Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
je nach Süden wagen, dann würde Palmaris zu der Stadt, in der sich alles entschied; in dieser Situation auf die Unterstützung dieser vielen Lords, Großgrundbesitzer und einflussreichen Bürger zählen zu können, würde sehr dazu beitragen, dass der Prinz in Palmaris nicht gerade mit offenen Armen empfangen wurde.
Trotzdem war es allenfalls ermüdend, und jedes Mal, wenn Herzog Monmouth Treshay aus Yorkey gegenüber den Lords aus Palmaris einen Punkt ansprach und sich gleich darauf an Aydrian wandte, sah sich der junge König genötigt, eine straffere Haltung anzunehmen und eine gewisse Anteilnahme vorzutäuschen.
»Es ist also völlig unbestritten, meine Herren«, hörte er Monmouth soeben sagen, »dass der Machtwechsel in Ursal nahezu ohne Blutvergießen vonstatten gegangen ist, und es wäre überhaupt kein Blut geflossen, hätten alle Anwesenden einfach König Danubes persönliche Erklärung akzeptiert.«
»König Danube war Euer Freund, Herzog Monmouth«, sagte ein wohlhabender Kaufmann, der des Öfteren zu Besuch in Ursal weilte.
»Das war er in der Tat, und ich war stolz darauf, ihn einen solchen nennen zu dürfen.«
»War Prinz Midalis nicht ebenfalls Euer Freund?«, hakte der Kaufmann nach, was Aydrian schlagartig aufhorchen ließ. »Als er zusammen mit den Barbaren aus Alpinador die Reise in den Süden unternahm, um an Danubes und Jilseponies Hochzeit teilzunehmen, wart Ihr da nicht hocherfreut, ihn zu sehen? Seid Ihr nicht gleich am nächsten Morgen mit ihm fortgeritten?«
»Durchaus, Lord Breyerton«, räumte Monmouth ein. »Und ich nenne ihn auch jetzt noch einen Freund, sofern er, wenn er von dem Machtwechsel erfährt, die Wünsche seines toten Bruders respektiert, der damals König war. Ich gehe übrigens davon aus, dass er das tut.«
Das trug ihm mehr als nur ein paar skeptische Blicke ein, bemerkte Aydrian, Blicke, die durchaus nachvollziehbar waren. In der Tat hatte sich der junge König schon des Öfteren gefragt, ob er Monmouth wohl würde »ersetzen« müssen, womöglich ohne jede Rücksichtnahme. Deswegen hatte Aydrian Monmouth Treshay kurz vor seinem Abmarsch aus Ursal aufgesucht, nicht körperlich, sondern als Geist, und hatte ihm die zahlreichen Ehren vor Augen geführt, zu denen er es in Aydrians Schatten bringen könnte.
Und er hatte ihm das Grauen gezeigt, das ihn erwartete, sollte er aus diesem schützenden Schatten treten.
Lord Breyerton sah Aydrian direkt ins Gesicht, auf eine Weise, die nur als herausfordernd bezeichnet werden konnte, was etliche der anderen bewog, bestürzt die Augen aufzureißen. »Und wenn nicht?«, erkühnte sich der unerschrockene Lord zu fragen. »Wenn Prinz Midalis den Thron für sich selbst beansprucht?«
»Er hat keinen rechtmäßigen Anspruch darauf«, erwiderte Herzog Monmouth entschieden. »Er –«
»Es gibt keinen Thron, auf den er Anspruch erheben könnte«, warf Aydrian ein; es waren seine ersten Worte seit Beginn der Sitzung vor mehr als einer Stunde. »Der Thron des Bärenreiches ist besetzt. Das ist die ganze, schlichte Wahrheit. Wer Anspruch auf diesen Thron erhebt, der mir von meinem Stiefvater in seiner Weisheit überlassen wurde, gibt sich damit als Verräter an Krone und Reich zu erkennen und wird von den diesem Reich und dieser Krone dienenden Soldaten auch als solcher behandelt werden.«
»Prinz Midalis kann auf große Unterstützung im Volk zählen«, wagte Lord Breyerton trotzig einzuwenden, worauf die Blicke rings um den Tisch noch erstaunter wurden. Sogar vereinzeltes Keuchen war zu hören.
»Unterliegen die Geschicke des Bärenreiches jetzt etwa schon dem Willen des Volkes, Lord Breyerton?«, fragte Aydrian. »Wenn das Volk entschieden hätte, König Danube sei kein guter König, hätte es dann einfach einen Ersatz suchen und auf den Thron setzen können? Welch eine Anarchie ist das, der Ihr hier das Wort redet?«
»Ganz recht, was ist das für eine Verirrung?«, rief ein anderer aus der versammelten Runde.
»Es ist eine Frage, die man sich ehrlicherweise stellen sollte«, erklärte Lord Breyerton. »Falls es zum Krieg kommt –«
»Solltet Ihr genau abwägen, auf wessen Seite Ihr Euch schlagt«, fiel Aydrian ihm ins Wort. »Falls Prinz Midalis sich in seiner Verbitterung außerstande sieht, König Danubes Vision zu akzeptieren, und er sich wie ein Narr und Verräter aufführt, wird er den Zorn der Krone zu spüren bekommen. Seid versichert, bislang habt Ihr erst einen Bruchteil meiner Macht und meiner Armee zu sehen
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