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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Georgia Bureau of Investigation machten sich an der
    Kaffeemaschine zu schaffen und warteten leise flüsternd
    auf Befehle. Pat Morris unterhielt sich mit Molly Stoddard, 129
    und Lena fragte sich, ob Pat als Kind Saras Patient gewesen
    war. Jung genug sah er aus.
    «Verdammt nochmal», rief Frank so laut, dass alle auf‐
    blickten.
    Nick zeigte auf das Büro des alten Burgess. «Hier rein.»
    Die beiden zogen sich in das fensterlose Räumchen
    zurück und schlossen hinter sich die Tür. Die Unruhe, die sie ausgelöst hatten, hing noch sekundenlang im Raum,
    und einige gingen nach hinten, wahrscheinlich um auf
    dem Parkplatz eine zu rauchen und den Gefühlsausbruch
    zu kommentieren.
    Lena schaltete ihr Mobiltelefon ein und wartete. Es
    piepte zweimal, sie hatte Nachrichten. Sie überlegte, ob sie
    Nan oder Ethan anrufen sollte. Kurz dachte sie auch an ihren Onkel Hank, doch nach dem Telefongespräch heute
    Morgen wäre ein Hilferuf einer Kapitulation gleichge‐
    kommen, und dazu war sie nicht bereit. Sie hasste es, auf andere Menschen angewiesen zu sein, und genauso hasste
    sie es, um Hilfe bitten zu müssen. Schließlich schaltete sie das Telefon wieder aus, steckte es zurück in die Tasche und
    fragte sich, warum sie es überhaupt herausgeholt hatte.
    Frank kam zu ihr. Sein Atem roch säuerlich, als er
    fragte: «Haben wir eine Einheit auf dem Dach?»
    Lena deutete auf das Gebäude neben dem Revier. «Da
    oben sind zwei.» Sie zeigte auf zwei Männer in Schwarz,
    die mit Scharfschützengewehren im Anschlag bäuchlings
    auf dem Dach lagen.
    «Eben sind noch zwanzig vom GBl angekommen», er‐
    klärte er.
    «Wozu?»
    «Soweit ich sehe, stehen sie rum und drehen Däum‐
    chen.»

    130
    «Frank.» Lena hatte einen Kloß im Hals. «Ist es ganz
    sicher?»
    «Was?»
    «Das mit Jeffrey?», sagte sie mit erstickter Stimme.
    «Ich habe es mit eigenen Augen gesehen», sagte Frank
    erschüttert. Er wischte sich mit der Hand über die Nase
    und verschränkte die Arme vor der Brust. «Er ist zu Boden
    gegangen. Sara ist zu ihm ...» Er schüttelte den Kopf. «Das
    Nächste, was ich mitgekriegt habe, war, dass der Schütze
    ihr die Kanone an den Kopf gehalten hat und ihr gesagt
    hat, sie soll sich von ihm fern halten.»
    Lena biss sich auf die Unterlippe und fühlte eine über‐
    raschende Woge der Zuneigung für Sara Linton.
    «Nick scheint zu wissen, was er tut», sagte Frank dann.
    «Sie stellen dem ganzen Haus gerade den Strom ab.»
    «Gehen die Telefone auch ohne Strom?»
    «Es gibt eine Standleitung zu Marias Schreibtisch», er‐
    klärte Frank. «Hat der Chief einrichten lassen, als er hier angefangen hat. Und ich habe mich immer gefragt, wofür.»
    Lena nickte und versuchte, nicht zu viel darüber nach‐
    zudenken. Als Jeffrey hier als Polizeichef anfing, hatte er eine Menge Dinge getan, die damals seltsam wirkten, sich
    aber am Ende als klug erwiesen hatten.
    Frank fuhr fort: «Die Telefongesellschaft hat dafür ge‐
    sorgt, dass sie von drinnen nur uns anrufen können.»
    Lena nickte wieder, doch sie fragte sich, wer all das in die
    Wege geleitet hatte. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hät‐
    ten sie das Gebäude gestürmt, die Arschlöcher gestellt und
    sie mit den Füßen zuerst hinausgetragen.
    Lena stellte den Fuß auf die Fensterbank und band sich
    die Schnürsenkel, damit Frank nicht die Tränen in ihren Au‐
    gen sah. Sie hasste es, dass sie so nah am Wasser gebaut war.

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    Es war ihr peinlich, weinen zu müssen, besonders weil jemand wie Frank es ihr als Schwäche auslegen würde. Dabei
    waren es Tränen der Wut. Wie konnte jemand so etwas tun?
    Wie konnten diese Kerle einfach in die Wache hereinspa‐
    zieren – Lenas letzte Zufluchtsstätte – und so etwas tun?
    Jeffrey war Lenas Fixstern gewesen während all der beschis‐
    senen Jahre, die sie durchgemacht hatte. Wie konnte es pas‐
    sieren, dass er ihr plötzlich genommen wurde, gerade jetzt,
    wo sie versuchte, ihr Leben in den Griff zu bekommen ?
    Frank knurrte: «Das verdammte Fernsehen ist auch
    schon da.»
    «Was?», fragte sie und unterdrückte das Schniefen.
    «Das Fernsehen», sagte er. «Sie wollen Helikopter her‐
    schicken, um alles live zu übertragen.»
    «Das Revier liegt in der Flugverbotszone», sagte Lena
    und putzte sich mit dem Jackenärmel die Nase. Als unter
    Reagan Fort Grant geschlossen wurde, hatten Tausende
    von Menschen ihren Arbeitsplatz verloren. Madison als
    Ortschaft hatte praktisch aufgehört zu existieren.

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