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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Kräfte nur zu bewußt.
    Er hatte sich das Verlies anders vorgestellt. Anfangs waren die Gänge vollkommen dunkel gewesen; hohe, langgezogene Gewölbe, in denen er sich nur dank des Glühens seiner Haut zurechtgefunden hatte. An den Wänden waren Fresken zu erkennen gewesen, kirchliche Symbole und Sinnsprüche vergangener Kuratoren, die über den Dom geherrscht hatten. Diese Gänge hatten wohl einst als Kulträume gedient, und die mit rostigen Gittern abgetrennten Nischen als Gefängniszellen. In einer von ihnen mußte auch Bathos der Scharfzüngige eingesessen haben; jener Priester, der gefordert hatte, die Tathrilya als Gemeinschaft der Zauberer zu bewahren. Nach seinen Hetzreden gegen Durta Slargin, der in Bathos' Augen ein verzerrtes Bild von Tathrils wahrer Natur überliefert hatte, war er im Verlies der Schriften eingekerkert worden. Doch seine Thesen waren nach seinem Tod von der Bathaquar weitergetragen worden, hatten schließlich zur Spaltung der Kirche geführt. Erst der mißlungene Staatstreich während der Regentschaft Tira Aldras hatte das Ende der Sekte besiegelt. …
bis Bars Balicor sie aus der Versenkung holte. Eine üble Gesinnung stirbt nicht mit ihren Anhängern; sie bricht in den Zeiten der Ungewißheit wieder hervor.
    Nhordukael hatte die Gefängniszellen längst hinter sich gelassen. Ohne zu wissen, welche Richtung er eingeschlagen hatte, war er in einen anderen Teil des Verlieses gelangt. Hier waren die Gänge noch trostloser; ein feuchter Grund, Mauern aus eng verfugten Steinen, und die Decke mit jenem seltsamen Moos bewachsen, das in der Dunkelheit glomm.
    Das Herz der Quelle … ich komme ihm näher!
Sphärenströme umflossen ihn; mehrfach glaubte er, sie würden ihn als Eindringling entlarven und bestrafen. Doch offenbar scheute das Verlies seine Macht und hielt sich zurück.
    Und nun diese Erschütterung … ein Schwanken, Grollen, fernes Rasseln. Nhordukael mußte an die Schatten denken, die er vor dem Dom gesehen hatte, die als düstere Türme aus der Tiefe gewachsen waren und den Himmel verdunkelt hatten.
Das Verlies erwacht; doch wer hat seine Kräfte freigesetzt ?
Entschlossen ging er weiter, ließ sich von dem Beben nicht einschüchtern. Hinter der nächsten Biegung wartete ein weiterer Gang auf ihn, auch er von schimmerndem Moos erhellt - doch sein Ende lag im Dunkeln. Abgrundtiefe Schwärze wartete dort.
    Nhordukael blieb stehen. Das Rasseln um ihn wurde lauter! Etwas bewegte sich dort hinten. Die Schwärze, sie verdichtete sich … ein schabendes Geräusch, als kratzten Fingernägel über das Gestein. Ja, er sah es nun ganz deutlich: Die dunkle Zusammenballung bewegte sich, floß auf ihn zu. Nhordukaels Hände verkrampften sich um den silbernen Kelch, den er bei sich trug. Seine Gedanken überschlugen sich. Sollte er fliehen? Nein … dieser Schatten war zu schnell, und das Auge der Glut konnte ihm nicht beistehen.
    Er versuchte sich in die Innere Schicht des Verlieses einzufühlen. Doch die magischen Ströme waren zu fremd, sie entglitten ihm. Verängstigt blickte er auf den näher kommenden Schatten.
    »TRINK! WENN DU LEBEN WILLST, TRINK ….«
    Ein Wispern ließ Nhordukael herumfahren. Er hatte eine geisterhafte Stimme gehört - doch niemand war zu sehen, der Gang hinter ihm war leer.
    »Wer spricht da?« Sein Herz pochte schneller. »Wer … ?
    »DER KELCH … NIMM EINEN SCHLUCK UND GIB DICH DEM VERLIES HIN ! SCHNELL, DIR BLEIBT NICHT VIEL ZEIT !« Die Stimme drang aus der Mauer hervor; zwischen den Steinritzen, die nicht vom Moos befallen waren, erkannte er einen silbernen Glanz.
    »VERTRAUE MIR! ICH BIN EIN GESANDTER MOND-SCHLUNDS . . . TRINK AUS DEM KELCH UND FOLGE MIR!« Nhordukael blickte sich nach dem Schatten um; er füllte bereits den halben Gang aus, strömte wie schwarze Milch auf ihn zu. Widerstrebend hob er den Kelch. »Trinken soll ich? Aber was? Er ist leer!« »DAS Moos«, beschwor ihn die Stimme. »DIE FRUCHT DES VERLIESES … BEEILE DICH !«
    Mir bleibt wohl keine andere Wahl!
Nhordukael streckte die Hand zur Decke aus, riß einen Moosklumpen ab. Er kräuselte sich in seinen glühenden Händen, schwelte an den Rändern. Nhordukael preßte ihn über dem Kelch aus wie einen Schwamm. Zischend tropfte grünes Wasser in das Gefäß.
    Der Schatten war nun dicht vor ihm. Hastig setzte Nhordukael den Kelch des heiligen Lysron an die Lippen. Ein bitterer Geschmack breitete sich in seiner Mundhöhle aus.
    Dann schluckte er den Sud hinab.
    Ein klammes Gefühl in seinem

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