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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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zurück auf den Tisch. Dabei stach ihm ein Gegenstand ins Auge, der unter den Pergamenten verborgen gewesen war: eine silberne Kette. An ihr war eine Plakette befestigt; das Emblem eines Falkenkopfs.
    »Kommt endlich«, zischte Cornbrunn und wollte Aelarian zur Tür ziehen. »Laßt uns verschwinden.« »Nein!« Aelarian ließ die Kette auf den Tisch zurücksinken. Ohne auf Cornbrunns Gesten zu achten, stellte er sich neben der Treppe auf und wartete. Schon huschte der Schein der Laterne über sein Gesicht, und der Schattenspieler stieg die Stufen empor. Er blinzelte den Großmerkanten an.
    »Seht an! Meine Gäste!« Er stellte die Laterne ab und begrüßte die Kieselfresser, die auf ihn zustürmten. »Habt Ihr nach mir gesucht? Ich vergaß, Euch zu sagen, daß ich auf Reisen bin … wie unaufmerksam von mir, die Tür offenstehen zu lassen.«
    »Ja, äußerst unaufmerksam.« Aelarian wies auf die Kette. »Denn sonst hätte ich niemals erfahren, wer Ihr seid.« Der Schattenspieler schwieg. Er ging zum Tisch und nahm die Kette auf. »Ihr habt sie gefunden? Nun, ich trage sie nur selten; ein altes Erbstück, und ein zweifelhaftes obendrein. Es hat meiner Familie kein Glück gebracht, nicht wahr, meine Freunde?«
    Er hatte die letzten Worte in die Richtung des Kellers gesprochen. Aelarian musterte ihn. »Der Falke war das Wappentier der Aldra, des ersten Kaisergeschlechts von Sithar. Es hätte mir früher in den Sinn kommen müssen … Ihr seid ein Nachfahre der Gründer!«
    Cornbrunn konnte sein Erstaunen nicht verbergen. »Ein Aldra? Ich dachte, diese Fürstenlinie wäre vor Jahrhunderten erloschen.«
    »Sie stellte nach dem Südkrieg den ersten Kaiser«, erklärte Aelarian, »da sie als stärkste Familie aus dem Gemetzel hervorgegangen war. So saß zuerst Are Aldra auf dem Thron, und ihm folgte seine Tochter Tira. Insgesamt herrschten die Aldra fast siebzig Jahre über das neuerrich tete Kaiserreich, bis ihnen ihr Bündnis mit der Bathaquar-Sekte das Genick brach.«
    »Ihr wißt gut Bescheid«, seufzte der Schattenspieler. »Es ist wahr: Tira Aldra ließ sich mit den Bathaquari ein. Diese wollten mit ihrer Hilfe die Macht über die Kirche erringen.« Er nestelte aus der Tasche seine Scherenschnitte hervor, spielte vorsichtig mit den Hölzchen. »Dann wurde sie den Zauberern lästig. Sie nahmen die Kaiserin im Palast zu Vara gefangen und schnitten ihr die Kehle durch. Aber auch das hat meiner Familie nichts genützt; als der Umsturz der Bathaquar gescheitert war, wurde sie dennoch zur Verantwortung gezogen. Der Thronrat schickte sie in die Verbannung, auf die Insel Tula.«
    »So schließt sich der Kreis.« Aelarian nickte zufrieden. »Der Park, das Schloß - sie wurden errichtet, damit Eure Vorfahren den Schmerz über ihre verlorengegangene Macht lindern konnten.«
    »Mag sein. Viele Getreue gingen damals mit in die Verbannung; Steinmetze, Baumeister, Gärtner. Sie begründeten Schattenbruch. Manch einer hoffte, die Aldra würden eines Tages auf den Thron zurückkehren und Tula zum Mittelpunkt des Kaiserreiches erheben. Törichte Wunschträume … die Verbannten gerieten im Lauf der Jahrhunderte in Vergessenheit, und immer mehr Menschen kehrten Tula den Rücken. Meine Großeltern lebten noch mit zwölf Bediensteten in diesem Schloß; als ich geboren wurde - das einzige Kind meiner Eltern - , waren es noch drei, und diese machten sich mit den letzten Reichtümern aus dem Staub, als mein Vater im Sterben lag.«
    »Habt Ihr nie daran gedacht, es Ihnen gleichzutun?« fragte Cornbrunn. »Es muß recht einsam auf dieser Insel sein.«
    »Einsam … gewiß.« Der Schattenspieler nahm seine Blicke nicht von den Scherenschnitten. »Aber wie könnte ich Schattenbruch je verlassen? Er ist meine Heimat; ich muß auf ihn achtgeben. Denn er ist mehr als ein Park, meine Freunde! Dieser Ort ist von großer Macht, und alt, sehr alt.
    Die Findlinge liegen seit Urzeiten an ihrem Platz, und die Tempelruine im Herzen von Schattenbruch stammt noch aus der Alten Zeit. Der Seefahrer Varyn hat sie erbaut, denn Tula war die erste Insel, die er auf seiner Fahrt durch das Silbermeer entdeckte.«
    »Varyn, natürlich!« stöhnte Cornbrunn. »Wo hat sich dieser Kerl eigentlich nicht herumgetrieben? Überall stoßen wir auf seine Spuren.«
    Aelarian blickte ihn warnend an. Er kannte die lose Zunge seines Leibdieners nur zu gut. Doch der Schattenspieler fuhr längst mit seiner Rede fort. »Varyn beherrschte den Zauber des Wandelnden Schrittes; ein

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