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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch
Autoren: Markolf Hoffmann
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sich von ihr zu den größten Narreteien hinreißen. Nun rannten sie johlend auf Laghanos zu, und mit einem Mal wollte er die Last, die man ihm aufgebürdet hatte, abschütteln und die unsichtbaren Drähte des Gefüges zerreißen, um mit ihnen ziehen zu können. Doch als er die Augen schloß und wieder öffnete, waren die Kinder verschwunden.
    Er wandte sich Aquazzan zu. »Dies also ist die Ruhestätte der Kahida. Wie habt ihr sie gefunden?« Die Augen des Scaduif schillerten. »Jeder von uns kennt das Grab der Feuerschänderin. Die Rote Herrin, die uns den Frieden versprach. Der wir vertrauten und die uns doch hinterging.« Sein Echsenschwanz zuckte. »Sie war ein Kind, als wir sie mit uns in die Sphäre nahmen, ihr unsere Welt zeigten. Wurde zur Frau, als wir ihr den Schlüssel schenkten, damit sie uns stets aufsuchen konnte, und zur Feindin, als sie die Quelle von Tyran in Ketten legte. Haben uns durch ihr Lachen täuschen lassen.«
    Laghanos blickte auf den Spalt im Felsenkreis. »Ich will ihr Grab sehen. Wirst du mich begleiten?« »Kann dir nicht folgen. Ein Zauber schützt ihren Leichnam, verwehrt uns den Zutritt.« Aquazzan wirkte beunruhigt. »Bleib nicht zu lange an ihrem Grab. Ist ein Ort der Lügen.«
    Laghanos nickte, ohne dem Scaduif wirklich zuzuhören. Dann zwängte er sich durch den Spalt in der Mauer, ließ die Goldei zurück.
    Als er in den Halbkreis trat, lag vor ihm das offene Meer. Der Boden bestand aus glattem Gestein und führte schräg ins Wasser. Dort, wo die Wellen anbrandeten, ruhte ein Felsbrocken, ein glattgeschliffener Salphurstein. Markierte er die Stelle, an der Kahidas Gebeine ruhten?
    Laghanos spähte nach den Schiffen der Goldei, doch die Ränder der Mauer schränkten die Sicht zu sehr ein. So richtete er seine Sinne wieder auf das vergangene Tyran, schloß die Augen. Und tatsächlich: als er sie aufschlug, sah er vor sich drei Menschen, ihre Körper geisterhaft: eine dunkelhäutige Frau, etwas mollig, ihr Gesicht von einem lachenden Mund beherrscht. Sie saß mit angewinkelten Knien auf dem Stein und sonnte sich im Abendlicht; ihr Kleid war aus feuerrotem Stoff. Neben ihr standen zwei Männer; auch sie hatten dunkle Haut. Der erste war ein hagerer Kerl mit ernsten Gesichtszügen, das Haar schwarzgelockt, der Mund von einem Bartflaum umgeben. Er trug eine Rüstung mit eingravierten Zeichen und eine Flickenhaube.
    Durta Slargin!,
schoß es Laghanos durch den Kopf.
So wurde er in den Büchern dargestellt, die Sorturo mir zeigte!
Der andere Mann war klein und dick, hatte spitze Lippen und hellbraune Augen. Sein Haar war an den Seiten abrasiert; nur ein fingerbreiter Streifen reichte von der Stirn bis zum Nacken. In den Fasern seines Hemds glänzte Goldstaub. Die drei waren in ein inniges Gespräch vertieft; zwar vernahm Laghanos keine Stimmen, doch er sah, wie sie miteinander scherzten.
    Und wieder zeigt die Maske mir Geister … Ist dies wirklich Durta Slargin? Und wer sind die anderen beiden ?
Die Geister verblaßten, und ein neues Bild erschien. Nun lag die Frau reglos am Boden, die Arme von sich gestreckt. Ihr Kopf war zerschmettert; ein Hieb mußte sie getroffen haben, denn das Gesicht war eine blutige Masse. Hinter ihr, dicht am Wasser, stritten die beiden Männer; schüttelten ihre Fäuste, rangen miteinander. Ihre Hände waren blutbefleckt. Und der Stein, der Stein - er hatte seine Farbe geändert, war tiefschwarz geworden, verschlang alles Licht. Laghanos mußte die Augen von ihm abwenden.
    Hinter ihm erklang ein Kichern. »Da siehst du es … hier liegt sie, erschlagen von ihren Schülern… so begann die Herrschaft der Zauberer über die Sphäre: mit einem Mord!«
    Aus dem Schatten der Mauer war ein Mann getreten. Er mußte sich dort die ganze Zeit versteckt gehalten haben. Sein Anblick war gräßlich: die Haut verkohlt, sie hing in Fetzen herab und dampfte; das Gesicht war zerfurcht, glich ausgezehrtem Holz. Er schwankte auf Laghanos zu und blickte auf ihn herab, denn er war auffallend groß. »Habe ich ihn also doch gefunden … sagte ich es nicht, Carputon?« Er stieß ein Lachen hervor - oder war es ein Schluchzen? »Der Auserkorene … ich sah den Silberstreif am Horizont und spürte seine Nähe … o Rumos, mein Herr, wie jung er ist, wie stark und ohne Fehl … die Maske, seht Ihr sie? Einer dazu bestimmt, das Leid zu tragen … die Prophezeiung, sie ist wahr!«
    »Wer bist du?« fragte Laghanos argwöhnisch.
    »Dein Freund, dein einziger …« Der Mann fiel auf die
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