Schattenbrut (German Edition)
nehmen.
»Beherrsche dich!«, fuhr Billy sie an.
Tamy zuckte zusammen und ließ langsam die Hände sinken. Billy schwankte zwischen dem Wunsch, Tamy zu trösten, und dem, sie ordentlich durchzuschütteln. Tamys Lippen begannen zu zittern. Sie schob ihren Jackenärmel hoch und kratzte sich herb am Unterarm.
»Clarissa hatte kurz vor ihrem Tod Kontakt mit einer aus unserer Schulzeit. Und ich gehe davon aus, dass sie mit dieser Person über Frank gesprochen hat.«
»Das würde Clarissa nie tun!«
»Die Polizei fand bei ihr jenes Bild, das du damals von mir und Frank gemacht hast.«
Tamy funkelte sie wütend an. »Du lügst, Billy! Du lügst, um mir Angst zu machen.«
Billy schüttelte den Kopf. »Ich wurde deshalb gestern von der Kripo verhört. Ich musste ihnen auch deinen Namen geben, sicher wird bald jemand bei dir auftauchen.
»Du hast der Polizei meinen Namen gesagt?«
»Ich musste es tun. Es sieht so aus, als bestünde da ein Zusammenhang.«
»Oh Gott! Jetzt kommt alles raus.«
Billy machte einen Schritt auf Tamy zu und legte ihr beruhigend die Hand auf die verkrampfte Schulter. »Ich finde, es war höchste Zeit, mit den alten Lügen aufzuräumen.«
Tamy wich zurück. »Du kannst das leicht sagen! Du lebst weit weg von den Menschen hier. Ich dagegen ...« Ein Schluchzen drang aus ihrer Kehle und Billy fühlte sich auf einmal schrecklich hilflos.
»Es ist so lange her, Tamy. Wir waren jung und keiner von uns hat das gewollt.«
»Es ist dennoch passiert«, gab Tamy schrill zurück.
»Und nun ist Clarissa tot. Wir müssen der Polizei dabei helfen, ihren Mörder zu finden.« Billy klang beschwörend.
Tamy sah sie aus geweiteten Augen an.
»Wie kam Clarissa zu dem Bild?«, fragte Billy.
»Sie kann es nicht haben. Der Film, den ich damals benutzte, liegt bei mir zu Hause. Ich habe ihn nie zur Entwicklung gebracht.«
»Offenbar irrst du dich.«
»Unmöglich!«
Billy stöhnte. »Du solltest den Film schleunigst entwickeln lassen. Dann werden wir sehen, ob es der Richtige ist.«
»Du meinst, jemand hat ihn vertauscht?«, wimmerte Tamy.
»Ich weiß es nicht.« Sie sah auf ihre Armbanduhr. »Aber ich will jetzt mit Frau Himmel sprechen. Gehst du mit rein?«
»Was willst du ihr sagen?«
Billy verdrehte die Augen. »Das sagte ich doch. Ich will wissen, ob sie mehr weiß, als wir ahnen.«
»Und wirst du ihr die Wahrheit erzählen?«
Billy überlegte. Sie hatte es nicht vorgehabt, aber die Polizei würde sicherlich auch mit Frau Himmel sprechen.
»Wir sollten die Wahrheit sagen. Sie wird es sowieso erfahren.«
»Nein!« Tamy hob anwehrend die Hände. »Billy, ich kann das nicht. Sie kennt mich sicherlich vom Sehen.« Sie wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn.
»Okay, Tamara, wir sagen es nicht, zumindest nicht sofort. Aber wir gehen jetzt rein und sprechen mit ihr.«
»Nicht wir. Du kannst das tun.« Tamy wollte sich umdrehen, doch Billy lief ihr nach und hielt sie fest. Nicht, dass sie Wert darauf legte, die winselnde Tamy dabei zu haben. Doch sie war sich plötzlich sicher, dass es für Tamy wichtig sei, sich Frau Himmel zu stellen.
»Wir machen das zusammen!«
Gereizt löste sich Tamy aus Billys Griff. »Warum?«
»Ich will sicher sein, dass du mich nicht angelogen hast.« Auch das war ein Grund, gestand sich Billy ein.
»Warum angelogen?« Tamys Stimme klang hektisch und Billy funkelte sie böse an. »Ich will wissen, ob du Franks Mutter wirklich nicht näher kennst.« Und ihr in einer schwachen Minute alles gebeichtet hast.
Tamy sah kurz auf den Boden und schürzte die Lippen. »Also gut. Aber du redest mit ihr.« Sie lief voraus und stieg die vierstufige Steintreppe hinauf. Billy sah ihr kurz hinterher, bevor sie ihr folgte. Oben wich Tamy zur Seite und ließ Billy den Klingelknopf drücken. Von innen hörte man einen altmodischen Glockenschlag.
»Scheint niemand da zu sein«, stellte Tamy erleichtert fest.
Billy klingelte noch einmal, diesmal länger.
»Jetzt lass gut sein«, quengelte Tamy.
»Still«, befahl Billy und lauschte.
Innen hörte man Schritte, die Tür öffnete sich einen Spalt und eine Frau mit dunklen, glattgeföhnten Haaren sah hinaus.
»Frau Himmel?«
»Ich bin nicht Frau Himmel. Was wollen Sie von ihr?«
»Mein Name ist Sibylle Thalheimer«, sprach Billy in den Türspalt. Ich und meine Bekannte würden gerne mit ihr sprechen.«
»Worüber denn?«, fragte die Frau argwöhnisch und blinzelte.
»Wie sind ehemalige Schulkameraden von
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