Schattenelf - 2 - Das Turnier
herumgefuchtelt, so dass Symphonie sich erneut wiehernd aufbäumte.
Bradwarden wusste nicht recht, was er sagen sollte, also stand er einfach nur kopfschüttelnd da und vermochte nicht einmal etwas einzuwenden, als Aydrian Symphonie bestieg und davontrabte.
Die nächsten Tage waren für Bradwarden überaus verdrießlich. Er wusste, dass er Aydrian gleich an Ort und Stelle hätte die Stirn bieten und diesen offenkundigen Lügner und arroganten Kerl hätte zwingen müssen, ihm die ganze Geschichte zu erzählen. Und doch konnte Bradwarden nicht bestreiten, dass er beim Anblick des Jungen eine gewisse Vertrautheit gespürt hatte, ein Gefühl, das ihn nicht mehr losließ, der junge Krieger könnte vielleicht doch die Wahrheit gesagt haben.
Aber wie war das möglich?
Ursprünglich hatte Bradwarden angenommen, es wäre eine Kleinigkeit, den jungen Nachtvogel wiederzufinden; schließlich konnte er davon ausgehen, dass der »Hüter« diesen Landstrich durchstreifen würde, wie dies Nachtvogel viele Jahre lang getan hatte. Bereits wenige Tage später musste er zu seiner Überraschung jedoch feststellen, dass Aydrian und seine Begleiter, ein älterer Mann und eine Frau, Dundalis in südlicher Richtung verlassen hatten – Aydrian auf dem Rücken eines großen, schwarzen Hengstes.
Bradwarden verfolgte sie bis weit hinter Caer Tinella. Aber leider schlugen die drei ein so rasantes Tempo an, als erwarteten sie geradezu, verfolgt zu werden, daher musste der Zentaur schon bald einsehen, dass er sie frühestens in Palmaris würde einholen können.
Also kehrte er in seinen heimatlichen Wald zurück, zu den Hügelgräbern und Pfaden, auf denen man Symphonies Spuren so oft hatte sehen können, wenn er die Wildpferde aus der Gegend anführte. Er versuchte, Nachtfalke und alles übrige aus seinen Gedanken zu verdrängen – natürlich war Bradwarden niemals Symphonies Beschützer gewesen, wie auch Elbryan niemals sein Herr gewesen war. Ebenso wenig mochte der Zentaur so tun, als durchschaute er die Pläne Dassleronds und ihrer Hüter.
All das versuchte er, während die Wochen ins Land gingen, aus seinen Gedanken zu verbannen, obwohl es ihm natürlich nicht gelang. Und als eines Nachts eine leise und melodische Stimme nach ihm rief, nahmen seine Sorgen sogar noch beträchtlich zu.
»Wie konntet Ihr mir das nur verschweigen?«, fauchte der Zentaur, als Dasslerond und mehrere andere Touel’alfar in sein Blickfeld traten.
»Dann ist er also hier gewesen«, folgerte Dasslerond.
»Ihr schickt einen Hüter her, ohne mich vorher zu warnen?«, fragte der Zentaur. »Als ich das Schwert und den Bogen in seinen Händen sah, hätte ich den Jungen fast umgebracht.«
Es war nicht zu übersehen, dass seine Worte Dasslerond und die anderen überraschten und bestürzten. Offenkundig alles andere als erfreut, dass die Hügelgräber geplündert worden waren, sahen sie einander an. »Der Sohn Nachtvogels ist kein Hüter«, stellte die Herrscherin von Caer’alfar kategorisch fest.
Bradwarden wollte etwas erwidern, stockte, setzte abermals an, doch dann wurde ihm die volle Bedeutung ihrer Worte bewusst und er brachte, völlig überwältigt, eine ganze Weile nur Gestammel hervor. »Der Sohn Nachtvogels?«, rief er schließlich. »Wollt Ihr damit sagen, er hat das wörtlich gemeint?«
»Was hat er denn gesagt?«
»Er hat behauptet, er sei der verdammte Sohn Nachtvogels, bloß habe ich nicht geglaubt, dass er das wirklich ernst meinte!«, brüllte Bradwarden. »Wie ist das möglich? Ich kannte Nachtvogel, seit Ihr ihn aus Eurer Obhut entlassen hattet, und auch Jilseponie kannte ich. Sie verlor ihr einziges Kind als …« Bradwarden unterbrach sich, als ihm die entsetzliche Wahrheit dämmerte. »Ihr wollt doch nicht allen Ernstes behaupten …«, begann er zögernd und schüttelte den Kopf.
»Aydrian ist der Sohn von Nachtvogel und Jilseponie«, erwiderte Dasslerond kühl. »Den man Jilseponie vor den Toren von Palmaris weggenommen hat, da sonst Mutter und Kind den Attacken von Markwart zum Opfer gefallen wären.«
Bradwarden verschlug es die Sprache.
»Wir haben getan, was wir für das Beste hielten«, fuhr Dasslerond fort.
»Ihr habt ihr kein Sterbenswort davon gesagt!«, rief Bradwarden zornig. »Sie sitzt im weit entfernten Ursal auf dem Thron und weiß nicht mal, dass sie die Mutter eines Kindes ist – eines Kindes von Nachtvogel. Was seid Ihr doch dumm! Ich sollte Euch mit meinen eigenen Händen erwürgen!«
»Genug jetzt!«,
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