Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
gelassen sitzen geblieben, die Arme noch immer vor seiner muskulösen Brust verschränkt. Bedächtig, ohne auch nur ein einziges Mal zu blinzeln oder Aydrian aus den Augen zu lassen, löste er seine Arme und begann, langsam in die Hände zu klatschen.
»Ihr habt sie abgefertigt, als ob sie kleine Kinder wären«, sagte er anerkennend. »Und das, obwohl die meisten bereits länger eine Machtstellung innehaben, als Ihr lebt. Verratet mir eins, mein einstiger Schüler, wo habt Ihr diese Art von Politik gelernt?«
Aydrian zuckte kaum merklich mit den Schultern. »Es hat viel mit Selbstvertrauen zu tun, mein Freund.«
»Seid Ihr so sicher, dass Ihr ihnen überlegen seid?«
»Mehr, als sie sich in ihren kühnsten Träumen vorzustellen vermögen«, erwiderte Aydrian. »Wie Ihr sehr wohl wisst. Wenn ich sie wie Kinder behandle, dann deswegen, weil sie es verglichen mit mir sind.«
De’Unneros Gesicht bekam einen leicht ungläubigen Zug. »Ihr seid wirklich bemerkenswert.«
»Mehr, als Ihr ahnt.«
De’Unnero hielt inne und sah einen Moment weg, dann lachte er amüsiert und wandte sich wieder um. »Ihr wollt allen Ernstes gegen Lady Dasslerond und ihre Elfenbande in den Krieg ziehen?«
»Dieses Ziel erscheint mir ebenso erstrebenswert wie Euch St. Mere-Abelle. Außerdem ist es erheblich leichter zu erreichen.«
De’Unneros Gesicht wurde ernst. »Unterschätzt das kleine Völkchen nicht«, warnte er. »Schließlich waren sie es, die Eurem Vater zum Aufstieg verholfen haben. Sie waren es, die den Niedergang Markwarts und der ehemaligen abellikanischen Kirche ermöglicht haben. Das ist keine geringe Leistung.«
»Wenn sie aus dem Dunkeln heraus operieren kann, verfügt Lady Dasslerond fraglos über große Macht«, gab Aydrian ihm Recht. »Aber ich habe die Absicht, dieses Dunkel mit Feuer zu erhellen. Sie wird gegen mich nicht bestehen können – es ist nicht unsere erste Begegnung, und schon damals, als ich noch viel jünger und unerfahrener war, hat nicht Dasslerond den Sieg davongetragen.«
»Ich sollte Euch begleiten«, sagte De’Unnero, doch die absehbaren Worte waren noch nicht ganz über seine Lippen gedrungen, da schüttelte Aydrian bereits den Kopf.
»So groß ist unsere Macht über St. Precious nicht. Zudem dürfte es sich als erheblich wertvoller für uns erweisen, die Ordensbrüder zu bekehren, als sie einfach umzubringen.«
»Dann wartet doch bis zum Frühjahr oder bis zum nächsten Sommer, wenn das ganze Königreich in Eurer Hand ist.«
»Ihr glaubt, Lady Dasslerond wird sich nicht in unseren Eroberungsfeldzug einmischen? Ihr ahnt ja nicht, wie groß ihr Hass auf mich ist – und ihre Angst vor mir. Sie weiß, dass ich sie angreifen werde. Ebenso wie die Mönche von St. Mere-Abelle wissen, dass die an Euch verübten Verbrechen Euch zu ihnen führen werden – und zwar an der Spitze einer Armee, die groß genug ist, sie zu vernichten. Wenn wir auf Dasslerond warten, wird sie nur um ein Vielfaches gefährlicher werden.«
»Für eine Streitmacht dieser Größe ist das Überwintern in den Wilderlanden keine Kleinigkeit.«
»Aus diesem Grund nehme ich auch keine zwanzigtausend Mann mit«, sagte Aydrian. »Ich vermag Andur’Blough Inninness und Lady Dasslerond bestens einzuschätzen. Vierhundert werden genügen. Drei Monate später werde ich zu Euch zurückkehren«, erklärte Aydrian, als er den Eindruck hatte, De’Unnero seien die Einwände ausgegangen. »Die Gefahr im Westen wird dann nicht mehr existieren. Wenn Herzog Kalas’ Vormarsch quer durch die Südlande erfolgreich ist, liegen wir hervorragend im Plan. Anschließend können wir uns dann eingehender mit Midalis befassen. Ist diese Unannehmlichkeit erst ausgeräumt, werden wir unser Augenmerk auf das wichtigste Ziel von allen richten.«
»Während Abt Olin mit der Eroberung Behrens fortfährt«, sagte De’Unnero. »Und unsere Kommandanten in Vanguard – vielleicht sogar der eifrige DePaunch – die Schlachtpläne für die Einnahme Alpinadors entwerfen. Und was dann, mein ehemaliger Schüler? Sollen wir dann etwa zu den Wetterinseln segeln und auch noch die Pauris unterwerfen?«
Der Vorschlag war sarkastisch gemeint, doch Aydrian bedachte ihn mit einem Blick, der zeigen sollte, dass die Möglichkeit ihn durchaus faszinierte.
»Jedenfalls sollten wir Brynn Dharielle nicht außer Acht lassen, diesen Drachen von To-gai, der Behren erst in dieses Chaos gestürzt hat«, fuhr De’Unnero fort.
»Worauf wollt Ihr hinaus?«, fragte Aydrian.
Weitere Kostenlose Bücher