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Schattenbrut (German Edition)

Schattenbrut (German Edition)

Titel: Schattenbrut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Seider
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eine fast unerträgliche Schwere, die ihr die Luft zum Atmen zu nehmen drohte.
    »Lass uns weiterlaufen«, flüsterte Billy und setzte sich wieder in Bewegung. Ursula lief mit gesenktem Kopf und leicht gekrümmter Haltung neben ihr. Sie murmelte etwas, das Billy nicht verstand.
    »Wie bitte?«, hakte sie nach und Ursula hob ihren Kopf. Ihre Augen sahen unendlich müde aus und spiegelten Billys eigene Stimmung wieder.
    »Ich sagte, dass alles meinetwegen geschehen ist.«
    »Deinetwegen?«
    »Ja, nur weil ich damals nach der Trennung von Wolfgang so enttäuscht war, hast du diesen Zorn auf Paula entwickelt.«
    »Blödsinn!« Leiser fuhr sie fort: »Du hattest nichts damit zu tun. Nie hast du geklagt oder Paula und ihrem Vater Vorwürfe gemacht. Paula ist dafür verantwortlich. Es hat ihr nicht gereicht, ihren Vater für sich zu haben, sie musste dich auch noch vor aller Welt schlechtmachen.«
    »Du wolltest mich beschützen.« Der resignierte Tonfall in Ursulas Stimme versetzte Billy einen Stich und die Wut auf Paula begann erneut, in ihr zu lodern.
    »Ich hätte sie fertigmachen sollen anstatt Frank. Sie war diejenige, die es verdient hätte zu leiden.«
    »Billy!« Ursula hatte ihre gewohnte Stärke wiedergefunden und musterte Billy streng. »Habt ihr beide nicht genug angerichtet?« Sie hob beschwichtigend ihre Hand. »Glaubst du wirklich, dass Paula etwas mit dem Mord an Clarissa zu tun hat?«
    »Ich kann es mir nicht vorstellen. Aber niemand hatte einen Grund, mich zu hassen, und niemand außer mir und Paula kannte die Geschichte so gut.«
    »Dann sag das der Polizei und mache nicht den Fehler, weiterhin auf eigene Faust zu ermitteln.«
    »Mit der Polizei habe ich gesprochen. Und angeblich hat Paula sowohl für Julias Beerdigung als auch für den Mord ein Alibi, auch wenn der Beamte mir nicht sagen wollte, um welche Art Alibi es sich dabei handelt.«
    »Ich muss dir etwas sagen.« Ursula zögerte kurz, bevor sie weitersprach. »Paula war vor einigen Wochen bei mir.«
    »Wir bitte?«
    »Schrei nicht so. Ja, sie war bei mir. Ich habe es dir nicht erzählt, weil ich es für unwichtig gehalten habe. Mir war nicht klar, dass dich die alte Geschichte immer noch belastet.«
    »Was wollte sie von dir?« drängte Billy.
    »Sich dafür entschuldigen, was damals geschehen ist.« Ursula sagte dies mit einem gleichmütigen Tonfall, der Billy rasend machte. Säure stieg in ihrer Kehle hoch.
    »Sie taucht also einfach bei dir auf und entschuldigt sich? Ich fasse es nicht!«
    »Ich habe mich gefreut«, gab Ursula zurück.
    »Und warum kommt sie nach über zwanzig Jahren auf so eine Idee?« Ihre Kehle brannte, als hätte man sie mit einer brennenden Fackel berührt.
    »Sie sagte, dass sie das schon lange tun wollte.«
    Billys Wangen glühten und sie beschleunigte ihren Schritt.
    »Sibylle, diese Geschichte ist für mich Vergangenheit. Ich habe Paula damals gerne gehabt, und ich konnte verstehen, dass sie ihren Papa für sich behalten wollte. Ihre Reaktion war völlig natürlich. Und ich wünsche mir von Herzen, dass du das auch so sehen kannst.«
    »Willst du es nicht begreifen? Auch für mich war die Sache längst vergessen. Zumindest so lange, bis sich Paula in mein Leben gedrängt hat. Und nachdem, was du mir gerade berichtet hast, bin ich sicher, dass die liebe Paula einen perfiden Plan verfolgt. Ihr Besuch bei dir war nur der Anfang.« Neben der immensen Wut in ihrem Inneren spürte Billy noch ein anderes Gefühl. Ein Hauch von Klarheit, die das Geheimnis langsam und stetig zu durchdringen schien, Aufregung, Glück. Ein Hauch vom Kampfeswillen.
    »Auf alle Fälle muss Paula etwas mit der Sache zu tun haben«, sagte sie mit fester Stimme und sah aus den Augenwinkeln Ursulas flehenden Blick.
    »Bitte sei vorsichtig.«
    Billy sog die feuchte Luft tief in ihre Lungen. Das Brennen in ihrer Kehle ließ bereits nach. Ursula hatte recht. Sie durfte sich nicht verrennen, dafür war die Sache noch zu unklar. Aber sie durfte auch nicht dabei zusehen, wie Paula ein Spiel mit ihr trieb. Noch zwei Tage, dann war Dienstag, Paulas geheiligter Wellnesstag. Billy würde bereitstehen, um Paula zu verfolgen. Sie würde herausfinden, womit sich die alte Rivalin in ihrer Freizeit beschäftigte. Und sie würde Paula zur Rede stellen. Von Angesicht zu Angesicht. Der Gedanke beruhigte sie etwas.
    An der nächsten Weggabelung drehten sie um und liefen im selben, gleichmäßigen Tempo zurück. Billy war ihrer Mutter für deren Schweigen dankbar und

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