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Schattenblicke - Thriller

Schattenblicke - Thriller

Titel: Schattenblicke - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen-Susan Fessel
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Frau das Tablett mit meinem Mittagessen hereinbringt, erst da wird es besser. Mit Händen und Füßen signalisiere ich dem Typ mit der Narbe, dass er die Tür bitte auflassen soll, doch nur die alte Frau scheint zu verstehen, was ich möchte. Sie wirft dem Typen ein paar schnelle Sätze hin, und schließlich verzieht er sich zögernd und lässt die Tür halb offen. Keine Ahnung, ob er dahinter aufpasst; ist mir auch egal.
    Das Mittagessen  – Kartoffeln, gebackener Käse und eine Art Krautsalat  – rühre ich kaum an, stattdessen fächele ich mir mit dem Tablett Luft zu. Die alte Frau setzt sich zu mir und zieht wieder ihr Strickzeug heraus. Sie hat einen neuen Strumpf in Arbeit, diesmal einen grün-gelb-gemusterten. Ich sitze da und sehe ihr zu, wie sie eine Reihe nach der anderenstrickt und mir dazwischen immer wieder aufmunternd zunickt, und frage mich, was sie eigentlich weiß. Was denkt sie, was hier geschieht? Ist ihr klar, dass es mir beschissen geht? Und wieso macht sie dabei mit?
    Plötzlich kommt mir eine Idee. Ich ziehe den Brief an meine Mutter heraus und tippe darauf. »Mama«, sage ich. »Mama!«
    Die alte Frau hört auf zu stricken und sieht mich mit gerunzelter Stirn an. »Mama?«, fragt sie.
    Ich nicke. » Izvinite! «, sage ich. » Please! Mama! « Ich strecke ihr den Brief hin, aber sie weicht zögernd zurück.
    » Ne «, sagt sie und schüttelt den Kopf. » Ne, ne! « Dann folgt ein kurzer unverständlicher Redeschwall, aber ich muss ihn auch gar nicht verstehen. Sie wird den Brief nicht an Mama weiterleiten, das ist schon klar.
    Ich stecke ihn wieder weg. Das Foto fällt mir dabei in die Hände, und ich zeige es der alten Frau, keine Ahnung, warum eigentlich. » Tata! «, sage ich und deute auf meinen lächelnden, viel jüngeren Vater.
    » Tata? «, wiederholt sie, und irgendwie bringt mich das außer Fassung. Plötzlich rinnen mir die Tränen nur so aus den Augen, und ich krümme mich zusammen und fange an zu weinen, so heftig, dass mich meine Schluchzer fast von der Liege werfen. Mama!Tata! Was ist, wenn ich sie nie wiedersehe, alle beide nicht?
    Ich spüre eine Hand auf meiner Schulter, und dann schmiegt jemand die Arme um mich. Alte, sehnige Arme. Frauenarme, die mich halten und wiegen, so lange, bis meine Tränen wieder verebben. »Schsch«, murmelt sie, »schsch, devojčice! « Schniefend liege ich an der Brust der alten Frau, die mich noch eine ganze Weile festhält und mir über den Kopf streichelt, wieder und wieder. Ihre Hände sind warm und trocken.
    Als sie schließlich geht, liege ich vollkommen erschöpft da, mit geschlossenen Augen.
    Und ich öffne sie erst wieder, als viel, viel später die Tür erneut aufgeht.
    »Hallo«, sagt der Junge und stellt das Tablett mit zwei Wasserflaschen auf dem Tisch ab. Dann setzt er sich mir gegenüber. »Wie geht es dir?«
    Seine Stimme ist leise, seine Augen sind ernst. Er trägt jetzt ein weißes T-Shirt, eins mit V-Ausschnitt. In einem anderen Leben, in einer anderen Zeit hätte ich mich darüber gefreut, dass dieser gut aussehende Junge mit den schönen, traurigen Augen mir gegenübersitzt. Aber jetzt bin ich nur müde und schwach. Und traurig und wütend zugleich.
    »Wie soll es mir schon gehen?«, frage ich zurück und setze mich auf. In den vergangenen Stunden, dieich auf dem Bett liegend verbracht habe, scheint es kühler geworden zu sein. Aber das hilft mir nicht viel. Der Zorn in mir macht mich heiß. »Ich will hier raus!«
    Er nickt. »Kann ich verstehen.«
    »Ach ja? Dann hilf mir doch einfach!«
    Sein Blick flackert für einen Moment zur offenen Tür, dann sieht er mich wieder an. »Das geht nicht«, sagt er leise. »Tut mir leid.«
    »Aber ich werde verrückt! Seit zwei Tagen bin ich hier eingesperrt! Oder … welcher Tag ist heute?«
    »Mittwoch«, sagt er. »Heute ist Mittwoch.«
    Also bin ich tatsächlich nur zwei, drei Stunden ohnmächtig gewesen und nicht mehr als einen ganzen Tag, nachdem man mich betäubt hatte. Irgendwie erleichtert mich das, auch wenn es nichts ändert.
    Wir betrachten uns einen Moment, dann wird mir klar, dass ich die Gelegenheit nutzen muss. »Bitte sag mir doch, was das alles hier soll!«
    »Das kann ich nicht«, sagt er leise. »Es dauert nicht mehr lange. Nur ein paar Tage. Dann ist wieder alles gut und du kannst nach Hause. Aber du darfst meiner … du darfst nicht versuchen, Vesna, der Frau, die dir das Essen bringt, Briefe zu geben. Das hat keinen Sinn.«
    Das hat gesessen. Aber ich hätte mir

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