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Schattenauge

Schattenauge

Titel: Schattenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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und fluchte, wie ich noch nie geflucht hatte. Armes Mädchen aus Schnee. Von wegen! Für einen Augenblick hätte ich sie Maurice liebend gerne vor die Krallen geschubst. Doch dann atmete ich durch und zwang mich zur Ruhe. Jeder für sich, keiner für alle. Okay. Sie war gewarnt und wusste Bescheid. Für heute konnte sie selbst sehen, wo sie blieb. Ich würde mich jetzt erst einmal um mich selbst kümmern – und später um Rubio, den Seher.
     

Pablo
    Natürlich kein Hallo, keine Frage, wie es mir während der letzten Tage ergangen war. Nun, andererseits wäre es ein verdächtiges Zeichen gewesen, wenn Choi mich mit einem Lächeln begrüßt hätte. Nach einer kurzen Musterung wies er mir mürrisch die Waren zu, die ich in dieser Schicht verladen sollte. Erstaunlicherweise waren es an diesem Tag nur leichtere Kisten – in Styropor verpackte Trüffeltüten und exotische Frücht e –, aber ich wollte nicht so weit gehen und Choi absichtliche Arbeitserleichterung unterstellen.
    »Und das nächste Mal hältst du dich von der Polizei fern!«, ermahnte er mich, als er mir am Ende des Arbeitstages die Scheine bar auf die Hand zählte. Misstrauisch ruhte sein Blick dabei auf meiner großen Tasche. Ich überließ ihn seinen Vermutungen und machte mich sofort auf zum Bahnhof. Normalerweise nahm ich eine verwinkelte Strecke, auf der ich kaum jemandem begegnete, aber an diesem Tag war alles anders. Julian hatte wohl richtig gewittert. Etwas ging in der Stadt vor. Unmerklich schienen sich die Grenzen verschoben zu haben. Die Luft schien zu knistern, als hätte sich die Atmosphäre verändert. Um ehrlich zu sein, es war gespenstisch. Ich begegnete Nummer 3 und Nummer 7 – und zwar an Orten, an die sie nicht gehörten. Nummer 3 war eindeutig zum Streifgebiet unten am Flussufer unterwegs. Wie Julian gestern schien auch er auf Zehenspitzen zu laufen und wachsam zu sein. Und Nummer 6 – ein drahtiger Mann, der meistens im Trenchcoat durch die Straßen im alten Gerichtsviertel und am Verladebahnhof entlang schlenderte – war wie vom Erdboden verschluckt. Die Markierungszeichen an den Hausecken, die er sonst jeden Tag mit grünem Edding erneuerte, waren übersprüht. Hatte er die Stadt verlassen? Ehe ich es mich versah, schlich ich auch. Im Internetcafé verkroch ich mich in die hinterste Ecke. Zumindest diese Zone schien noch neutrales Gebiet zu sein.
    Mehrere Nachrichten blinkten auf, sobald ich mich eingeloggt hatte. Gleich die erste kam tatsächlich von Zoë. Ich schnaubte und öffnete sie.
    Betreff: AW: Warnung
Von: ’zoe’ [email protected]
Datum: 19.03.2010 12:4 7 Uhr
An: [email protected]
Hi »Panthera«. Ja, ich kenne den Mann. Ich gehe ihm ohnehin aus dem Weg. Trotzdem danke für die Warnung. Schläger??? Woher kennst du solche Leute? Wohnst du in der Nähe? Mehr Details?
Gruß, Z.
    Das war beruhigend. Ich antwortete nicht, sondern öffnete die nächste Nachricht. Sie kam von Ghaezel. Wie immer machte sie nicht viele Worte, aber ich konnte viele schlaflose Nächte und die Last ihrer Sorge um mich zwischen den Zeilen geradezu spüren.
    Wo bist du??? Uns allen geht es gut, aber wir vermissen dich! Ich kann es dir nur immer wieder sagen und hoffen, dass du auf mich hörst: Was auch immer passiert ist, komm zurück!
    Ich biss mir auf die Lippe und schloss die Augen. Dann widerstand ich dem Drang, ihr die Wahrheit zu schreiben, und tippte stattdessen die hohlen Worte, die sie immer von mir zu hören bekam:
    Mach dir keine Sorgen. Mir geht es gut. Ich arbeite viel. Umarme die Kleinen von mir. Ich melde mich wieder.
    Ich starrte immer noch auf den Bildschirm, obwohl der Sendebalken längst abgelaufen war, und stellte mir vor, wie die Flaschenpost im endlosen Meer zwischen den beiden Kontinenten unserer Leben landete, die vor Monaten auseinandergedriftet waren und sich immer weiter voneinander entfernten. Erst als meine Augen brannten und ich blinzeln musste, wandte ich mich der nächsten Nachricht zu, die eben mit einem Pling-Laut eingetroffen war. Gizmo. Ich hatte nicht gedacht, dass etwas meine Laune verbessern konnte. Aber jetzt hätte ich am liebsten die Faust geballt und Ja geschrien. Ich schuldete ihm wirklich was!
    war nicht einfach, aber versuch mal [email protected]. diese Adresse steht zumindest über drei ecken mit einem dr. rubio in verbindung.
    Rubio war ein Doktor? Und was bedeutete »mahes«? Eine Minute später las ich im Internet:
    Ägyptischer Löwengott . Er wird entweder als Löwe

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