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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch
Autoren: Markolf Hoffmann
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verzehrten sich seine Augen vor Wut. »Du weigerst dich noch immer? Glaubst du denn, ich und Carputon hätten uns dem Schmerz, dem Leid, dem Irrsinn ausgeliefert, wenn wir nicht an jene Worte glaubten, die uns Bathos hinterließ? Die Prophezeiung hat uns hergeführt und muß erfüllt sein … MUSS ERFÜLLT SEIN!« Er tastete nach Laghanos' Maske. »Erlöse uns, du dummes Kind … lösche die Flamme, und dann folge uns, damit wir endlich Frieden finden!«
    Laghanos spürte die tödliche Hitze, die von Rumos' Händen ausging, und wich zurück. Dabei stolperte er über den Grabstein, prallte zu Boden. Er schrie auf, griff nach der Sphäre, um die Unbeschlagenen herbeizurufen; und ihre silbernen Klauen prasselten aus dem Nichts auf die Grabstätte herab.
    Tyra hörte den Ruf … Laghanos' Stimme! Er rief um Hilfe, beschwor das Heer der Beschlagenen, ihm beizustehen, und Tyra, die solange in der Sphäre ausgeharrt hatte, die dem Wandelbaren überallhin gefolgt war, eilte auch jetzt herbei, ließ sich von den Fäden des Gefüges zu ihm reißen.
    Wie viele Tage waren seit dem letzten Kampf, der Schlacht um Praa, verstrichen? Tyra wußte es nicht … hier in der Sphäre war alle Zeit bedeutungslos, denn der Schmerz der Beschlagung dauerte ewig und wurde durch nichts gelindert. Das Pochen ihres entzündeten Arms, das Zerren der Silberdrähte, die ihre Muskeln und Sehnen bewegten - all das ließ sich nicht ausblenden und nicht verdrängen. So blieb Tyra nur die Sehnsucht nach dem wunderbaren Zauber, den Mondschlund in ihre Hand gewoben hatte; noch einmal wollte sie jene Kühle spüren, die bis in ihre Fingerspitzen gedrungen war. Sie wartete auf die Stunde, in der sie Mondschlunds Kraft loslassen durfte - die Stunde, in der Laghanos auf seinen Feind treffen würde.
    Doch hatte sie ihren Meister nicht schon zweimal enttäuscht? Hatte sie nicht vergeblich versucht, den Auserkorenen im Heiligen Spektakel zu töten? Laghanos' Maske hatte die Mordabsicht erkannt und Tyra in die Flucht geschlagen … und als sich das Heer der Beschlagenen in die Schlacht bei Praa gestürzt hatte, war in der Sphäre Nhordukael erschienen, der Diener Mondschlunds, der als einziger den Wandelbaren zu Fall bringen konnte. Tyra hatte ihn zu spät erkannt; die Glut, die ihn umgeben hatte, war zu schwach gewesen, und so hatte sie ihn angegriffen, anstatt ihm beizustehen.
    »Zweimal habe ich versagt, Meister«, flüsterte die Mondjüngerin, während das Gefüge sie durch die Sphäre zerrte. »Ist es nicht längst zu spät, die Wandlung aufzuhalten? Ist Laghanos nicht zu stark geworden, seit er mit dem Gefüge verschmolzen ist? Ich flehe dich an, Meister … antworte mir!«
    Doch Mondschlund schwieg.
    Und nun sah sie die Insel … spürte die Nähe des Eilands und die Macht des Eisernen Tors. Sogleich kam ihr in den Sinn, was Mondschlund gewispert hatte. Wie konnte sie seine Worte jemals vergessen haben? Hier auf Tyran würde Nhordukael das Heer der Beschlagenen erwarten; hier würde er sich Laghanos entgegenstellen und ihn vernichten. Denn der Wandelbare hatte das Spektakel verlassen, hatte das Tor der Tiefe durchschritten und war somit verwundbar geworden.
    Aufgeregt lauschte Tyra dem Gesang des Gefüges, das die Beschlagenen zur Schlacht rief, um den Wandelbaren zu verteidigen. So riß auch Tyra ihren Arm empor, bis die Krallen ihrer Klaue aneinanderklirrten. Mit einem Schrei löste sie sich aus der Sphäre.
    Dort! Schimmerndes Wasser. Ein Halbkreis aus Felsen. Eine Mauer, von Magie durchtränkt … und auf dem nackten Felsen krümmte sich Eaghanos. Die goldene Maske hatte ihre Sporne verschränkt, um den Jungen zu schützen … und über ihm erhob sich eine Gestalt: ein Mann, sein hagerer Körper von Flammen umspielt. Nhordukael … dies mußte Nhordukael sein! Zwar hatte Tyra ihn anders in Erinnerung, jünger und gedrungener, doch es konnte niemand anderes sein! Sein Körper hatte gelitten, seit Tyra ihn bei Praa gesehen hatte; die Haut war verbrannt, die Glut in seinen Adern erloschen, und die Flammen, die an ihm emporzüngelten, waren dunkelrot. Doch es gab keinen Zweifel … ja, alles war so, wie Mondschlund es gesagt hatte: die zwei Auserkorenen hatten sich gefunden, zu ihrer letzten Schlacht.
    Sie rief Mondschlunds Zauber hervor, spürte die angenehme Kühle in ihre Hand fließen, und ein Gefühl der Befreiung breitete sich in ihr aus.
    Die Silberklauen sausten auf den Halbkreis nieder. Laghanos schrie um Hilfe, wich vor Rumos zurück. Doch dieser
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