Schatten über Ulldart
die keinen Hehl aus dem roten Streifen um ihren Hals machte. Offenbar waren sie gerade in eine Unterhaltung vertieft gewesen, denn sie drehten sich zu den Männern sehr unwirsch herum.
Der Ritter reckte den Kopf. »Du bist nüchtern, hoffe ich.«
»Nüchtern genug, um in aller Demut bei Euch und Belkala um Verzeihung zu bitten«, antwortete Matuc und senkte den Blick. »Ich habe zu viel getrunken, was mein Verhalten allerdings nicht entschuldigt.«
»Ich fand unsere Unterhaltung anfangs eigentlich recht interessant«, krächzte die Priesterin, das Sprechen bereitete ihr noch Mühe. Mit einer schnellen Bewegung strich die Kensustrianerin das schulterlange, dunkelgrüne Haar zurück. »Aber es nahm dann eine sehr unschöne Wendung.«
»Falls du meinen Namen vergessen haben solltest, was ich beinahe glaube, er lautet Nerestro von Kuraschka, Ritter im Orden der Hohen Schwerter und Gläubiger des Gottes Angor. Mir gehören das Land und die Menschen im Umkreis von vierzig Warst, ich spreche Recht und Gesetz als ordnungsgemäßer Grundherr.« Er erhob sich und deutete auf den Stuhl neben sich. »Setz dich zu uns, damit wir uns über deine angemessene Bestrafung beratschlagen.«
Der Mönch ging langsam an den ihm zugewiesenen Platz und überlegte, wie er aus der Situation herauskommen sollte.
Bei jedem herkömmlichen Adligen Tarpols hätte er mit einem milden Denkzettel rechnen können, aber ausgerechnet auf dem Boden eines verbohrten Ritters von einem Orden, der wenig auf Ulldrael gab, musste er sich einen Rausch antrinken und über die Stränge schlagen.
»Dir wird vorgeworfen, das Volk aufgehetzt und die Hand gegen diese Frau erhoben zu haben, ohne dass ein triftiger Grund vorlag.« Die braunen Augen ruhten forschend auf dem Gesicht des Mönchs. »Was hast du dazu zu sagen, und was wäre ein befriedigendes Strafmaß?«
»Was mich angeht«, meldete sich Belkala, »ich wäre mit einer aufrichtigen Entschuldigung zufrieden. Er hat nicht gewusst, was er tut. Dazu war er zu betrunken in der Nacht.«
Dankbar lächelte Matuc. »Ich entschuldige mich, Ulldrael sei mein Zeuge, mit aller Inbrunst und aller Ehrlichkeit, die ein Mönch haben kann. Ich verspreche Euch hiermit feierlich, dass ich nie wieder einen Tropfen Wein, Bier oder Schnaps anrühren werde.« Die Priesterin nickte.
»Na, schön. Dein Lakastra muss ein sehr verzeihender Gott sein, wenn er sich so leicht zufrieden gibt.« Nerestro stieß mit der Schwertscheide auf den Boden, »Angor dagegen ist es nicht, und die Gesetze Tarpols sind es ebenfalls nicht. In Anbetracht, dass du ein Mönch, vermutlich sogar ein Vorsteher eines Klosters bist, werde ich nicht allzu hart mit dir sein, und weil ich auch denke, dass der Wein eine große Schuld an deinem Fehlverhalten trägt.« Das harte Gesicht des Ritters wandte sich Matuc zu. »Deshalb wirst du nur ein Jahr im Kerker verbringen, anstatt lebenslänglich. Danke mir nicht für meine Milde.«
Belkala schaute mindestens so überrascht wie der Mönch.
»Herr, nicht, dass Ihr glaubt, ich würde für meine Tat nicht einstehen wollen, aber ich habe einen dringenden, wichtigen Auftrag für meinen Orden zu erfüllen«, begann Matuc vorsichtig, wobei er genauestens auf die Reaktion des Ritters achtete.
»Darauf hättest du früher bedacht sein müssen«, entgegnete Nerestro und schwenkte den Pokal. »Ich habe das bestehende Gesetz schon genug gebeugt. Wenn ich dir noch mehr entgegenkomme, wird mir Angor gewiss sehr böse sein.«
»Aber andernfalls könntet Ihr den Zorn Ulldraels auf Euch ziehen, Herr«, versuchte der Mönch eine neuen Anlauf. Er durfte auf keinen Fall ein Jahr lang in den Mauern der Burg sitzen. Er musste so schnell wie möglich weiter, damit er seine Mission zur Rettung des Kontinents rechtzeitig ausführen konnte, bevor es zu spät war. »Meine Aufgabe ist sehr wichtig.«
»Gib Acht, Mönch«, knurrte der Mann, »du bewegst dich im Moment auf sehr dünnem Eis.«
»Versteht Ihr nicht, Herr«, flehte Matuc. »Ihr müsst mir einen Aufschub gewähren. Lasst mich meine Aufgabe zu Ende bringen, und ich kehre freiwillig in Euren Kerker zurück, aber, bitte, setzt mich nicht jetzt fest. Bitte.«
»Wer garantiert mir, dass du zurückkommst? Ulldrael?«, schnaubte Nerestro. »Einen Eid auf deinen Gott brauchst du bei mir nicht zu leisten, und ein Schwur auf Angor steht dir nicht zu. Nicht in diesem Fall.«
Belkala beobachtete den völlig aufgelösten Mönch nachdenklich. Ihre goldenen Augen schimmerten im
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