Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
die Kraft zu rauben und sie auf das Pferd zu übertragen; und Symphony ist dafür überaus empfänglich.«
»Dann also zwei Wochen«, räumte De’Unnero ein.
»Vorausgesetzt, ich werde wirklich gebraucht; ich hoffe aber, so weit wird es gar nicht kommen.«
»Wenn Ihr geht, dann in dem Wissen, dass wir die Lage in Westerhonce vollkommen unter Kontrolle haben«, sagte der Mönch. »Die beiden Städte im Norden werden in Kürze in Kalas Hände fallen, und anschließend wird er weiter nach Westen vorstoßen und das gesamte Land in seine Gewalt bringen.«
Aydrian nickte, und damit wandte De’Unnero sich zum Gehen. Ihm stand mit der Vernehmung der gefangen genommenen Ordensbrüder von St. Precious noch immer einiges an Arbeit bevor. Mehrere von ihnen hatten durchblicken lassen, sie seien möglicherweise bereit zu konvertieren, die meisten aber hatten sich, wie nicht anders zu erwarten, hartnäckig geweigert.
»Wenn ich nach Jacintha reite, werdet Ihr mich nicht begleiten können«, sagte Aydrian unvermittelt.
De’Unnero wandte sich um und betrachtete den jungen König misstrauisch, vor allem wegen seines überraschenden Tons.
»Ich werde auf keinen Fall zulassen, dass Herzog Kalas mit einer solchen Streitmacht alleine hier zurückbleibt«, sagte Aydrian; eine Erklärung, die ebenso logisch wie letztendlich wenig überzeugend war.
»Ich verspüre nicht den geringsten Wunsch, irgendwo anders hin zu reisen als nach Osten«, versicherte ihm De’Unnero. »Und zwar bis vor die Tore von St. Mere-Abelle, wo ich meinen Orden und meine Kirche im Namen St. Abelles zurückverlangen werde.«
Aydrian pflichtete ihm mit einem weiteren Nicken bei, doch als De’Unnero sich abermals zum Gehen wandte, überraschte er den Mönch erneut, indem er hinzusetzte: »Ich sähe es allerdings sehr gerne, wenn Sadye mich begleiten würde.«
Das unverblümte Ansinnen ließ De’Unnero auf der Stelle erstarren. Es folgte eine Stille, in der er sämtliche Blicke, die er Sadye Aydrian in den letzten Tagen – nein, schon während der letzten Wochen – hatte schenken sehen, noch einmal Revue passieren ließ. Sadye stand Aydrian altersmäßig viel näher, und sofort wurde ihm klar, was die Aufmerksamkeit der Bardin am ehesten geweckt, was auf sie den größten Reiz ausgeübt haben musste. Sie war vernarrt in Macht und liebte die Gefahr. Sie hatte De’Unnero vor allem wegen des ungeheuren Reizes, den die Beschäftigung mit einer so gefährlichen Kreatur wie dem Wertiger bot, mit offenen Armen aufgenommen. Wenn das bei ihr Voraussetzung für sinnliche Begierden war, wie sollte sich jemand wie Sadye dann nicht zu Aydrian Boudabras hingezogen fühlen? Er war jung und gut aussehend und einer der stärksten Krieger der Welt. Er war der König, dessen Machtbereich schon bald die gesamte bekannte Welt umfassen würde. Und er war gefährlich; ja, das hatte De’Unnero jetzt in aller Deutlichkeit erkannt. Aydrian war ein überaus gefährlicher junger Mann, dessen Selbstvertrauen mit jedem Tag wuchs.
Der Mönch wandte sich langsam um, um seinen Verbündeten zu betrachten, der einst – wenn auch längst nicht mehr sein Schüler gewesen war.
»Ihr wollt, dass Sadye mich verlässt, um Euch zu begleiten?«
»So ist es.« Es klang so einfach, als sei es längst beschlossene Sache.
De’Unnero wollte einen Streit zu diesem Zeitpunkt um jeden Preis vermeiden. »Ich kann unmöglich auf Euer beider Gesellschaft verzichten«, sagte er. »Immerhin gibt es das kleine Problem des Wertigers, das bedacht sein will.«
»Ich kann Euch die vollkommene Beherrschung der Bestie garantieren«, versprach Aydrian.
De’Unneros Augen verengten sich skeptisch.
»Aber gewiss«, versuchte Aydrian seine Zweifel auszuräumen. »Ich weiß Eure menschliche Natur zu finden, deshalb kann ich die Bestie in Eurem Innern jederzeit in ihre Schranken weisen. Ich könnte Euch zeigen, wie es gemacht wird, und Euch gleichzeitig beibringen, wie man mit Hilfe der Edelsteine das gewünschte Niveau innerer Ausgeglichenheit erzeugt.«
De’Unnero erwiderte nichts.
»Ich biete Euch die Freiheit«, fügte Aydrian nach einer längeren Pause hinzu, als noch immer keine Reaktion des völlig verblüfften Mönchs erfolgte. »Ich biete Euch die Unabhängigkeit von mir.«
Noch immer erwiderte De’Unnero nichts.
»Irgendwann musste es doch einmal so weit kommen, meint Ihr nicht?«, fragte Aydrian. »Schließlich kann ich, wenn die Abtei erst erobert ist, nicht bei Euch in St. Mere-Abelle
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