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Schattenbrut (German Edition)

Schattenbrut (German Edition)

Titel: Schattenbrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Seider
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Schultern. Ihre Nachbarin ging zu ihr und berührte leicht ihren Arm. »Geht es dir gut, Almut?«
    »Ich kann mich an keine Paula erinnern«, gab Frau Himmel schwach zurück.
    Die Nachbarin wandte sich mit einem tadelnden Blick an Billy. »Jugendliche in Franks Alter stellen nicht alle ihre Freunde den Eltern vor. Hören Sie auf, Almut zu verwirren.«
    »Ist schon gut, Marianne«, sagte Frau Himmel leise.
    Billy sah das Gesicht der Frau, sah die tiefen Falten um deren Augen und ihren leeren Blick. Als wäre ein Teil von ihr längst nicht mehr hier. Die Nachbarin strich ihr über das schüttere Haar.
    »Wie hat Katja den Tod ihres Bruders aufgenommen?« Billy musste sich zu dieser Frage zwingen. Almut Himmel gab einen Laut von sich, der wie ein Grunzen klang.
    »Sie war sechs Jahre alt«, antwortete die Nachbarin. »Zehn Jahre jünger als Frank, das Verhältnis war nicht eng. Aber natürlich war es schwer für Katja, ihre Mutter so leiden zu sehen. Katja war damals viel bei uns. Meine Tochter ist so alt wie sie und die beiden waren befreundet.«
    »Sie haben sich also um Katja gekümmert?«
    »Sie war wie eine zweite Tochter für mich. Wir haben sogar einen Durchbruch zwischen den Zimmern der Mädchen gemacht und eine Tür eingebaut, sodass Katja kommen kann, wann immer sie will.«
    Almut Himmel drehte den Kopf schwerfällig zu Billy. »Ich bin müde.«
    »Ruh dich aus«, sagte die Nachbarin und klopfte ihrer Freundin nochmal auf die Schulter. »Ich bringe Sie raus«, sagte sie zu Billy und Tamy.
    »Auf Wiedersehen«, verabschiedete sich Billy, doch Frau Himmel schien es nicht zu hören.
    »Würdest du mir den Fernseher anstellen?«, bat sie, und die Nachbarin erfüllte ihren Wunsch. Dann führte sie die Frauen zurück in den Flur. An der Wand hing ein Bild von Frank, wie Billy ihn in Erinnerung hatte. Frank hatte den Arm um ein kleines Mädchen mit dunklen Locken gelegt. Das musste Katja sein.
    »Almut nimmt Medikamente. Manchmal erzählt sie mir etwas, und mitten im Satz verfällt sie plötzlich in Schweigen.« Die Frau öffnete die Haustür.
    »Was ist mit Herrn Himmel? Lebt der noch hier?«, fragte Billy.
    Almut und Günther haben sich kurz nach Franks Tod getrennt. Günther hatte nie viel für die Familie übrig, doch als seine Frau mehr und mehr Aufmerksamkeit brauchte, ging er einfach. Aber er ist vor ein paar Jahren gestorben.«
    »Und Katja?«, fragte Billy.
    Die Frau drückte die offene Tür wieder zu und musterte Billy argwöhnisch. »Warum wollen Sie das alles wissen?«
    »Mir geht es um Franks ehemalige Freundin, Paula. Sie leidet immer noch unter Franks Tod, und ich hatte gehofft, für sie ein paar Antworten zu finden.« Die Lüge fiel ihr leicht.
    »Katja hat bestimmt keine Antworten darauf. Sie hat damals wenig davon mitbekommen. Dafür habe ich gesorgt.«
    »Haben Sie noch Kontakt zu Katja?«
    »Sie besucht mich regelmäßig.«
    »Wo kann ich sie finden? Ich würde gerne mit ihr sprechen.«
    Die Frau warf ihr einen kühlen Blick zu. »Katja hat eine Pferdepension am Rande von Oberotterbach.« Sie streckte Billy die Hand hin und zeigte damit, dass das Gespräch beendet war.
    »Danke, dass Sie uns reingelassen haben«, sagte Billy.
    Während die Frau die Tür öffnete, murmelte Tamy einen kurzen Gruß zum Abschied und folgte Billy stumm die Stufen hinunter. Billy lief ein paar Schritte auf dem Gehsteig entlang und war froh, der hoffnungslosen Atmosphäre zu entkommen.
    »Schrecklich, dort drinnen«, stellte sie fest, als sie ihr Auto erreicht hatte. Mit dem Ellenbogen lehnte sie sich gegen das Dach. »Frau Himmel hat jedenfalls nichts mit der Sache zu tun.«
    »Womit soll sie denn zu tun haben?«, fragte Tamy. »Etwa mit dem Mord?«
    »Man weiß nie. Aber diese Frau ist selbst an ihrer Schuld zerbrochen. Sobald die Polizei den Mörder gefunden hat, komme ich zurück und sage ihr die Wahrheit.«
    »Warum?« Tamy drehte eine Haarsträhne um ihren Finger.
    »Weil es ihr helfen wird zu erkennen, dass sie nicht als Mutter versagt hat. Dass Franks Selbstmord meine Schuld war.«
    »Unsere Schuld«, murmelte Tamy.
    »Nein, Tamy. Es war meine Schuld.« Für Billy gab es in diesem Moment nichts Wichtigeres, als dass Tamy ihr glaubte, denn es war die Wahrheit. Sie hatte nicht nur Frank manipuliert, sondern hatte auch Tamys Wunsch nach Billys Freundschaft schamlos ausgenutzt. Und erst jetzt begriff sie, dass Tamy all die Jahre ebenso unter der Schuld gelitten hatte wie sie selbst.
    »Das spielt alles keine Rolle

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