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Schattenblüte. Die Erwählten

Schattenblüte. Die Erwählten

Titel: Schattenblüte. Die Erwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Melling
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diese Drohung ernst?»
    «Ich habe gelernt, Nick nicht zu unterschätzen. Grenzen, wie für normale Menschen, gibt es bei ihm nicht.» Ich seufze. «Nicht mehr.»
    «Wenn er so unberechenbar ist, dann wird es dich vielleicht erleichtern zu erfahren, dass dein Bruder heute früh, vermutlich kurz nachdem du seine Wohnung verlassen hast, festgenommen wurde.»
    «Er wurde tatsächlich eingesperrt?»
    «Ja.»
    «Na gut.» Ich nicke. Drogendelikte, Einbrüche, Körperverletzung, und das sind nur die Taten, von denen ich weiß. Die Polizei war ihm sicher schon lange auf den Fersen. Es war eine Frage der Zeit, bis sie ihn erwischen. Ich kann es nicht leugnen, ich bin erleichtert. Solange Nick in Untersuchungshaft sitzt, kann er wenigstens meinem Vater nichts anhaben. «Es wäre besser gewesen, wenn er sich selbst gestellt hätte, aber es werden nicht immer alle Wünsche erfüllt. In welchem Gefängnis ist er, kann ich ihn besuchen?»
    «Vorerst nicht.» Noch eine Tür, diesmal aus Holz, und wir sind im Erdgeschoss des Ordenshauses. «Du hattest noch Fragen zu Adrians und Delwins Tod?»
    «Was genau ist passiert?»
    Wieder geht Vittorio eine Weile schweigend voraus, dann bleibt er an einem der großen Fenster stehen und sieht hinaus. «Wir wollten die entkommenen Wölfinnen wieder einfangen. Du musst eins wissen: Wir haben diese beiden nicht deshalb gejagt, weil wir die anderen Werwölfe nicht ebenfalls hätten haben wollen, sondern weil es uns am einfachsten erschien. Eine der Werwölfinnen, du nanntest sie, glaube ich, Haddrice, war mit einem Sender versehen. Doch offenbar ist das Signal inzwischen erloschen.»
    Vittorio schaut hinaus auf den Park, sein Blick verliert sich in der Ferne.
    «Wann fliegt Ihr wieder weg?»
    Auf einmal scheint Vittorio wieder ganz im Hier und Jetzt zu sein. «Nein, du verstehst es nicht ganz», sagt er und lädt mich mit einer Armbewegung dazu ein, auf einem der zwei Sessel Platz zu nehmen, die unter einem Marmorengel stehen. «Wir werden nicht aufgeben und euch hier alleinlassen. Wir werden unsere Strategie wechseln. Wir suchen das ganze Rudel und verhandeln. Du weißt, dass die Werwölfe vor allem hinter deinem Bruder her waren?»
    «Ja.» Luisa hat es mir gesagt. Leider erst sehr spät. Und leider konnte ich ihr nicht sagen, dass Nick mein Bruder ist. «Doch Nick werden sie jetzt, wo er im Gefängnis sitzt, ja nicht mehr bekommen.»
    «Nick kann niemandem mehr etwas tun, und er wird seine gerechte Strafe erhalten. Jetzt müssen wir das den Werwölfen nur noch mitteilen, dann können wir sie vermutlich überzeugen, die Menschen in Zukunft in Ruhe zu lassen.»
    Ich nicke. Viele, viele Jahre lang lebten die Werwölfe im Verborgenen. Wir hielten sie für ausgestorben. Die Chancen stehen gut, dass sie sich wieder zurückziehen, wenn sie keinen Grund mehr haben, auf die Menschen wütend zu sein. «Lass mich gehen und die Botschaft überbringen, Vittorio. Das bin ich Adrian schuldig.»
    «Nein, dazu bist du zu wichtig. Wir brauchen dich hier in der Zentrale, um die Verhandlungen vorzubereiten. Und vergiss nicht: Die Werwölfe kennen dich und hassen dich, Elias. Oder hast du den beiden Wölfinnen doch zur Flucht verholfen?»
    «Nein, das habe ich nicht! Wann vertraut mir der Rat endlich?»
    Vittorio hebt beschwichtigend die Hand. «Ich vertraue dir doch, Elias. Meinst du, ich hätte dich sonst zu einem Mitglied des obersten Rates gemacht? Shinanim in deinem Alter wird diese Ehre im Allgemeinen nicht zuteil. Siehst du, denn wenn du den Werwölfinnen nicht geholfen hast, dann wird ihr Pack mit Sicherheit nicht gut auf dich zu sprechen sein. Wir haben jemanden gefunden, der diese Aufgabe besser erfüllen kann.»

[zur Inhaltsübersicht]
    36. Luisa
    ERNEUT schrecke ich aus dem Schlaf. Meine Gedanken sind verklebt von abstrusen Bildern, von Dingen, die niemals sein werden, aber sich so anfühlen, als wären sie erst eben gerade geschehen. Ich sah meinen Bruder, der in der Höhle sitzt und dort mit schwarzen Bausteinen spielt. Als ich näher komme, sind es keine Bausteine, sondern Särge, kleine Plastiksärge, die er mit seinen Händen immer wieder anders aufeinanderstapelt. Er lächelt traurig und zeigt es mir. Einen Sarg hat er für jeden, den ich kenne und mag, einen für Thursen, einen für meine Mutter, einen für Anja und einen für Haddrice, immer höher wird der Stapel. Sie klingen hohl und leer, als würden sie warten. Und als ich noch näher komme, nach Fabi greife, seine Hand nehmen will, löst

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