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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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war, was Jeffrey gesagt hatte, doch sie hatte nicht den Mut. Außerdem wollte sie sich
    nicht zum Narren machen.
    Cathy schien Saras Zögern nicht aufzufallen. «Also
    dann, gute Nacht», sagte sie.
    Sara wünschte ihr das Gleiche und legte auf, bevor ihr
    Vater noch einmal ans Telefon kam. Dann lehnte sie den
    Kopf gegen den Küchenschrank und überlegte, ob sie nicht
    doch noch einmal anrufen sollte. Sosehr ihr die Einmi‐
    schung ihrer Mutter auf die Nerven ging, so wichtig war
    ihr Cathys Meinung. Im Moment passierte einfach zu viel.
    Sie brauchte jemanden, mit dem sie darüber reden konnte.
    Plötzlich hörte sie ein Poltern aus dem Esszimmer, als
    wäre jemand gegen den Tisch gestoßen, dann fluchte je‐
    mand knurrend.
    «Hallo?», rief Sara. Sie wollte Jeffreys Mutter auf kei‐
    nen Fall erschrecken.

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    «Ich weiß, dass Sie da sind», antwortete eine raue Stim‐
    me. «Herrgott nochmal», fluchte sie und riss die Kühl‐
    schranktür auf. Im Licht des Kühlschranks sah Sara eine
    gebeugte alte Frau mit grau meliertem Haar. Ihr faltiges
    Gesicht wirkte greisenhaft – jede Zigarette, die sie geraucht
    hatte, schien eine Linie hinterlassen zu haben. Auch jetzt hielt sie eine Kippe in der Hand, an deren Spitze sich die Asche türmte.
    May Tolliver knallte eine Flasche Gin auf die Arbeits‐
    platte und nahm einen langen Zug von ihrer Zigarette.
    Dann wandte sie sich an Sara. «Was machen Sie hier?»,
    fragte sie, dann lachte sie dreckig. «Ich meine, außer dass Sie sich von meinem Sohn vögeln lassen?»
    Sara war so schockiert, dass sie zu stottern anfing.
    «Ich ... ich ... lasse mich nicht ...»
    «Sie sind so 'ne feine Ärztin, was?», sagte sie. Wieder
    lachte sie, diesmal noch gemeiner. «Na, er wird sie schon runterholen von Ihrem hohen Ross. Oder glauben Sie vielleicht, Sie sind die Erste von dieser Sorte? Was Besonderes?»
    «Ich –»
    «Lügen Sie mich nicht an», bellte die alte Frau. «Ich rieche ihn an Ihrer Muschi bis hierher.»
    Sekunden später war Sara auf der Straße. Sie wusste
    nicht einmal, wie sie den Schlüssel gefunden, die Tür auf-geschlossen und das Haus verlassen hatte. Sie wusste nur,
    dass sie so schnell wie möglich, so weit wie möglich von Jeffreys Mutter wegmusste. Noch nie in ihrem Leben
    hatte jemand so mit ihr gesprochen. Saras Gesicht brannte
    vor Scham, und als sie endlich unter einer Straßenlaterne Atem schöpfte, liefen ihr die Tränen über das Gesicht.
    «Scheiße», zischte sie. Sie drehte sich einmal im Kreis
    und versuchte sich zu orientieren. Irgendwann war sie

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    links abgebogen, aber mehr wusste Sara auch nicht. Sie er‐
    innerte sich nicht einmal an den Namen der Straße oder
    daran, wie das Haus ausgesehen hatte. Ein Hund bellte, als
    sie an einem gelben Haus mit weißem Lattenzaun vorbei‐
    ging, und Sara bekam Gänsehaut, als sie feststellte, dass ihr weder das Haus noch der Hund bekannt vorkamen.
    Unter ihren nackten Fußsohlen brannte der heiße Asphalt,
    und jetzt fielen auch noch die Moskitos über sie her. Sara war sich nicht sicher, ob sie das Haus überhaupt wieder
    finden wollte. Lieber schlief sie auf der Straße, als noch einmal den Fuß in dieses Haus zu setzen. Ihre einzige
    Hoffnung war jetzt, den Weg zurück zu Nell und Possum
    zu finden. Im Radkasten ihres BMW hatte sie einen
    Zweitschlüssel versteckt. Jeffrey würde schon irgendwie
    zurück nach Grant County kommen. Und ob sie ihre Klei‐
    der und ihren Koffer je wieder sah, war Sara egal.
    Plötzlich zerriss ein markerschütternder Schrei die
    Nacht. Sara erstarrte mitten in der Bewegung. Im nächs‐
    ten Moment hallte die Fehlzündung eines Wagens wie ein
    Schuss durch die Stille, und Adrenalin jagte durch ihren
    Körper. In einiger Entfernung entdeckte Sara eine große
    Gestalt, die auf sie zurannte, und instinktiv drehte sie sich um und ergriff die Flucht. Schwere Schritte verfolgten
    sie. Sie arbeitete wild mit den Armen, hatte das Gefühl, die Lungen würden ihr in der Brust explodieren, doch sie rannte weiter.
    «Sara», schrie Jeffrey, als er schon mit den Fingerspitzen ihren Rücken berührte. Sie blieb so abrupt stehen, dass er gegen sie prallte und beide zu Boden stürzten. Er schaffte es gerade noch, den Sturz mit seinem Körper abzufangen,
    doch sie schürfte sich den Ellbogen am Asphalt auf.
    «Was ist los mit dir?», fragte er und zog sie am Arm

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    hoch. Er klopfte ihr den Splitt von der Pyjamahose. «Hast du geschrien?»
    «Natürlich nicht», antwortete

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