Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenelf - 2 - Das Turnier

Schattenelf - 2 - Das Turnier

Titel: Schattenelf - 2 - Das Turnier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
Vom Netzwerk:
rasch um seinen Schreibtisch herum. »Es gibt, oder gab, eine feste Regel hier in Ursal, eine Regel, mit der Ihr offensichtlich nicht vertraut seid.«
    »Ich bin auf Einladung des einzigen Menschen nach Ursal gekommen, der das Recht hat, zu behaupten, ich hätte Verwirrung bei Hofe gestiftet«, erwiderte Jilseponie nachdrücklich. »Weil es ganz in seinem Gutdünken liegt, Verwirrung bei Hof zu stiften. Und falls ich mit meiner Anwesenheit auf Schloss Ursal die abgeschiedene, kleine Welt ein wenig durcheinander bringe, die sich die Adligen und die Kirchenoberen geschaffen haben, dann ist das vielleicht gar nicht mal so verkehrt!«
    Abt Ohwan versuchte, beschwichtigend abzuwinken; angesichts dieser starken Frau ließ sein aufbrausendes Gehabe zusehends nach. »Es war kein Gift«, wiederholte er.
    »Über die Kräuter weiß ich nichts, außer dass die mir verabreichte Menge mich schon bald getötet hätte«, entgegnete Jilseponie.
    »Ach was!«, protestierte der Abt. »Sie sollten lediglich verhindern, dass Ihr schwanger werdet. Wollt Ihr mir daraus einen Vorwurf machen? Begreift Ihr nicht, welch ein Schock es für Staat und Kirche wäre, wenn das geschähe?«
    Diese letzte, lächerliche Bemerkung machte keinen Eindruck auf Jilseponie, die längst über seine erste Behauptung nachdachte. Dass es eine Lüge war, wusste sie; sie wusste, dass man ihr eine viel zu hohe Dosis dieser Kräuter verabreicht hatte, andererseits vermochte sie nicht zu bestreiten, dass das Gesicht des Mannes und sein Ton durchaus aufrichtig wirkten. Die Lösung war schnell gefunden. »Und diese Kräuter verabreicht Ihr auch Constance, um ihre Unfruchtbarkeit sicherzustellen?«, fragte Jilseponie.
    »Selbstverständlich«, antwortete Ohwan. »Schon seit Jahrhunderten ist es die Pflicht des Abts von St. Honce, alle Kurtisanen zu versorgen.«
    »Und auch die Königinnen?«, hakte Jilseponie nach. »Ohne deren Einwilligung?«
    Abt Ohwan schüttelte den Kopf. »Es ist noch nie vorgekommen, dass eine Königin als Oberste Ordensschwester gleichzeitig unter die Gerichtsbarkeit der Abtei St. Honce fiel«, erwiderte er.
    »Ich falle nicht unter Eure Gerichtsbarkeit, Abt Ohwan«, sagte Jilseponie mit leiser, bedrohlicher Stimme. »Verratet mir eins«, fuhr sie einen Moment später fort, »an wen liefert Ihr diese Kräuter? An jede Frau gesondert?«
    »Sie werden in entsprechende Portionen für jede Küche aufgeteilt und anschließend einem Kurier übergeben«, erklärte der Abt arglos, und erst als er merkte, was er da sagte, bekam seine Miene einen gequälten Ausdruck, und er begriff, worauf Jilseponie hinauswollte: nämlich dass Constance und die anderen Kurtisanen mühelos mehr als die entsprechende Menge für Jilseponies Speisen abzweigen konnten.
    Jilseponie schüttelte den Kopf über die unfassbare Dummheit des Mannes.
    »Ihr seid entweder ein Lügner oder ein Narr«, stellte sie fest.
    »Ich flehe Euch an, Oberste Ordensschwester«, stammelte Abt Ohwan. »Meine Königin.«
    »Ihr werdet von Eurem Amt zurücktreten«, verlangte Jilseponie. »Und in einer unbedeutenden Kapelle sehr weit von Ursal und dem Hof entfernt als Pastor Euren Dienst versehen.«
    »Aber ich bin Abt von St. Honce!«, protestierte Ohwan.
    »Nicht mehr!«, erwiderte Jilseponie. »Ihr werdet sofort, noch heute, von hier verschwinden, sonst werde ich Euren Verrat gegenüber König Danube und der Öffentlichkeit aufdecken und Euch in Misskredit und Schande bringen, wie Ihr es verdient.«
    »Damit brecht Ihr einen Krieg zwischen Staat und Kirche vom Zaun«, rief Abt Ohwan verzweifelt.
    »Die Kirche wird Euch gänzlich fallen lassen«, versicherte ihm Jilseponie. »Wie Ihr sehr wohl wisst. Ich biete Euch die Gelegenheit, auch weiterhin Eurer Berufung nachzugehen und jene Rechtschaffenheit wiederzufinden, die Ihr offenbar verloren habt, aber seid versichert, ich mache Euch dieses Angebot nur widerstrebend. Nehmt es sofort und bedingungslos an, sonst gehe ich augenblicklich zum König und erzähle ihm eine Geschichte, die sein Blut in Wallung bringen wird.«
    Abt Ohwans Gesichtsausdruck durchlief eine ganze Reihe von Gefühlen, angefangen bei Angst über Trotz bis hin zu blanker Wut. Schließlich aber, gleichsam wie ein in die Enge getriebenes Tier, straffte er die Schultern und richtete sich zu voller Größe auf. »Ihr wollt also Gott spielen«, sagte er, mit Verachtung in der Stimme, das Gesicht zu einer Maske glühenden Hasses erstarrt.
    Jilseponie ließ sich davon nicht beeindrucken.

Weitere Kostenlose Bücher