Schattenelf - 4 - Feuerzauber
Chezru-Häuptlings ein aufrichtiges Interesse an den Chezhou-Lei und ihrer uralten Fehde mit den Jhesta Tu durchblicken ließ, zeigte der stolze Krieger zum ersten Mal eine Reaktion.
»Einst, vor der Verkündung der Wahrheit, gehörten wir ein und demselben Orden an«, erklärte Wan Atenn ihm eines unmenschlich heißen Tages, als der Treck besonders schleppend vorankam. »Die Begründer des Ordens der Chezhou-Lei waren ursprünglich Meister der Jhesta Tu.«
»Aber wer waren die Jhesta Tu damals, in diesen frühen Zeiten?«, fragte Merwan Ma, dessen Kenntnisse über dieses Kapitel der behrenesischen Geschichte eher bescheiden waren.
»Priester. Priester, die die abgeschiedenen Dörfer vor den Banditen schützten, die dieses gesetzlose Land unsicher machten.« Wan Atenn sah zu Merwan Ma und nickte. »Nach Ansicht der Stammväter der Chezhou-Lei brachte erst Yatol dem Land Ordnung. Die meisten anderen Mitglieder des uralten Ordens der Jhesta Tu jedoch waren nicht bereit, die Wahrheit Yatols anzuerkennen.«
»Und damit begann die Fehde«, schloss Merwan Ma.
»Daher rührt die Vorherrschaft der Chezru und der Chezhou-Lei, während sich die Jhesta Tu in einen Landstrich zurückzogen, der noch unwirtlicher war als die Ödnis dieser Sandwüste«, erwiderte Wan Atenn mit jener Mischung aus Gelassenheit und Selbstvertrauen, die offenbar allen Chezhou-Lei eigen war. »Die Wahrheit hat schließlich obsiegt. Und daran müssen wir Chezhou-Lei unsere törichten Brüder gelegentlich erinnern.«
Merwan Ma lehnte sich in seinem Sattel zurück und ließ die Worte Wan Atenns auf sich einwirken. Er war hier nicht in seinem Element, das wusste er; alles war völlig ungewohnt für ihn, und die Tapferkeit und das überragende Können der Krieger rings um ihn her sowie derer, gegen die sie schon bald kämpfen würden, vermittelten ihm das Gefühl völliger Bedeutungslosigkeit. Er war aufgeregt, gewiss, gleichzeitig aber verspürte er eine entsetzliche Angst, und ein nicht unerheblicher Teil von ihm wünschte sich nichts sehnlicher, als wieder in die Geborgenheit des Tempels in Jacintha und an die Seite seines Meisters zurückzukehren.
Sobald der Treck durch eine der Städte kam, wurden sie von den Bürgern mit frischen Vorräten überhäuft, eilten die Hufschmiede herbei, um ihre Pferde neu zu beschlagen, ihre Rüstungen zu polieren und die Waffen wieder instand zu setzen. Zogen sie dann nach einer Weile wieder ab, war die Luft erfüllt vom aufgeregten Getuschel der Bewohner, die angespannt verfolgten, wie die Besten unter ihnen in den Krieg zogen.
Die Route von Jacintha in die Feuerberge verlief keineswegs entlang einer geraden Linie. Die Armee folgte der Küste bis hinunter zur Südgrenze des Königreichs und in die Stadt Gortha, dem Sitz Peridans, wo Merwan Ma sich von den Kriegern verabschiedete.
Anschließend schwenkte Wan Atenn nach Westen ab und marschierte in einer Zickzacklinie von Stadt zu Oase und wiederum zur nächsten Stadt, so dass aus dem Frühling längst Sommer geworden war, als die schroffen, schwarz-grauen Berge endlich in Sichtweite rückten.
Während der nächsten Tage ging der Boden unter ihren Füßen von weichem Sand in einen steinharten Untergrund über, und die Schatten des gewaltigen Gebirges erreichten sie jeden Nachmittag ein wenig früher. Nun wurden den Pferden ihre Plattenpanzer angelegt, was das Vorankommen zusätzlich erschwerte, so dass die Chezhou-Lei nur noch einen Marsch von wenigen Meilen pro Tag zuließen. So nah der Heimat der gefürchteten Jhesta Tu mussten sie ihre Kräfte schonen und in steter Kampfbereitschaft bleiben.
In der Nähe eines kleinen, im Schatten des äußersten Nordrands der Feuerberge gelegenen Dorfes belauschten Belli’mar Juraviel und seine beiden Begleiter zum ersten Mal eine Meldung vom Vormarsch der Chezhou-Lei und der behrenesischen Armee. Die Gerüchte, die diesen Feldzug begleiteten, denen zufolge ein Chezhou-Lei von einem Krieger der Jhesta Tu bei Dharyan erschlagen worden sei, gaben der Hoffnung des Elfen neuen Auftrieb, seine liebe Freundin vielleicht doch noch lebend wiederzusehen, und machten ihn ungeduldiger denn je, den Weg zu diesem so schwer fassbaren Ort mit Namen Wolkenfeste zu finden.
Wie schon die ganze Zeit seit ihrem Abschied von der Rebellentruppe in der Steppe oben im Norden fiel ihm auf, dass zumindest einer seiner Begleiter seine Begeisterung für diese Reise offenbar nicht teilte.
Tatsächlich war Pherol ihnen mit jedem Tag zögerlicher
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