Schattenblume
mit dem Rücken zu ihr, doch sie erkannte ihn an den Cowboystiefeln und der Vokuhila-Frisur.
Lena sah sich nach den anderen Polizeibeamten um. Pat Morris, der erst vor kurzem vom Streifenbeamten zum Detective befördert worden war, saß auf einem Kühlschrank und hielt sich einen Eisbeutel ans Ohr. Das karottenrote Haar klebte feucht an seinem Kopf. Ein dunkelrotes Rinnsal lief ihm über das Gesicht, und Molly, die Krankenschwester der Kinderklinik, tupfte das Blut mit einem Wattebausch ab. Außer einem Uniformierten, der an einem Klapptisch saß, war Frank der einzige Cop aus der Truppe.
«Lena», rief Frank und winkte sie herüber. Sein Hemd war blutverschmiert, doch soweit Lena sah, war es nicht sein Blut. Trotzdem wirkte er angeschlagen. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten. Lena fragte sich, wie er in diesem Zustand die Sache mit Nick durchziehen wollte.
Auf dem Tisch vor ihm lag ein grob skizzierter Grundriss dessen, was einst die Wache gewesen war. Die Bereiche um die Kaffeemaschine und die Brandschutztür waren mit roten und schwarzen Kreuzen übersät, daneben stand jeweils ein Paar Initialen. Die rechteckigen Formen und schiefen Quadrate mussten die Tische und Aktenschränkesein. Wenn die Karte stimmte, war der Raum ziemlich auseinander genommen worden.
«Mein Gott.» Lena war es ein Rätsel, wie die Häftlinge den Mannschaftsraum hatten einnehmen können.
Nick zeichnete gerade ein langes Rechteck, die Aktenschränke unter dem Fenster zu Jeffreys Büro. «Wir wollten eben anfangen.» Er zeigte auf die Karte und fragte Pat: «Stimmt es so ungefähr?»
Pat nickte.
«Na gut.» Nick warf den Marker auf den Tisch und gab Frank das Zeichen anzufangen.
«Der Schütze hat hier gewartet, da stand sein Komplize.» Frank zeigte auf zwei Punkte bei der Anmeldung. «Matt kam ungefähr um neun. Sie haben ihm aus nächster Nähe ins Gesicht geschossen.»
Lena hielt sich an der Tischkante fest. Sie sah zum Revier hinüber. Die Eingangstür stand einen Spalt offen, aber sie konnte nicht erkennen, was sie blockierte.
Frank zeigte auf den Tisch in der Nähe der Brandschutztür. «Sara Linton war hier.»
«Sara?», fragte Lena. Jetzt verstand sie gar nichts mehr. Wie konnte so etwas passieren? Wer würde Matt Hogan erschießen wollen? Sie hatte angenommen, dass die Gefangenen gemeutert hätten, nicht dass irgendjemand von draußen eingedrungen war, um kaltblütig zu morden.
Frank fuhr fort: «Wir konnten zwei der Kinder rausholen.» Er zeigte auf weitere rote Kreuze im Umkreis der Tür. «Burrows, Robinson und Morgan hat es in der ersten Minute erwischt.» Er nickte Pat zu. «Morris hat es geschafft, das Fenster von Jeffreys Büro einzuschlagen und drei weitere Kinder rauszubringen. Keith Anderson ist durch die Brandschutztür über mich hinweggesprungen.Er wurde von hinten getroffen und wird gerade operiert.»
Als Lena ihre Sprache wiedergefunden hatte, fragte sie: «Es waren Kinder da?»
Nick klärte sie auf: «Brad hat mit ihnen eine Führung durch die Wache gemacht.»
Lena schluckte. «Wie viele sind noch drin?»
«Drei», sagte Nick und zeigte auf drei kleine schwarze Kreuze neben einem größeren. «Das ist Brad Stephens.» Dann deutete er auf die anderen. «Sara Linton, Marla Simms, Barry Fordham.» Sein Finger blieb an einem schwarzen Kreuz vor dem Aktenschrank hängen. Daneben war ein Fragezeichen. Barry war Streifenpolizist, seit acht Jahren im Dienst, hatte Frau und Kind.
Nick sagte: «Barry wurde verletzt, aber wir wissen nicht, wie schwer. Vor ungefähr fünfzehn Minuten wurde noch ein Schuss abgegeben, wir glauben, aus einem Sturmgewehr. Von zwei Beamten wissen wir nichts. Wir glauben nicht, dass sonst noch jemand drin ist.» Er setzte nach: «Der am Leben ist.»
Frank hustete in sein Taschentuch, in seiner Brust rasselte es wie eine Eisenkette. Er wischte sich über den Mund, dann fuhr er fort. «Zwei Streifenwagen sind gleich am Anfang gekommen.» Er deutete auf die Autos auf der Karte. Lena sah sie draußen stehen, daneben parkte ein dritter Wagen, den sie als Brads erkannte, auf seinem angestammten Platz. Was sie von der Straße aus nicht gesehen hatte, waren die vier Cops, die hinter den Streifenwagen kauerten und ihre Waffen aufs Revier gerichtet hatten.
Frank machte weiter. «Der alte Burgess kam mit seiner Flinte raus.» Der Eigentümer der Reinigung schaffte eskaum, Lenas Wäschesack zu tragen. Es fiel ihr schwer, sich den alten Burgess mit einer Flinte vorzustellen. «Seine
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