Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
mit einer eingeflochtenen Feder verziert. Er trug einen ärmellosen Überwurf aus Rehhaut und hatte einen Lederriemen um seinen rechten Oberarm gebunden, der seine gewaltigen Muskeln noch betonte.
Sein Gesicht strahlte Kraft und Ernsthaftigkeit, geradezu Strenge aus, trotzdem ging ein Lächeln über seine Lippen, als er die Besucher gewahrte.
»Bruinhelde!«, begrüßte ihn Prinz Midalis. »Es ist so lange her, mein Bruder!«
Der hoch gewachsene Mann trat vor, um den Prinzen zu begrüßen. Erst gaben sie sich nur die Hand, doch dann zog der Barbar Midalis an sich und schloss ihn fest in die Arme. Allerdings, vom Erscheinen eines Behrenesers in Alpinador offenbar ebenso überrascht wie die übrigen Dorfbewohner, nicht ohne des Öfteren zu Al’u’met hinüberzusehen.
»Es war wohl nicht sonderlich schwer, uns zu finden, was?«, sagte der Hüne. »Wenn schon ein einfacher Südländer unseren Spuren folgen kann, sollten wir sie auf unseren Wanderungen wohl besser verwischen.«
»Das war nur möglich, weil dieser Südländer von Andacanavar aus dem Norden ausgebildet wurde«, beeilte sich Prinz Midalis zu erwidern, worauf das Lächeln im Gesicht des Barbaren noch ein wenig breiter wurde. »Wo steckt unser Freund eigentlich in diesen Tagen?«
»Er bereist die Nordlande«, erwiderte Bruinhelde und hielt dann abrupt inne. »Verzeiht«, bat er, machte eine halbe Körperdrehung und deutete mit einer einladenden Handbewegung auf sein Zelt. »Seid meine Gäste. Wir werden ausgiebig speisen und uns einen ordentlichen Schluck Met genehmigen.«
Prinz Midalis nahm mit einem Nicken an und bedeutete seinen Freunden, ihm ins Zelt zu folgen; nacheinander tauchten sie unter dem Zelteingang aus Rehhaut hindurch. Obwohl Bruinhelde der Anführer sämtlicher Stämme des südlichen Alpinadors war, war das Zelt, was Luxus oder Zierrat betraf, eher bescheiden eingerichtet. Allerdings gab es einen reichlichen Vorrat an bequemen Fellen, und es dauerte nicht lange, bis Bruinheldes Gehilfen sein Versprechen wahr machten und große Platten mit Speisen und mit starkem alpinadoranischem Met gefüllte Schläuche brachten.
»Abt Haney kennt Ihr ja«, begann Prinz Midalis, worauf der Anführer der Barbaren nickte und ihm einen herzlichen Blick zuwarf. »Außerdem möchte ich Euch Kapitän Al’u’met von der Saudi Jacintha vorstellen, einem Handelsschiff, dessen Heimathafen die prächtige Stadt Palmaris ist.«
»Genießt die Annehmlichkeiten meines Volkes«, erwiderte der Barbar höflich. »Ihr hattet einen weiten Weg vom Wasser bis hierher. Trotzdem erinnere ich mich an Euch, von der Hochzeit zwischen König Danube und Jilseponie.«
Al’u’met, sichtlich beeindruckt, machte eine leichte Verbeugung.
»Kapitän Al’u’met hat mich aufgesucht, um mir eine überaus beunruhigende Nachricht zu bestätigen, mein Freund«, erklärte Prinz Midalis. »Die Nachricht vom Tod meines Bruders.«
»Das schneidet mir ins Herz«, erwiderte der Barbar mit einem ernsten Blick zu Midalis. »Ich habe König Danube zu meinen Freunden gezählt.«
»Das ist noch nicht alles«, begann Prinz Midalis mit einem kurzen Seitenblick auf den Kapitän, der mit den Nachrichten über Aydrian Boudabras und Marcalo De’Unnero nach Vanguard gesegelt war. »Und ich fürchte, dies wird Euch ebenfalls ins Herz schneiden. Wir sind zu Euch gekommen, weil Euer Volk unbedingt wissen muss, was sich im Königreich im Süden tut. Wir haben Euch aufgesucht, weil wir bezweifeln, dass der Hochstapler auf dem Thron des Bärenreiches die Grenzen unserer Länder respektieren wird.«
»Ein Hochstapler auf dem Thron?«, wiederholte Bruinhelde, sein Ton eine Mischung aus Verblüffung und Verärgerung. »Aber was ist mit Jilseponie? Und mit Euch selbst?«
Der Prinz wandte sich an Al’u’met und gab ihm ein Zeichen, er möge beginnen, worauf der Kapitän die Geschichte der Ereignisse in den Südlanden noch einmal in allen Einzelheiten erzählte.
Über zwei Stunden lauschte Bruinhelde in gespannter Aufmerksamkeit, und als Al’u’met endete, saß der alpinadoranische Anführer lange Zeit schweigend da, um das Gehörte zu verdauen. »Welche Forderung stellt Ihr an unsere Freundschaft?«, wandte er sich schließlich an Midalis.
Der Prinz sah zu seinen beiden Freunden und dann wieder zu Bruinhelde; schon sein Blick verriet seine aufrichtige Dankbarkeit gegenüber diesem großen Kriegerführer, weil dieser sich überhaupt dazu herabließ, diese Frage zu stellen.
Das Problem war nur, dass
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