Schatten über Ulldart
die in einem einwandfreien Zustand ist. Ihr habt das Bauprogramm sträflich vernachlässigt.«
»Ich werde umgehend Maßnahmen veranlassen, Exzellenz«, versprach der Adlige und lächelte, während er sich erhob. »Und nun entschuldigt mich und Meister Hetrál. Wir werden uns auf die Suche nach den Kreaturen machen.«
»Ein wirklich zäher Bursche.« Stoiko rührte seinen Tee um und wischte sich ein paar Krümel aus dem Schnauzbart. »Habt Ihr auch so ein ungutes Gefühl wie ich, Herr?«
Lodrik nickte, auch Waljakov bezeugte seine Zustimmung. Voller böser Vorahnungen trafen sie ihre Abreisevorbereitungen und stiegen eine Stunde später in die Kutsche, die sie zurück in Richtung Gouverneurspalast rollte.
Das Rad brach mitten in einem angenehm kühlen Wald. Entlang der Straße wuchsen dichte Büsche und undurchsichtiges Unterholz, sodass sich selbst ein Bär unentdeckt auf die Lauer legen konnte.
Waljakov ließ fluchend die Hälfte der Wachen absitzen und mit dem Wechsel des Rades beginnen. Stoiko und Lodrik standen daneben und beobachteten die Männer bei der Arbeit.
»Ich werde in Zukunft nur noch reiten«, schwor der Gouverneur. »Es ist doch jedes Mal das Gleiche mit den Kutschen.«
Waljakov betrachtete sich das gebrochene Rad und den Boden genauer. Dann gab er Order, den Wechsel schneller auszuführen. Die Wachen, die in ihren Sätteln geblieben waren, machten ihre Armbrüste schussbereit.
»Herr, das Rad sollte genau an dieser Stelle brechen«, erstattete er dem Statthalter leise Bericht. »Die Speichen waren dicht an der Radnabe angesägt, der Boden zeigt frische Spuren. Jemand hat kräftig nachgeholfen, damit die Straße noch schlechter wird, als sie ohnehin schon ist. Es ist vielleicht besser, wenn Ihr zurück in die Kutsche geht.«
»Wie ich schon sagte, ich werde nur noch mit dem Pferd durch Granburg reisen«, wiederholte Lodrik und verzog viel sagend das Gesicht.
Etwas brach plötzlich aus dem Dickicht und stürzte sich auf das nächste Pferd.
Wiehernd ging das Tier zu Boden, begrub den Reiter unter sich, während sich das Blut aus tiefen Bauchwunden auf den Untergrund ergoss.
Der Leibwächter versetzte dem jungen Mann einen Stoß, sodass er kopfüber in die Kutsche taumelte. Aus den Augenwinkeln konnte der Gouverneur gerade noch erkennen, dass der Angreifer das gleiche Wesen war, wie es in Kolskois Trophäenraum stand. Nur erschrekkend lebendiger und um das tausendfache tödlicher.
Drei eilig abgefeuerte Bolzen prallten wirkungslos von den Schuppen und an der Hornplatte der Kreatur ab. Dafür sprang sie mitten unter die Wachen, die eben noch am Gefährt gearbeitet hatten, und begann, ein blutiges Gemetzel unter den Soldaten anzurichten. Zwar hieben die Männer mit den Säbeln auf das Ungeheuer ein, trafen aber nur zu gut gepanzerte Stellen.
Die Pferde ohne Reiter waren schon lange durchgegangen, die Berittenen versuchten verzweifelt, ihre Tiere ruhig zu halten. Auch das Gespann bäumte sich auf und wollte flüchten, doch die Bremsen hielten die Kutsche noch.
Drei Soldaten lagen bereits tot am Boden, als Waljakov ein gewaltiger Schlag gegen einen der Fangarme gelang. Zuckend wand sich das abgetrennte Körperteil im Graben, das Wesen ließ einen gellenden Schrei ertönen und warf sich gegen den Leibwächter. Die restlichen drei Soldaten kamen ihrem Vorgesetzten zu Hilfe.
Schuppenspäne flogen durch die Luft, eine lila Flüssigkeit sickerte aus kleineren Wunden der Kreatur, doch zum großen Entsetzen aller hatte sich die klaffende Verletzung an der Stelle, wo einst der Fangarm saß, wieder geschlossen.
»Schlagt auf den Hals!«, schrie Waljakov. »Auf die seitlichen Öffnungen. Dort sind sie leichter verwundbar!«
Unterdessen schob Stoiko den Thronfolger weiter in die Kutsche und stellte sich vor den Verschlag, um den Thronfolger zu schützen.
Die Zunge der Bestie schoss nach vorn und schlitzte einer der Wachen die Kehle auf, die beiden linken Fangarm durchbohrten den Körper eines anderen Soldaten und nutzen den halb toten Menschen als Schutzschild gegen die Säbelhiebe. Wie eine Puppe wurde der schreiende Mann hin- und hergeschleudert.
Als sein Gebrüll endete, setzten die Wachen ihre Angriffe gegen die Kreatur fort und nahmen keine weitere Rücksicht auf die Überreste ihres toten Kameraden, dessen Leib mehr und mehr einem zerschlitzten Kartoffelsack glich, in den man Blut und Innereien gefüllt hatte und die nun überall heraushingen.
Lodrik raffte sich im Kutscheninnenraum in die
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