Schattendämonen 3 - Nybbas Blut - Benkau, J: Schattendämonen 3 - Nybbas Blut
Nacken geschleudert, irgendwo knirschten Knochen. Eiskaltes Wasser betäubte den Schmerz, ehe er ihn wahrnahm. Es schmeckte nach Blut, Öl, Lauge und fauligen Abflüssen. Wenn er könnte, wäre er geschwommen, doch sein Körper war von des Luzifers Willen wie mit Eisen ausgefüllt. Lediglich seine Klauen zuckten beim Versuch, mit den Armen zu rudern. Er sank. Beim Versuch, den Kopf für einen letzten Luftzug an die Oberfläche zu bekom men, schluckte er Wasser, es geriet ihm in die Nüs tern, die für das Schwimmen nicht gedacht waren. Sein Haar umwehte ihn wie wogende s Kelp, als er langsam , aber unaufhörlich , gen Grund sank. Nun wollte ihm der Luzifer auch noch das Ertrinken zei gen. Er war sicher, dass er ihn dennoch nicht sterben lassen würde. Töten hätte er ihn leichter können und seine einzige Möglichkeit, die luziferischen Pläne zu durchkreuzen, war der Tod. Schon nahm das Wasser ihm jede Sicht auf die Lichter der Ufer, es wurde dunkel und zu seinem Erstaunen ganz still. Allein sein Herzschlag wummerte in einem tiefen Bass. Das Wasser war auf moderne Art verd r eckt, chemische Flüssigkeiten brannten in seinen Augen. Unter seinen Füßen spürte er Metall und verfallendes Holz, unter dem Müll, den jemand im Fluss versenkt hatte, gru ben sich seine Zehen in den Schlamm am Grund. Eine schemenhafte Erinnerung flackerte in seinem Geist auf. Die Füße seines dämonischen Körpers im Sand nah am Meer und dicht vor ihm Joana, die ihre Hand ausstreckte und ihn berührte.
Verzeih mir, dachte er. Alles, wenn du kannst. Irgendwann.
Er atmete das Wasser in einem tiefen, qualvollen Atemzug ein, spürte es seine Lungen fluten und deh nen und registrierte, wie sein ganzer Körper unver züglich auf den fehlenden Sauerstoff reagierte.
Doch im Luzifer fand er seinen Meister. Denn gera de, als er glaubte, den endgültigen Frieden fast greifen zu können, löste dieser ihn zu Schatten auf und zwang ihn zu sich.
~*~
„Was ist der Grund Ihres Aufenthalts in den Vereinig ten Staaten?“ Der Sicherheitsbeamte am JFK-Flug hafen, ein attraktiver Schwarzer Ende vierzig mit sil bergrauem Haar, hatte diesen Satz sicher noch nie derart charmant ausgesprochen. Schon als Mary und Joana in der langen Schlange der Reisenden gestanden und auf ihre Kontrollen gewartet hatten, waren Joana die Blicke aufgefallen, die der Mann ihrer Mutter immer wieder zuwarf. Und Mama schien nicht uninte ressiert an dem großen, schlanken Amerikaner. Um ihre Augen bildeten sich unzählige Lachfältchen, als sie sagte: „Wir planen , unsere Fähigkeiten im Voudou zu verbessern und ein paar neue schwarzmagische Rituale zu erlernen. Dämonenbeschwörung, Sie wis sen schon.“
Oh mein Gott. Joana wollte sterben, sich übergeben und augenblicklich hier weg – in dieser Reihenfolge. Jeder wusste doch, dass die amerikanischen Sicher heitsbeamten spätestens seit 9/11 absolut keinen Spaß mehr verstanden. Sah Mama keine Filme? Für ihre Antwort konnten sie in einer Zelle landen! Joana kon zentrierte sich mit aller Kraft darauf, nicht dunkelrot zu werden und bekam kaum mit, wie Mary die Situa tion rettete. Nur, dass ihre Telefonnummer im Spiel war, sickerte am Rande zu ihr durch.
„Entschuldige“, kicherte ihre Mutter, als sie zum Gepäckband gingen. „Ich konnte nicht anders. Es muss die Aufregung sein, so was macht mich immer ein bisschen …“
„Lebensmüde“, schlug Joana vor. Sie hatte vorhin im Flugzeug auf den Fragebogen über zu verzollende Waren ähnlich reagiert. Ob sie Schnecken einführe, hatte man wissen wollen und Joana hatte mit der Idee gespielt, das „Ja“ anzukreuzen, nur um herauszufin den, was dann Skurriles geschah. „Ich kenn das, pas siert mir auch immer.“
„Albern, hatte ich sagen wollen. Ob er mich anruft? Ich hoffe nicht, wir haben doch keine Zeit für Dates. Aber wenn ich mich jetzt nicht noch einmal mit einem Mann treffe, dann vielleicht nie wieder.“
„Er ruft bestimmt an, und ich werde schon dafür sorgen, dass du Zeit hast.“ Arme Mama, sie war wirk lich nervös. Als es auf dem Flug ein paar Turbolenzen gegeben hatte, musste sie sich sogar übergeben, wäh rend Joana, der Schwangeren mit Flugangst und ent führtem Liebsten, nicht einmal flau im Magen gewor den war. Selbst das vollkommen vertrocknete Bord essen, Hähnchen à la Wüstensturm, hatte sie vertra gen. Dass sie plötzlich viel weniger Schlaf brauchte und über eine nie gekannte Ausdauer verfügte, war ihr in Berlin schon aufgefallen,
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