwürgen verurteilt.« Ein erstes Raunen ging durch die Menge. Eine solche Bestrafung erging normalerweise nur gegen gewöhnliche Mörder. »Ich gewähre dem ehemaligen Gouverneur Jukolenko das Privileg, durch das Schwert zu sterben. Die Vollstreckung der Urteile erfolgt stehenden Fußes.«
Der Gouverneur nickte dem Scharfrichter zu, der seinen Gesellen den Befehl zur Hinrichtung der ersten elf Gefangenen erteilte.
Der Tod der Männer dauerte qualvolle Minuten. Immer wieder wurden die Lederschnüre gelockert, erlaubten den Adligen ein verzweifeltes Atmen, nur um kurz darauf die Kehle erneut zuzuschnüren.
Endlich stampfte der Scharfrichter vernehmbar mit dem Fuß auf die Holzbohlen, das Zeichen für den letzten Akt des grausamen Schauspiels, das von den Granburgern schweigend beobachtet wurde.
Auch diesmal dauerte es sehr lange, bis das letzte Keuchen verebbte. Die elf Männer waren tot.
Ein donnerndes Grollen rollte über den Platz, das Gewitter kündigte sein Kommen an. Ein Blitz zuckte über den Himmel und ließ einige der Menschen erschrocken zusammenfahren.
»Granburger!«, hallte die Stimme des Gouverneurs über die Köpfe hinweg. »Dieser unfassbare Verrat und die jahrelange Ausbeutung der Provinz auf Kosten der Unschuldigen haben ab heute wirklich ein Ende. Mit dem Tod des letzten Verschwörers wird die neue Ära der Gerechtigkeit, die ich seit langem eingeläutet habe, gefestigt.« Die ersten Regentropfen fielen aus den Wolken, klatschten zu Boden, der Wind wurde stärker und zerzauste die blonden, schulterlangen Haare des jungen Mannes, in dessen Augen ein leidenschaftliches Feuer brannte.
Als der Scharfrichter mit dem Schwert auf Jukolenko zuging, trat ihm der Gouverneur in den Weg und streckte die Hand aus.
»Zur Bekräftigung, dass eine solch unverhohlene Tyrannei und Aufwiegelung nie wieder hingenommen wird, werde ich die Hinrichtung selbst vornehmen.« Lodrik spürte den Blick der Menge deutlicher als je zuvor auf sich.
Der Scharfrichter überreichte ihm zögerlich das Henkersschwert.
Entschlossen umfasste der Gouverneur den Griff mit beiden Händen und wandte sich dem Adligen zu, dessen Gesicht große Fassungslosigkeit widerspiegelte.
»Ich hoffe, Euer Fechtunterricht war gut genug, dass Ihr meinen Hals beim ersten Schlag durchtrennen könnt«, sagte Jukolenko leise.
»Wer sagt Euch, dass ich das möchte?« Der junge Mann genoss die plötzlich aufkeimende Angst seines Gegenübers. »Selbst wenn ich mehrere Versuche benötigen würde, betrachtet es als nachträgliches Vergnügen meinerseits.«
Er hob die Klinge in eine waagerechte Position, hielt sie kurz an den Nacken des stehenden Jukolenko, um Maß zu nehmen, und drehte den Oberkörper weit zurück, damit der Schwung genügen würde, Haut, Muskeln und Knochen zu durchtrennen. Lodriks Augen fixierten
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