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Schattenbrut (German Edition)

Schattenbrut (German Edition)

Titel: Schattenbrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Seider
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gab sie zurück.
    »Falls Ihnen noch jemand einfällt, der an dieser Sache beteiligt sein könnte, melden Sie sich bitte. Ansonsten halten Sie sich zu unserer Verfügung.« Eggert wuchtete seinen Körper vom Stuhl und Billy erhob sich ebenfalls. Eggert führte sie durch das Treppenhaus nach unten und öffnete ihr die Tür.
    Sie verließ das Gebäude, stapfte vorsichtig über das nasse Laub im Vorhof und stieg in ihr Auto. Langsam fuhr sie auf die Hauptstraße und hielt nach wenigen Metern am Straßenrand. >Emmendinger Tafel< stand in phantasieloser Schrift über der breiten Fensterfront, und vor dem Haus stapelten sich mindestens dreißig vollgestopfte, gelbe Säcke, bereit, von der Müllabfuhr geholt zu werden. Sie ließ den Motor laufen und wählte in ihrem Handy die Nummer, die sie gerade angerufen hatte. Nach dem zweiten Leuten meldete er sich.
    »Wo bist du?«, fragte Billy.
    »Hör zu, Billy, ich habe ein Problem.« Er klang gehetzt. »Hast du jemandem von mir erzählt?«
    »Nein, warum?«
    Sie hörte nur sein Atmen und dachte an Drogendealer, Spritzen und blutige Nasen.
    »Was ist los, Oren?« Ihre Stimme klang schrill.
    »Falls dich jemand nach mir fragt, dann sag, dass du meinen Namen nie gehört hast.«
    »Nur wenn du mir sofort sagst, was los ist.«
    »Bitte vertrau mir.«
    »Oren, was soll das?«
    Ein Klicken in der Leitung. »Oren!«, brüllte sie ins Telefon, obwohl sie wusste, dass es sinnlos war. »Verdammt Oren!« Wütend knallte sie das Telefon auf den Beifahrersitz und presste atemlos den Rücken gegen die Lehne.

19.
     
    Im Schritttempo fuhr Billy durch die verlassene Innenstadt, in deren Gassen nur vereinzelte Spaziergänger zu sehen waren. Sonntage hatten sie schon als Kind nervös gemacht. Diese Ruhe hatte etwas Beklemmendes. Als wäre sie der letzte Mensch auf der Welt. Apokalypse. Sie sah, dass der kleine Kiosk am Bahnhof geöffnet hatte, parkte davor und ging hinein. Dort suchte sie in den Ständern mit den Heftromanen nach einem Inspector Lexington-Krimi. Sie wurde fündig, zwei verschiedene Ausgaben lagen im oberen Teil der Ablage. Sie griff eine und sah eine schattenhafte Gestalt mit tief in die Stirn gezogenem Zylinder auf dem Cover. >Inspector Lexington und der Fremde im Moor<, stand auf dem Titel, unten in kleinerer Schrift stand der Name >Tamara Grey<. Billy grinste, während sie an der Kasse bezahlte. >Tamara Schlammbraun< wäre ein treffenderes Pseudonym.
    Es kostete sie Überwindung, aus der Stadt hinaus Richtung Freiamt zu fahren. Oren hatte gesagt, sie dürfe mit niemandem über ihn sprechen und sie ging davon aus, dass er etwas ausgefressen hatte. Billy hörte in sich hinein, um zu erfahren, ob sie ihm wirklich vertraute. Sie fand keine Antwort darauf. Doch sie wusste, dass das keine Rolle spielen durfte. Oren war erwachsen. Und auch wenn sie seine biologische Mutter war, so hatte sie kein Recht, sich in sein Leben einzumischen. Wenn Oren wollte, dass sie nicht über ihn sprach, würde sie es nicht tun, auch wenn sie keine Ahnung hatte, wer sie danach fragen sollte. Sie dachte an Ursula. Selbst sie hatte Billy früh ihre eigenen Entscheidungen treffen lassen, und Billy verstand zum ersten Mal, wie schwer ihr das gefallen sein musste. Als Billy schwanger wurde, hatte Ursula ihr zugeredet, das Baby zu bekommen. Sie hatte angeboten, sich um das Kind zu kümmern, während Billy weiter zur Schule gehen konnte. Doch Billy hatte sich für eine Adoption entschieden und ihre Mutter hatte sie bedingungslos unterstützt. Sie hatte dafür gesorgt, dass Billy ein halbes Jahr von der Schule befreit wurde, hatte Ausreden erfunden, wenn jemand Fragen stellte. Und sie hatte Billy das Gefühl vermittelt, dass alles in Ordnung war, obwohl ihr eigenes Herz damals kaum weniger zerrissen wurde als das ihrer Tochter. Eine tiefe Dankbarkeit überfiel Billy, während sie durch den herbstlichen Wald fuhr. Und der Entschluss, mit Ursula zu sprechen. Sie musste es tun, bevor die Polizei es tun würde.
    Eine viertel Stunde später fuhr sie in den Schotterweg. Sie betrat die Terrasse und roch den warmen Duft nach frischen Kräutern. Die Tür zum Haus war nicht abgeschlossen und Billy trat ein. Ursula kam ihr entgegen, ihre Wangen waren gerötet und sie trug  wieder ihre weiße Schürze. »Ich wollte dich gerade anrufen. Wo hast du gesteckt?«
    »Ich erzähle dir gleich alles.« Billy schloss die Tür hinter sich und zog die Jacke aus. Dann blieb sie in der Bewegung stehen. »Hast du Lust auf einen

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