Schattenelf - 2 - Das Turnier
herrschte Dasslerond ihn an und bedeutete ihren Begleitern, sich wieder zu beruhigen, die nur darauf zu warten schienen, sich auf den Zentaur zu stürzen, falls er ihrer geliebten Herrscherin auch nur einen Schritt zu nahe kommen sollte. »Es entspricht nicht unserem Stil, uns gegenüber minderen Rassen zu rechtfertigen.«
»Nicht einmal, wenn Ihr gegen jeden Anstand gehandelt habt?«, fragte Bradwarden.
»Ich tue, was getan werden muss«, konterte Lady Dasslerond. »Und zwar für die Touel’alfar, und nicht etwa für das Gefühlsleben einer unbedeutenden, kleinen Menschenfrau.«
»Die immerhin Königin des Bärenreiches ist«, erinnerte sie Bradwarden.
»Ganz recht«, erwiderte Dasslerond. »Genau aus diesem Grund habe ich Euch ausgewählt, Bradwarden. Jilseponie weiß über uns Bescheid.«
»Ihr und Euresgleichen seid in letzter Zeit mehr als nur ein paar Geschichten, die man sich am Lagerfeuer erzählt«, entgegnete Bradwarden.
»Sie ist über Andur’Blough Inninness und einige andere Geheimnisse im Bilde.«
»Sorgt Ihr Euch etwa noch immer, sie könnte die Geheimnisse Eures Schwerttanzes verraten?«, fragte Bradwarden ungläubig. »Seit über zwanzig Monaten sitzt sie jetzt auf dem Thron. Wenn sie einen Krieg hätte anzetteln wollen –«
»Wir haben unser Land allein aus Gründen der Vorsicht verlassen«, fiel Dasslerond ihm ins Wort. »Um uns so gut wie möglich bei Euch zu informieren; schließlich seid Ihr mit Jilseponie gut bekannt.«
Der Zentaur dachte eine Weile über ihre Worte nach und wog sie gegen den äußerst unwahrscheinlichen Zufall ab, dass sich Lady Dasslerond, die ihr geschütztes Tal nur selten verließ, ausgerechnet diesen Zeitpunkt, so kurz nach dem Erscheinen und neuerlichen Verschwinden dieses jungen Burschen, der sich Nachtfalke nannte, dafür ausgesucht haben sollte. Dann erkannte er die offenkundige Lüge.
»Ihr habt das Tal verlassen, weil Ihr spürtet, dass jemand den Bogen und das Schwert berührt hat«, sagte er vorwurfsvoll; schließlich wusste er nur zu gut, dass die Elfen zu solchen Dingen fähig waren und eine seltsame Verbindung zu allem unterhielten, was elfisch war oder von Elfenhand gemacht. »Ihr seid gekommen, nachdem der Junge das Tal heimlich verlassen hatte; wie konntet Ihr nur glauben, so etwas geheim halten zu können?«, schrie er. »Und auch noch der Mutter die Wahrheit vorzuenthalten! Aber jetzt seid Ihr zu weit gegangen. Was für ein entsetzliches Geheimnis habt Ihr da für Euch behalten.«
»Es ist sogar noch entsetzlicher, als Ihr denkt«, erwiderte Lady Dasslerond kühl, und sowohl ihr Tonfall als auch ihre Zustimmung gaben dem zornentbrannten Zentaur erneut zu denken. »Der Junge ist unberechenbar und mit Vernunft nicht zu erreichen. Er ist kein Hüter und hat es nicht verdient, das Schwert und den Bogen zu tragen. Belli’mar Juraviel wäre sicher zutiefst gekränkt, wenn er erführe, dass der letzte Bogen, den sein Vater gefertigt hat, Aydrian in die Hände gefallen ist.«
Bradwarden konnte kaum glauben, was sie da sagte.
»Sollte ich je Gelegenheit erhalten, Aydrian zu vernichten, ich würde es auf der Stelle tun«, sagte Dasslerond kalt.
»Er ist der Sohn von Nachtvogel und Jilseponie, das ist keine Kleinigkeit«, erwiderte der Zentaur.
Dasslerond schüttelte den Kopf. »Von beiden und von keinem der beiden, behaupte ich«, beharrte sie. »Er ist die Ausgeburt von etwas sehr viel Finsterem.« Wehmütig hob sie den Kopf und blickte den Zentaur an. »Wir hatten in Aydrian schon den Retter von Andur’Blough Inninness gesehen«, gestand sie. »Wir dachten, mit seiner Abstammung und seinem Trainingseifer würde er zu einem Mann heranwachsen, der im Stande wäre, den Makel des Dämons von unserem Land zu tilgen. Aber leider, fürchte ich, hat unser Retter uns verlassen, um noch weit größeren Schaden über die Welt zu bringen.«
Ihr Tonfall war derart ernst, dass sie alle Proteste Bradwardens im Keim erstickte. Schließlich kannte er sie lange genug, um zu wissen, dass sie in diesen Dingen nicht leichtfertig daherredete, dass sie, die Bestesbulzibar die Stirn geboten hatte, ihre Ängste nicht ohne weiteres eingestand.
»Ihr hättet es Jilseponie sagen sollen«, erklärte er.
Dasslerond, halb nickend, halb mit den Achseln zuckend, gab es weder zu noch widersprach sie. »So einfach liegen die Dinge nicht«, sagte sie. »Denn zurzeit zieht er durch die Lande. Vielleicht erfährt Jilseponie schon bald von seiner Existenz. Ich bezweifle nämlich,
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