Schattenbrut (German Edition)
der Wahrheit willen, die Schlacht, die uns sogar über die Liebe emporhebt. Selbst Billy hat diese Sprosse noch nicht erklommen, aber nur deshalb, weil ihr das Leben noch keine Gelegenheit geliefert hat. Ich werde ihr die Möglichkeit schenken und hoffe, dass sie meinen Pfad freischlägt, so wie sie immer meine Pfade freigeschlagen hat, welche SIE hat zuwuchern lassen. Ich sehe es als Zeichen. Billy wurde mir geschenkt als Gegenpol zu IHR, die mich zum Opfer ihrer Unfähigkeit machte und mir dadurch für immer das Mal der Schwäche einbrannte.
Manchmal überfällt mich die Angst, dass ich mich in Billy täusche und sie mir nicht vorausgehen will, und mir wird klar, wie sehr ich sie brauche. Vielleicht ist es gerade diese Abhängigkeit, die ich überwinden muss. Diese Liebe zu Billy, die zu meiner ganz eigenen Chance wird. Ich wünsche mir, dass es anders ist. Dass Billy eine fantastische Mutter ist. Dass sie ihr Kind lieben wird und dafür kämpfen, und dass sie es vernichten wird, wenn es die Wahrheit gebietet.
Und ihr Lohn wird groß sein.
Auch ich spüre den Lohn meines Mutes. Als die vierte Schlampe plötzlich starb, sah ich meine Pläne in Gefahr. Dachte, ich sei noch nicht bereit. Aber ich habe mich geirrt. Ich musste den Ball, der mir zugespielt wurde, nur auffangen und geschickt zurückwerfen.
18.
Gelb und rot leuchtende Blätter tanzten vor dem Fenster wie zu einer geheimen Melodie. Die Äste einer riesigen Kastanie neigten sich gefährlich im Wind.
»Warum haben Sie Paula Moog bedroht?«
Hauptkommissar Eggert sah aus, als hätte er die Nacht auf dem Revier verbracht. Dunkelgraue Bartstoppel zierten sein aufgedunsenes Gesicht und sein Hemd wies unter den Achseln hässliche Schweißränder auf. Einzig seine Augen, die Billy mit unverhohlener Schärfe musterten, deuteten darauf hin, dass dieses Gespräch für ihn mehr war als eine lästige Pflicht.
Sie saßen sich gegenüber. Es war nicht derselbe Raum, in dem Billy am Vortag mit der jungen Kommissarin gewesen war, aber das Mobiliar war völlig identisch. Nur die Luft schien deutlich dichter, als wäre der Raum tagelang nicht gelüftet worden. Eggert atmete schwer. »Warum haben Sie Paula Moog bedroht«, wiederholte er und Billy verschränkte ihre Arme. Paula war so unendlich dumm.
»Ich habe sie nicht bedroht, sondern gewarnt.«
Er zog seine Augenbraue hoch. »Sie geben es also zu?«
»Ja, ich gebe es zu. Hat Ihnen Paula auch erzählt, warum ich es tat.«
»Das hat sie durchaus. Und ich frage mich seither, ob Sie einen persönlichen Rachefeldzug gegen Ihre Kameradinnen planen.« Sein Atem rasselte beim Sprechen, was seiner Stimme jedoch nicht den drohenden Tonfall raubte.
Kameradinnen? Es war klar, dass er nicht nur von Paula sprach. »Was unterstellen Sie mir?«, fragte sie kalt.
»Ich unterstelle Ihnen, dass Sie einer alten Schulkameradin aus purer Lust drohen, ihre Ehe zu zerstören. Über die weiteren Aspekte bin ich mir noch unschlüssig.« Er grinste herausfordernd.
»Ich drohte ihr nicht aus purer Lust«, Billy spuckte die Worte förmlich aus, »sondern ich reagierte nur auf ihren Kranz.«
Eggerts Augen verengten sich. »Welchen Kranz?«
»Hat Frau Moog Ihnen nichts von dem Kranz erzählt?«
»Erzählen Sie es mir.«
»Ich sah keinen Zusammenhang zwischen dem Kranz und dem Mord an Frau Puhlmann, daher habe ich ihn nicht erwähnt.«
»Sagen Sie mir, von welchem Kranz sie sprechen!«
Sie hasste es, auf Eggerts Spielchen einzugehen, es machte sie wütend, diesem schmierigen Kerl ausgeliefert zu sein, aber er saß am längeren Hebel und er wusste das. Und so berichtete sie ihm in knappen Worten von Julias Beerdigung.
»Ich war nicht sicher, ob Paula dahintersteckt, aber als ich zu ihr fuhr und merkte, dass sie ihre Familie bezüglich ihres Saunabesuches angelogen hatte, da war die Sache für mich klar.«
»Was war klar?«
Sie ertappte sich, wie sie dabei war, ihre Augen zu verdrehen, und konnte sich gerade noch bremsen.
»Sie hat den Kranz auf das Grab gelegt. Und ihrer Familie hat sie erzählt, dass sie in der Sauna war. Ein kleiner Trick, mit dem ich ihre Lüge bloßgestellt habe.«
»Frau Moog war an jenem Tag nicht auf der Beerdigung.«
Sein herablassender Tonfall ließ die Wut in ihr die Oberhand gewinnen. Hart stieß sie die Luft durch ihre Nase. »Die Angelegenheit zwischen Frau Moog und mir geht Sie nichts an.«
Er stemmte seinen Oberkörper aufrecht, legte die Arme auf den Tisch und starrte sie an. »Ich warne
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