Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
nächsten stehen«, fügte Belli’mar Juraviel hinzu, eine Feststellung, der weder Pony noch Dasslerond widersprechen mochten.
»Ihr solltet ihn fürchten«, warnte Dasslerond sie. »Seine wahre Bedeutung werdet Ihr erst begreifen, wenn es längst zu spät für Euch ist.«
»Für Euch, meint Ihr wohl«, widersprach Pony vorwurfsvoll.
Dasslerond ließ sich keine Regung anmerken, zuckte nicht mal mit der Wimper. »Kehrt zu Eurem Volk zurück«, sagte sie und hielt die Hand mit dem Smaragd darin vor sich in die Höhe. »Besiegt Euren Sohn zum Wohle der Menschheit, wenn schon nicht zum Wohle der Touel’alfar. Ja, vergesst sogar, dass es uns überhaupt gibt, Jilseponie, um Euer selbst willen –«
Die Stimme der Elfe wurde immer undeutlicher, bis sie schließlich zu verklingen begann, und Jilseponie spürte, wie es sie zurückzog – offenbar nach Dundalis. Trotzdem hielt sie ihren eigenen Stein in die Höhe – zu wütend, um es dabei bewenden zu lassen, zu erfüllt vom Hass auf diese sich geistig überlegen dünkende Herrscherin von Caer’alfar. Sie versenkte sich in den Hämatit, befreite ihren Geist und stürzte sich auf Dasslerond.
Fast hätte sie die Elfe mit ihrem ersten Angriff überwältigt und den eisernen Willen Lady Dassleronds gebrochen, der die Touel’alfar und ihr verwunschenes Tal seit Jahrhunderten zusammenhielt.
Doch dann, als sich Dasslerond in ihrem Schrecken abrupt zurückzog, verzerrten sich plötzlich die Entfernungen und das Bild der Landschaft fing an, sich zu drehen.
Als der wirbelnde Erdboden heranraste und sie zu verschlingen drohte, kam es Pony vor, als stürze sie aus großer Höhe in die Tiefe.
Dann war es plötzlich vorbei, und sie lag auf einem morastigen Feld in einer kalten Wasserpfütze. Unter Schmerzen stemmte sie sich auf die Knie hoch und sah sich um.
Sie befand sich in den Moorlanden, erkannte sie, der trostlosen, goblinverseuchten Ödnis im äußersten Westen von Dundalis. Sie sah sich nach allen Seiten um, wohl wissend, dass die beiden Elfen sie nicht begleitet hatten. Dasslerond hatte sich im Augenblick des Angriffs und der Verwirrung zurückgezogen – wahrscheinlich nach Andur’Blough Inninness.
Und Pony saß in dieser trostlosen und feindlichen Gegend fest – ganz auf sich allein gestellt, ohne Vorräte, ohne eine Waffe.
Sie sank nach hinten und schlug verzweifelt die nassen, lehmverschmierten Hände vors Gesicht.
17. Die Enthüllung des Drachen
Es brauchte schon den dumpfen Schlag des neben ihr landenden Pherol, um Brynn aus ihrem tranceartigen Zustand zu reißen. Der Anblick des kopflosen Körpers des vor ihr im Sand liegenden Yatol Bardoh war fast zu viel für Brynn. Dieses Bild, die Gewissheit, ihre Eltern endlich gerächt zu haben, rief die Erinnerung an ihre Kindertage in den Steppen To-gais zurück, eine Kindheit, deren Umstände keineswegs glücklich gewesen waren: Die behrenesischen Eroberer hatten sich als überaus brutal erwiesen, und ihre Eltern, beide im Widerstand gegen die Besatzer, waren fast ständig auf der Flucht. Immerhin, Brynns Eltern sorgten gut für sie, umhegten sie liebevoll und unterwiesen sie in den alten Sitten und Bräuchen. Sie brachten Brynn bei, dass es etwas gab, das größer war als sie, größer als sie alle zusammen, und dass sie ein Teil dessen waren und im Einklang mit der Erde, den Pflanzen und den Tieren lebten. In den wenigen Jahren, die ihnen zusammen mit ihr vergönnt waren, hatten sie ihr viel gegeben.
Und dann waren sie plötzlich nicht mehr da – ein Opfer der Bösartigkeit dieses Mannes, dieses kopflosen Leichnams, der hier vor ihr im Staub lag.
»Der Kampf ist immer noch im Gange«, rief eine Stimme. Brynn drehte sich um und sah Pagonel über die Düne hinter ihr klettern.
Als Brynn aufstand, um ihm entgegenzugehen, sah sie den Chezhou-Lei-Krieger im Sand sitzen und sich den Hals reiben. Verwirrt schüttelte sie den Kopf; sie war sicher, dass ihr Hieb ihn tödlich getroffen hatte. Aber dann fiel ihr die Erklärung ein, und sie sah zu ihrem Gefährten.
»Du hast ihn geheilt.«
»Er wird nicht noch einmal gegen uns kämpfen«, erklärte der Mystiker. »Hätte ich ihm erlauben sollen zu sterben?«
»Er hat versucht uns umzubringen.«
»Er hat seinen Herrn beschützt, so wie es sein Ehrenkodex verlangte.« Der Mystiker sah sich nach Bardohs Leiche um, was Brynn ebenfalls verleitete, dorthin zu blicken. »Jetzt benötigt sein Herr keinen Schutz mehr.«
Brynn dachte über die Bemerkung und die darin
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