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Schatten über Ulldart

Schatten über Ulldart

Titel: Schatten über Ulldart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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– Waljakov hatte auf der Reise und hier mit schöner Regelmäßigkeit gestichelt, und diese Bemerkungen war der Junge mehr als überdrüssig. Er stellte seine Garderobe seit dem vierten Tag selbst zusammen, achtete dabei aber immer darauf, dass die Kleider nicht zu kompliziert waren und so wenig Knöpfe wie möglich hatten.
    Für den Ausritt wählte er einfache Wollkleidung, schnallte sich in der Rüstkammer einen leichten Lederpanzer darüber und legte den Säbel an. Um sich vor dem scharfen Wind zusätzlich zu schützen, nahm er einen warmen Pelzmantel vom Haken, die blonden Haare verschwanden unter einer dick gefütterten Pelzmütze, Handschuhe aus gegerbtem Leder von der Dicke eines kleinen Astes bewahrten die Finger vor Erfrierungen.
    Der Stallmeister hatte die Pferde bereits satteln lassen, der Proviantsack hing fest verzurrt an der Seite von Lodriks Reittier.
    Der jugendliche Gouverneur hatte plötzlich eine abenteuerliche Eingebung.
    »Sag Waljakov, ich sei schon mal vorausgeritten.« Er stieg auf. »Ich will die Umgebung selbst ein bisschen erkunden, dann errege ich auch nicht so viel Aufsehen.«
    »Exzellenz, das geht nicht!«, rief der Stallmeister entsetzt. »Waljakov wird mich umbringen. Er hat gesagt, ich solle Euch unter keinen Umständen aus den Stallungen lassen.«
    »Keine Angst. Ich übernehme die Verantwortung.« Lodrik drückte dem Pferd die Fersen in die Flanke und trabte zum Tor hinaus. »Wir treffen uns auf dem Hügel vor der Stadt.«
    »Kommt zurück, Exzellenz!« Der Mann lief ein paar Meter hinter dem Gouverneur her und blieb dann außer Atem stehen.
    »Hol Waljakov und sag ihm, der Gouverneur wäre ohne meine Zustimmung unterwegs«, befahl er einem Knecht und ließ die Schultern sinken. »Warum tut er mir das an?«
    Lodrik trabte neugierig durch die Straßen Granburgs. Keiner der Wachen oder der Menschen, die ihm unterwegs begegneten, schenkten ihm besondere Beachtung.
    Manche grüßten ihn mit einem flüchtigen Kopfnikken, da sie wegen des Pferdes und der besseren Kleidung in ihm einen Adligen oder reichen Bürger vermuteten, jedoch redete ihn niemand als Gouverneur an. Unbehelligt, abgesehen von aufdringlichen Bettlern, die er mit ein paar hingeworfenen Waslec zufrieden stellte, kam er aus der Stadt und lenkte das Pferd auf den vereinbarten Hügel, um einen besseren Überblick zu erhalten.
    Weit breitete sich Granburg unter ihm in der Ebene aus, eingeschlossen von viel verschneiter Landschaft. Die dicken, grauen Stadtmauern hoben sich gegen das helle Weiß des Schnees deutlich ab, schützten die dahinterliegenden Häuser vor Räubern und Sumpfbestien.
    Tief atmete Lodrik die kalte, klare Luft ein und freute sich. Keine Diener, kein mürrischer Waljakov und auch kein allgegenwärtiger Stoiko, der ihn mit besserwisserischen Anweisungen schikanieren konnte.
    Zwar genoss der Junge die Annehmlichkeiten des Palastes sehr, aber die Gelegenheit, für kurze Zeit ungestört ausreifen zu können, war vorhin einfach zu verlokkend gewesen. Außerdem würde der Leibwächter jeden Augenblick mit der Eskorte aus dem Stadttor kommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihm etwas zustoßen würde, war somit ohnehin gering.
    Es roch für ihn ein bisschen nach Abenteuer, und mit dem schweren Säbel an der Seite fühlte er sich jeder Gefahr gewachsen.
    Lodrik rückte zufrieden die Waffe zurecht, doch unglücklicherweise drückte die metallbeschlagene Scheide recht unsanft in die weiche Flanke des Pferdes, das daraufhin erschrocken auf die Hinterhand stieg und den Hügel auf der anderen Seite hinunterpreschte.
    Querfeldein ging der wilde Ritt, über brache, weiße Felder, vorbei an kleinen Dörfern und durch verschneite Wälder. Lodrik klammerte sich verzweifelt in die Mähne und ließ sein Pferd entscheiden, wohin es gerade mit ihm auf dem Rücken wollte.
    Nach einer langen Zeit wurde das Tier allmählich müde, verringerte seine Geschwindigkeit und blieb mitten auf einem Waldweg stehen.
    »Das ist eine sehr gute Idee, du blödes Vieh.« Der Gouverneur rutschte vorsichtig aus dem Sattel, nahm die Zügel und klopfte dem schweißgebadeten Pferd auf den Hals. Sein Hintern schmerzte, die Muskeln in den Beinen und Oberarmen zitterten.
    »Wir machen eine Pause. Aber zuerst suchen wir uns ein Dorf oder ein Gasthaus, wo wir dich wieder trocken bekommen, sonst holst du dir bei der Kälte den Tod. Obwohl ich ihn dir kurz gegönnt hätte, nach dem Theater, das du veranstaltet hast.« Er führte das erschöpfte Tier aus dem

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