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Schattenblicke - Thriller

Schattenblicke - Thriller

Titel: Schattenblicke - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen-Susan Fessel
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sagen?
    Ich ziehe die Schultern hoch. Plötzlich ist er mir zu nah, mein Vater. Dieser Mann, den ich so lange nicht gesehen habe. Den ich eigentlich überhaupt nicht kenne.
    Er scheint es zu spüren, denn er rückt ein Stück von mir ab.
    Goldzahn blickt auf und beobachtet uns für einenMoment, dann widmet er sich wieder seinen Nägeln.
    »Was soll das alles hier, Tata?«, frage ich. »Was ist eigentlich los? Und was machst du jetzt hier? Erklär mir doch verdammt noch mal, was das hier alles soll!«
    »Sascha. Was benutzt du denn für Ausdrücke?«
    Ich muss lachen. Nicht zu fassen – ich sitze hier, entführt, irgendwo im Niemandsland, und das Einzige, was meinem Vater, den ich zehn Jahre lang nicht gesehen habe, dazu einfällt, ist, sich über meine Ausdrucksweise zu beschweren! Mein Vater lächelt, verhalten zwar, aber immerhin.
    »Tata«, sage ich. »Was soll das hier alles? Was hast du mit dem da« – ich nicke zu Goldzahn hinüber, der immer noch mit seinen Nägeln beschäftigt ist –, »was hast du mit dem da zu tun?«
    Mein Vater nickt und zuckt gleichzeitig mit den Schultern. »Ich … kann es dir jetzt nicht erklären«, sagt er und wirft Goldzahn einen vorsichtigen Blick zu. »Es ist nur … Du musst noch ein wenig warten. Bald bist du wieder frei. Wir müssen nur … wir müssen nur noch ein wenig warten, dann lassen sie dich wieder gehen.«
    Hat Aleks auch schon gesagt. Ich spüre, wie ich sauer werde. Alle speisen mich immer nur ab, was soll das eigentlich? »Wohin denn?«, frage ich ironisch, aber mein Vater nimmt die Frage offenbar ernst.
    Er schweigt einen Moment und sieht zu Boden, während er überlegt.
    Mein Vater. Komisch. Wieso riecht er so anders? Oder irre ich mich?
    Auf jeden Fall sieht er fast genauso aus wie früher. Na ja, ein bisschen hat er sich schon verändert, klar. Seine Haare sind kürzer und oben sind sie ziemlich dünn geworden. Und an den Schläfen grau durchsetzt. Mehr Falten hat er irgendwie auch gekriegt.
    Klar, er ist älter geworden. Mein Vater müsste jetzt vierzig sein.
    Uralt.
    Ein alter Knacker.
    Mein Vater.
    Ich weiß nicht, was ich fühlen soll.
    Ich glaube, ich habe noch nie im Leben so widersprüchliche Gefühle gehabt.
    Freude.
    Und Zorn.
    Und Angst, klar. Jede Menge Angst noch dazu.
    »Nach Hause natürlich«, sagt mein Vater jetzt. »Sie lassen dich wieder nach Hause gehen. Aber erst muss das Geld da sein.«
    »Was für Geld?«, frage ich. Geld? Lösegeld oder was? »Sind die bescheuert? Mama hat doch kein Geld!«
    Ich habe die Stimme gehoben, und Goldzahn sieht misstrauisch hoch. Er sagt etwas zu meinem Vater,und der antwortet knapp, bevor er wieder zu mir sieht. Auf seiner Schulter ist ein großer dunkler Fleck. Meine Tränen. »Aber ihre Familie hat Geld«, sagt er leise. »Und diese Männer hier … die wissen das.«
    »Aber das ist Schwachsinn! Mama hat seit tausend Jahren nichts mehr mit denen zu tun!«, brülle ich los. Mein Vater sieht erschrocken aus. So kennt er mich nicht. Aber er kennt mich doch sowieso nicht! Was er kennt, ist ein kleines Mädchen, das ihn angehimmelt hat wie blöd. Aber dieses kleine Mädchen gibt es nicht mehr. Schon lange nicht mehr. »Mama verdient gerade genug Geld für uns beide!«
    Mein Vater sieht immer noch erschrocken aus. Und ungläubig. Aber er sagt nichts, denn Goldzahn ist aufgestanden und klappt das Messer zusammen. Er starrt mich drohend an, während er das Messer in der Hosentasche verschwinden lässt, und bedeutet meinem Vater, aufzustehen.
    »Was hast du denn überhaupt damit zu tun, Tata?«, frage ich. Aber mein Vater antwortet nicht. Er springt auf und geht zu Goldzahn hinüber. Ein paar Sätze fliegen hin und her, dann dreht mein Vater sich zu mir um.
    »Ich muss gehen«, sagt er knapp. »Bis später, Sascha. Keine Angst, alles wird gut!«
    Aber ich habe trotzdem Angst, das spüre ich, als die Tür hinter ihm zugeht. Vielleicht sogar mehr denn je.
    Und wütend bin ich auch.
    Warum sagt mir denn keiner, was hier wirklich läuft?
    Mein Kopf dreht sich. Oder besser: Alles dreht sich in meinem Kopf. Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll, nur, dass ich jetzt komplett verwirrt bin.
    Mein Vater … Was hat er mit der Sache zu tun?
    Wenn er so plötzlich auftaucht, kann es eigentlich nur eins bedeuten: Er steckt mit den Entführern unter einer Decke.
    Oder vielleicht ist er sogar der Anführer? Vielleicht hat er die Sache ausgeheckt?
    Warum sonst war er so schockiert, als ich sagte, dass Mama kein Geld

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