Schatten über Ulldart
Höhe und beobachtete den tobenden und bestialischsten Kampf, den er bisher in seinem Leben gesehen hatte. Es erschien ihm, der vor Angst gelähmt war, wie ein Wunder, dass sich die Männer draußen mit einer unmenschlichen Entschlossenheit gegen das Wesen zur Wehr setzten, anstatt schreiend davon zu laufen.
Waljakov fluchte, tobte und brüllte, seine Säbelhiebe hagelten auf den Angreifer ein, doch immer im letzten Moment gelang es dem Ungeheuer entweder die Leiche als Deckung nach oben zu ziehen oder abzutauchen.
Trotzdem erlahmten allmählich auch die vorher behänden Bewegungen des Wesens, es wurde zusehends müder. Insgesamt noch fünf Soldaten von einem Dutzend kämpften mit ihm und gewannen unmerklich, aber stetig die Oberhand.
Lodrik spürte einen warmen Lufthauch in seinem Genick, hörte ein leises Schnüffeln gefolgt von einem knisternden Geräusch.
Er ließ sich nach vorne fallen, drehte sich dabei auf den Rücken und hielt die Klinge am ausgestreckten Arm nach oben, um einen eventuellen Schlag parieren zu können.
Mit einem gewaltigen Satz sprang die letzte der drei Bestien durch das Fenster in das Kutscheninnere und schlug dem jungen Mann den Säbel aus der Hand. Keiner der Kämpfer draußen hatte etwas von dem Vorgang bemerkt, nicht einmal Stoiko.
Die Fangarme bogen sich zurück, um Schwung für den Stoß zu erhalten, der dem Statthalter das Ende bereiten sollte. Lodrik konnte nichts tun, außer das Wesen anzustarren und seinem Tod ins Auge zu sehen.
Die vielen kleinen Löcher im vorderen Kopfteil des Ungeheuers bewegten sich. Fast fragend neigte es sich zum Gouverneur hinab, bis das Antlitz vor seinem war. Wieder hörte er das Knistern, und insgeheim fragte er sich, ob das die Sprache der Wesen sein könnte. Es roch nach nichts, stellte der junge Mann erstaunt fest, überhaupt nicht abstoßend wie die Modrak.
Die grellweißen Pupillen der Kreatur verrieten Überraschung und Neugier, bevor es den Kopf ein wenig zurückzog und die Fangarme sinken ließ.
Lodrik verstand das Verhalten nicht, aber die Hoffnung keimte auf, dass er lebend aus dieser Kutsche steigen könnte.
Da erscholl ein weiterer Schrei der anderen Bestie, gefolgt vom triumphierenden Gebrüll Waljakovs.
Das Wesen vor dem Statthalter fuhr hoch, die muskulösen Schuppenarme spannten sich und richteten sich auf ihn, dann stimmte es in den Ruf seines sterbenden Artgenossen ein.
Die Soldaten, Waljakov sowie Stoiko drehten sich um und entdeckten jetzt erst den tödlichen Besucher, der sich Furcht erregend vor ihrem Schützling aufrichtete. Die Bestie sah den Gouverneur so vorwurfsvoll an, als habe sie einen Verräter vor sich.
Bevor aber nur irgendetwas geschehen konnte, trat das rechte Auge des Ungeheuers aus seiner Höhle, gefolgt von einer undefinierbaren galertartigen Masse. Aus der Wunde stand eine schlanke, dreikantige Eisenspitze hervor.
Die Kreatur gab einen seltsam kläglichen Laut von sich, während mit einem leisen Knirschen ein weiteres Geschoss von hinten in den Schädel eindrang, sich seinen Weg nach vorne suchte und in Höhe der Nase den Knochen ein zweites Mal zerbrach.
Langsam kippte das Wesen nach vorne.
Die Kutschentür wurde aufgerissen, kräftige Arme packten den jungen Mann unter den Achseln und zerrten ihn ins Freie. Kurz darauf krachte die tote Kreatur auf das Holz, die Sporne durchbrachen den Boden und hingen leicht pendelnd wenige Zentimeter über der Straße.
Ein hörbares Aufatmen ging durch die Reihen der Soldaten. Hinter ihnen lagen der leblose Körper der ersten Bestie, die Waljakov zuvor geköpft hatte, und etliche verwundete oder tote Mitglieder ihrer Einheit.
»Ich glaube, ich weiß, wem ich mein Leben zu verdanken habe«, schätzte der Gouverneur, dessen Knie sich reichlich weich anfühlten, als ihn der Leibwächter auf die Erde stellte. »Es gibt nur einen Mann, der solche Pfeile benutzt.«
Fast geräuschlos kam Hetrál um das Gefährt herum und verneigte sich vor Lodrik.
»Ihr hättet keine Minute später kommen dürfen, Meister Hetrál.« Der Gouverneur schüttelte ihm die Hand. »Ich schulde Euch einen sehr großen Gefallen.« Waljakov und Stoiko beglückwünschten den Schützen, dann kümmerten sie sich um die Verwundeten.
Hetrál machte eine beschwichtigende Geste und begann, die Pfeilspitzen aus dem Kopf der Bestie zu ziehen.
»Ihr begleitet mich nach Granburg?«, wollte der junge Mann wissen. Der Schütze nickte.
»Wunderbar! Habt Ihr nicht zufällig Kolskoi gesehen?« Hetrál
Weitere Kostenlose Bücher