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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Tarnac hat ihn sich also tatsächlich unter den Nagel gerissen.« Er schritt auf und ab. »Was weißt du noch über diese Galeere?«
    »Nun, man munkelt in der Stadt, König Tarnac wolle mit ihr das Herz der Quelle ansteuern, welches in der Mitte des Sees liegt. Das freilich wäre Irrsinn. Die Woge der Trauer läßt seit einigen Kalendern niemanden mehr in ihre Nähe. Selbst die Tathril-Priester wagten sich nicht mehr dorthin, und die Solcata-Loge, die nun über die Quelle herrscht, unternahm bisher keinen Versuch, sich ihr zu nähern.« Schalim senkte die Stimme. »Es kann also gut sein, daß die Galeere wirklich dazu dient, die Woge zu unterwerfen. Tarnac hat sie eigens aus Gyr herbeischleppen lassen. Soweit ich sehen konnte, bestand sie aus schlichtem Holz - aber mir fielen die Ruder auf. Ihre Blätter waren aus einem dunklen Material, das ich noch nie zuvor gesehen habe, ein Metall, tiefschwarz und häßlich wie die Nacht. Ich konnte es kaum ansehen, ohne daß meine Augen tränten.«
    »Nun hältst du uns aber zum Narren«, schimpfte Ungeld.
    »Wenn ich es euch doch sage! Ein übler Zauber liegt auf den Ruderblättern; sie sind nicht dazu gemacht, das Wasser zu berühren. Um nichts in der Welt würde ich diese Galeere betreten.«
    »Ach ne! Eben wolltest du uns Venetors Nadel zeigen, nun schlotterst du wegen ein paar Riemen aus schwarzem Metall.« Parzer baute sich herausfordernd vor dem Prasser auf. »Wie wäre es, wenn du uns hilfst, den Gyranern auf den Zahn zu fühlen? Wir würden zu gerne wissen, was Tarnac auf dem See zu suchen hat - und jenes goldene Armband zurückholen, das er uns gestohlen hat. Aber dazu brauchen wir ein Schiff, mit dem wir die Galeere verfolgen können.« Er bleckte die Zähne. »Wie wäre es mit diesem?«
    Ungeld stieß ihm in die Rippen. »Parzer! Du glaubst doch nicht im Ernst, daß wir diesen Kübel zum Schwimmen kriegen.«
    »Ach ne, aber er schwimmt doch, oder etwa nicht?« Parzers Augenrollen verriet seine Begeisterung. »Denk doch mal nach! An Land haben wir keine Möglichkeit, dem König das Armband abzuluchsen. Aber dort draußen auf dem See wird er nur eine Handvoll Männer um sich haben. Da können wir ihn in die Zange nehmen, und dann …«
    Der Prasser unterbrach ihn unwirsch. »Augenblick! Dies hier ist mein Schiff, und es wird nirgendwo hinfahren, schon gar nicht auf den See. Ich habe vor Jahren die Ruderluken zugekleistert und werde sie gewiß nicht wieder aufstemmen. Die
Hotteposse
soll in Frieden am Ufer liegen, bis ihre Zeit gekommen ist. Außerdem will ich keinen Streit mit den Gyranern, das wäre Selbstmord.«
    »Er hat Muffensausen«, stichelte Mäulchen. »Der Prasser ist ein Hasenfuß, wer hätte das gedacht?« Das konnte Schalim nicht auf sich sitzen lassen. »Keineswegs! Aber warum sollte ich dieses Wagnis eingehen, für nichts und wieder nichts?« Er dachte nach, blickte abwechselnd auf Parzer und den leeren Kupferbecher in seiner Hand. »Andererseits reizt mich eure Dreistigkeit. Ihr Fischer seid nach meinem Geschmack … mal sehen, ob ihr auch Mumm in den Knochen habt.«
    Er holte aus und warf den Becher über Bord. Im hohen Bogen flog er in die Dunkelheit und klatschte auf die Oberfläche des Sees. Das Wasser schwappte empor, und der Becher versank.
    »Verschlungen hat ihn der schwarze Mund«, sagte Schalim mit getragener Stimme. »Nun denn - holt mir den Becher zurück, und ich werde die
Hotteposse
für euch aus dem Schlummer reißen. Ein kleines, feines Spiel … für einen zähen Fischer keine große Sache, oder doch?«
    Die Meute an Bord brach in Gelächter aus. Einige der jungen Frauen applaudierten dem Prasser schadenfroh. Nur Parzer klappte vor Zorn den Mund auf und zu.
    »Das kann nicht dein Ernst sein, du hohler Strandhalm! Soll ich mitten in der Nacht in diesen Tümpel springen, hä? In der Dunkelheit einen wertlosen Krug aus dem Schlamm fischen?«
    »Aber nein«, wehrte der Prasser ab. »Nicht du, das wäre zu einfach. Ich dachte eher an deinen flotten Freund.« Er wies auf Ungeld. Dessen fleischige Wangen liefen puterrot an. »Das ist keine gute Idee«, stotterte er. »Tauchen gehört nicht zu meinen Stärken.«
    »Um so spaßiger wird es sein, dir dabei zuzusehen«, höhnte Schalim. »Wenn du den Becher findest, gehört die
Hotteposse
euch. Wenn nicht, dann erweist mir eure entzückende Gefährtin die Ehre einer gemeinsamen Nacht, hier auf dem Schiff unter dem Sternenzelt.« Er verneigte sich in Mäulchens Richtung. »Ich gelte als äußerst

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