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Schattenblicke - Thriller

Schattenblicke - Thriller

Titel: Schattenblicke - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen-Susan Fessel
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ich nicht so neugierig gewesen wäre. Wenn ich nur nicht hinuntergelaufen wäre! Dann wäre das alles nicht passiert.
    Oder doch?
    Wie elektrisiert sitze ich da und starre auf den Hocker mit dem Handtuch darauf, das jemand in meiner Abwesenheit dort hingelegt hat.
    Ich bin kein Zufallsopfer, das ist mal klar. Goldzahn hat meinen Pass kontrolliert. Und das Foto mit meinem Vater, das hatten sie schon.
    Sie wollten mich. Niemand anders.
    Und der Junge … der Junge hat mich in die Falle gelockt.
    Oder nicht?
    Oder war das nur Zufall?
    Und was war dann die Nummer mit den Fensterputzern? Hatten sie mich ursprünglich in die Falle locken sollen? Und wenn ja, warum ist das schiefgegangen? Oder war genau das der Plan gewesen?
    Scheiße. Ich weiß nicht, wie das alles zusammenhängt.
    Ich weiß gar nichts. Nur, dass ich hier gefangen bin.
    Als der Typ mich ins Zimmer zurückführt, steht dort eine neue Flasche Wasser bereit.
    Und das Fenster ist zu. Und das bleibt es auch für den Rest des Abends.
    Der Junge taucht nicht wieder auf.
    Aber ich glaube, seine Stimme zu hören, einmal, von ferne, im Flur.
    Ich lasse das Licht brennen, wie gestern. Und so liege ich da, lese ab und zu in meinem Krimi undversuche, die hämmernden Gedanken in meinem Kopf zu bezwingen. Nach und nach wird es ganz still.
    Kein Geräusch dringt mehr zu mir herein.
    Es wird Nacht.
    Und irgendwann schlafe ich ein.

10 // Mittwochmorgen
    Eine Stimme. In meiner Nähe. Eine laute, wütende Stimme. Fremd.
    Ich schlage die Augen auf. Über mir die Decke, der Wasserfleck prangt in der Mitte. Sieht wirklich aus wie eine Katze. Eine hockende Katze.
    Einen Moment lang brauche ich, dann weiß ich, von wo die Stimme zu mir dringt: nicht aus dem Flur. Sie kommt von draußen.
    Ich setze mich auf und laufe zum Fenster hinüber. Es ist geschlossen, aber dennoch ist die Stimme nun lauter zu hören.
    Jemand telefoniert. Wütend. Auf Serbisch vermutlich.
    Immer wieder sind Pausen zu vernehmen, dann erklingt die Stimme erneut. Ich weiß nicht genau, zu wem sie gehört – aber ich glaube, zu Goldzahn.
    Goldzahn telefoniert.
    Ob es um mich geht?
    Hinter mir klopft es an der Tür, dann öffnet sie sich. Die alte Frau kommt lächelnd herein, das Tablett in der Hand.
    Mir fällt sofort auf, dass sie ein neues Blumenkleid trägt unter der Schürze. » Dobro jutro! «, ruft sie gut gelaunt.
    » Dobro jutro «, sage ich und betrachte das Frühstück,das sie mir auf den Tisch gestellt hat. Keine Wurst. Sondern Käse und Honig. Und Kaffee, dampfender Kaffee.
    Der Kaffee ist das, was mir bislang am besten geschmeckt hat hier in meinem Gefängnis.
    Später kann ich mal sagen: Es gab guten Kaffee.
    Gibt es ein Später?
    Wie lange wird das so weitergehen?
    Der Typ in der Tür trägt immer noch die gleichen Klamotten wie an den letzten beiden Tagen, als er an mir vorbeigeht und das Fenster öffnet. Schlagartig wird die laute Stimme von draußen noch lauter. Die alte Frau sieht erschrocken zu den Läden hinüber, der Typ mit der Narbe sieht ebenfalls verblüfft aus. Er klopft mit drei harten Schlägen gegen die Lamellen, und sofort entfernt sich die Stimme, bis sie nur noch als Murmeln zu vernehmen ist.
    Ein frischer Lufthauch zieht herein, durchs Fenster quer durch den Raum zur geöffneten Tür, in der die alte Frau soeben wieder verschwindet.
    Ich möchte hinter ihr her. Ich will hier raus! Vorsichtig mache ich einen Schritt zur Tür hin, aber der Typ mit der Narbe scheint meine Absicht geahnt zu haben, denn er legt einen Sprint ein und zieht die Tür von außen hinter sich zu.
    Und wieder bin ich allein.
    Ich schlucke die Tränen hinunter.Als ich gefrühstückt habe, holt der Typ das Tablett wieder ab, dann bringt er mich ins Bad.
    Ich nehme meine Wechselwäsche mit, dusche sehr lange, lasse den Strahl über meinen Körper gleiten, seife mich zweimal von oben bis unten ein.
    Dann wasche ich meine Unterwäsche und mein T-Shirt und wringe es aus. Danach lasse ich den Strahl noch einmal lange Zeit über mich gleiten.
    Aber das Wasser kann meine hämmernden Gedanken nicht vertreiben.
    Und die Angst auch nicht.
    Auf dem Rückweg ins Zimmer werfe ich einen Blick zur Tür, die nach draußen zu führen scheint. Es ist eine einfache Holztür, von innen steckt ein Schlüssel. Wie viele Schritte sind es bis dahin? Acht, vielleicht zehn?
    Ich bleibe einen Moment zu lange im Türrahmen stehen, denn der Typ mit der Narbe packt mich unsanft am Arm und schubst mich vorwärts. Ich reiße mich

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