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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Durcheinander. »Ich sehe schon. Das ist ein großes Problem direkt am Anfang der Regierungszeit.« Der Vertraute kramte in seiner Dokumententasche und fischte ein großes Blatt heraus. »Die Erkundigungen, die Waljakovs Männer eingezogen haben, sind höchst interessant und entmutigend zugleich. Die Großbauern stehen dem ehemaligen Gouverneur sehr nahe. Entweder er hält sie sich mit Geld bei der Stange, oder er erpresst sie.«
    Lodrik zog einen Schmollmund. »Geh unsere Sachen packen. Granburg verwalten zu können, ist unter den Umständen wohl mehr als unmöglich. Und das Essen ist so miserabel, dass ich an Gewicht verloren habe.« Zur Demonstration zog er an der Weste, die wesentlich lokkerer als früher um seinen Körper lag.
    »Na, der Gewichtsverlust geht zum Großteil auf Waljakovs Fechtstunden zurück. Und Ihr seid in der Tat schneller geworden, Herr«, lobte Stoiko. »Die leicht schmalere Taille steht Euch eigentlich ganz gut.« Er wedelte mit dem Blatt. »Und ganz so aussichtslos ist es dann doch nicht, denn ich habe einen Namen gehört, der im Gegensatz zu den anderen Großbauern gerne von den Leuten ausgesprochen wird.« Er blickte auf die handschriftlichen Notizen. »Er heißt Ijuscha Miklanowo, und hat seine Besitzung rund vierzig Warst von hier. Ich habe ihn eingeladen. Da er sich für das Bankett Jukolenkos entschuldigen ließ und derzeit nicht in der Gegend ist, wird es ein bisschen dauern, bis ihn meine Nachricht erreicht hat und er herkommen kann.« Stoiko schaute Lodrik an. »Ich denke, dass wir in ihm einen Verbündeten finden könnten, Herr.«
    »Das wäre sehr schön.« Lodrik stand auf, zog die Hose hoch und machte den Gürtel ein Stückchen enger. »Ich glaube, ich lasse die Gouverneursgeschäfte ruhen und unternehme einen kleinen Ausritt. Es schneit heute ausnahmsweise nicht, und ich will die Gelegenheit nutzen, um mir die nähere Umgebung anzusehen. Alleine.«
    Der Vertraute öffnete den Mund zum Protest. »Es kennt Euch zwar noch keiner persönlich, trotzdem ist es meiner Meinung zu gefährlich. Ich sage Waljakov, dass er eine kleine Eskorte zusammenstellen soll.«
    »Du kannst auch gleich der Küche Bescheid sagen, dass sie einen Proviantsack packen sollen. Ich ziehe mich um und gehe in die Stallungen, um dort zu warten.«
    Der Junge verließ die Kanzlei, während Stoiko Waljakov über die Pläne des Gouverneurs in Kenntnis setzte.
    Seit zehn Tagen lebte der Tadc nun als Harac Vasja in der Provinzhauptstadt. Jukolenko war Lodrik gegenüber immer sehr freundlich und betont höflich, letztendlich kümmerte er sich aber nicht so um den Jungen, wie es einem Gouverneur eigentlich zugestanden hätte. Der Harac musste vor drei Tagen sogar die übliche Audienz absagen, weil er keinen Überblick über die Bittschriften hatte, die sich in den Schubladen häuften. Übermorgen standen gerichtliche Streitfälle auf dem Tagesplan, die durch ein Machtwort des Statthalters geschlichtet werden sollten. Außerdem befanden sich die Kanzleien und Akten in Jukolenkos Trakt, sodass Lodrik jedes Mal kreuz und quer durch unendlich lange Gänge laufen und zahlreiche Treppen steigen musste, bis er in seinem eigentlichen Amtsbereich war.
    Immerhin hatte schon er einige Akten durchgesehen und mit Stoikos Hilfe versucht, Ordnung in das Durcheinander zu bringen, das offensichtlich absichtlich hinterlassen wurde, dennoch stand der Junge kurz davor, Granburg sich selbst zu überlassen und in die Reichshauptstadt zurückzukehren.
    Das einzige, was ihn davon abhielt, sofort aufzubrechen, war der Gedanke an ein ungemütliches Verließ in einer abgelegenen Burg seines Vaters, in dem er bis an sein Lebensende hocken würde.
    Lodrik schlurfte durch den Gang in Richtung Schlafzimmer, wobei er alle paar Meter die Hose hochziehen musste, obwohl der Gürtel bereits ein Loch enger saß als gewöhnlich.
    Die täglichen, schweißtreibenden Fechtstunden mit Waljakov genoss der Harac. Der Leibwächter hetzte ihn zwar über die Plonge wie es noch kein Lehrer vor ihm getan hatte, doch Lodrik spürte, dass seine Bewegungen an Ungeschicklichkeit verloren.
    Die Manöver, die ihm der muskulöse Mann beibrachte, waren ungewöhnlich und jenseits von allem klassischen Buchwissen über den Umgang mit dem Säbel, das sich der Junge angelesen hatte. Trotzdem verspürte er eine gewisse, plötzliche Begeisterung für das Fechten.
    In Gedanken bei Ausfallschritten und Hiebtechniken, zog sich Lodrik um, ohne auf die Hilfe Stoikos zurückzugreifen

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