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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Doch die
    militärische Flugverbotszone war noch in Kraft, was jetzt
    die Sender wenigstens davon abhalten würde, ihre Heli‐
    kopter über den Häusern schweben zu lassen.
    Frank entgegnete: «Aber das Krankenhaus liegt nicht in
    der Zone. »
    «Mistkerle», fluchte sie. Lena verstand nicht, wie je‐
    mand diesen Beruf ausüben konnte. Für sie waren es wi‐
    derliche Aasgeier, und die Leute, die sich die Live‐Übertra-gungen vom Sofa aus ansahen, waren nicht besser.
    Frank sprach jetzt leiser. «Wir müssen die Sache unter
    Kontrolle behalten.»
    «Was meinst du damit?»
    «Jetzt, wo Jeffrey weg ist ...» Frank starrte hinaus auf 132
    die Straße. «Unsere Leute dürfen die Verantwortung nicht
    abgeben.»
    «Damit sprichst von dir, nehme ich an?», fragte Lena,
    doch in seinem Blick las sie, dass er es anders meinte. «Was
    ist eigentlich mit dir los? Bist du krank?»
    Er zuckte die Achseln und wischte sich mit einem
    schmutzigen Taschentuch über den Mund. «Matt und ich,
    wir haben gestern Abend was Falsches gegessen.» Lena
    war irritiert, als sie die Tränen in seinen Augen sah. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es für ihn gewesen sein musste, seinen Freund sterben zu sehen. Als Matt hier angefangen hatte, war Frank sein Betreuer gewesen. Fast
    zwanzig Jahre waren inzwischen vergangen, und sie hat‐
    ten so gut wie jeden Tag zusammengearbeitet.
    Frank sagte: «Wir kennen Nick. Wir wissen, was für ein
    Mann er ist. Er braucht jede Unterstützung, die wir ihm
    geben können.»
    «Habt ihr das in Burgess' Büro besprochen?», fragte
    Lena. «Vor fünf Minuten warst du noch nicht so scharf
    drauf, ihm zu helfen.»
    «Wir sind unterschiedlicher Meinung, wie wir vorge‐
    hen sollen. Ich bin dagegen, dass irgend so ein Bürokrat hier aufläuft und alles versaut.»
    «Wir sind hier nicht in einem Western», widersprach
    Lena. «Wenn der Verhandlungsführer weiß, was er tut,
    sollten wir uns an seine Anweisungen halten.»
    «Es ist kein Mann», sagte Frank. «Es ist eine Frau.»
    Lena warf ihm einen gereizten Blick zu. Frank hatte nie
    einen Zweifel daran gelassen, was er von Frauen in Uni‐
    form hielt. Es machte ihn wahrscheinlich wahnsinnig, dass
    Atlanta eine Frau schickte, um das Kommando zu über‐
    nehmen.

    133
    Frank versuchte abzuwiegeln: «Es geht nicht darum,
    dass es eine Frau ist.»
    Lena schüttelte nur den Kopf, es nervte sie, dass er sich jetzt mit solchen Kinkerlitzchen aufhielt. «Man landet
    nicht beim GBl, indem man Plätzchen backt.»
    «Nick war mit dem Mädel auf der Polizeischule. Er
    kennt sie.»
    «Und, was hat er dir erzählt?»
    «Er will nicht darüber reden», sagte Frank. «Aber jeder
    weiß, was passiert ist.»
    «Ich nicht», schnaubte Lena.
    «Das Team hatte sich vor einem Restaurant in Whitfield
    verschanzt. Drinnen saßen haufenweise Angestellte in ih‐
    rer Mittagspause, und zwei bewaffnete Schwachköpfe
    wollten abkassieren.» Er schüttelte den Kopf. «Sie hat ge-zögert. Innerhalb von einer Minute ist alles schief gegangen. Sechs Menschen sind gestorben.» Er warf Lena einen
    wissenden Blick zu. «Unsere Leute sind da drinnen und be‐
    ten, dass sie jemand rausholt», er schüttelte den Zeigefinger in Richtung Revier, «und sie hat nicht das Zeug dazu.»
    Lena blickte zur anderen Straßenseite. Im Mannschafts‐
    raum waren nur noch sechs Menschen übrig.
    Dann sah sie Frank in die Augen. «Wir müssen raus‐
    kriegen, was da drinnen vor sich geht.» Es gab Eltern, Ehe‐
    frauen, Verlobte, die im Ungewissen waren, verzweifelt
    auf die Nachricht warteten, ob ihre Angehören zu den To‐
    ten oder zu den Überlebenden gehörten. Lena wusste, wie
    es sich anfühlte, jemanden zu verlieren, aber wenigstens
    hatte sie schnell erfahren, dass Sibyl tot war. Sie musste nicht warten, wie diese Familien jetzt. Jeffrey hatte ihr die Nachricht überbracht, und Lena war direkt ins Leichen-schauhaus gefahren. Das war alles.

    134
    Frank fragte: «Was?»
    Lenas Gedanken schweiften ab, sie dachte an Jeffrey, der
    ihr immer wieder eine Chance gegeben hatte. So auch
    heute. Egal, welchen Blödsinn Lena anstellte, er hatte nie aufgehört, an sie zu glauben. Nie wieder würde jemand so
    über sie denken.
    Frank wiederholte: «Was ist?»
    «Ich habe nur nachgedacht ...», sagte sie, dann lenkte sie
    der Anblick eines Hubschraubers über dem College ab.
    Gemeinsam beobachteten Lena und Frank, wie der große
    schwarze Vogel in der Luft schwebte, bevor er auf dem
    Dach der Klinik

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