Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
ehe sie augenzwinkernd hinzufügte: »Außerdem wollte ich schon immer mal Jacintha sehen.«
»Wenn es uns gelingt, Verhandlungen mit Herzog Bretherford aufzunehmen und ihn auf unsere Seite zu ziehen, um sicherzustellen, dass Abt Olin in Jacintha besiegt wird, wäre das bereits ein großer Erfolg«, betonte Juraviel. »Läuft Herzog Bretherford über, kontrolliert Ihr, Herzog Midalis, die Seewege. Das würde Aydrian eine Bestimmung Eures Standortes erheblich erschweren.«
»Aber in diesem Fall könnte er ungehindert nach Vanguard marschieren«, gab der Prinz zu bedenken.
»Und Ihr könntet mit Euren Seestreitkräften irgendwo an der langen Küste des Bärenreiches an Land gehen und nach und nach seine Versorgungsstützpunkte zerstören«, erwiderte Juraviel.
»Wenn es uns gelingt, die unbestrittene Seeherrschaft zu erlangen, wären wir in einer erheblich stärkeren Position«, pflichtete Pony ihm bei.
Prinz Midalis sah sie an, eine stumme Bitte in den Augen. Vor langer Zeit, auf dem Berg Aida, hatte sie sein Vertrauen gewonnen, und nun war er abermals gezwungen, ihr zu vertrauen. Sie schenkte ihm ein freundliches Lächeln und nickte ihm entschlossen zu.
»Also dann, auf in den Mirianischen Ozean«, verkündete der Prinz. »Richtet Kapitän Al’u’met aus, er soll die Schiffe zum Auslaufen bereitmachen.«
Wenig später begleitete Pony Prinz Midalis zu Bruinheldes Zelt im alpinadoranischen Lager nordöstlich von Pireth Vanguard. Die beiden – wie auch Andacanavar, der ebenfalls an dem Treffen teilnahm – waren nicht wenig überrascht, als der Anführer der Alpinadoraner verkündete, er teile die Hoffnung des Prinzen auf einen großen Sieg und werde ihn auf seiner Fahrt in den Süden begleiten.
Als sie später am selben Tag wieder nach Pireth Vanguard zurückritten, sagte Pony zu dem Prinzen: »Ihr habt die Saat des Vertrauens und der Freundschaft gesät.«
»Die bereits jetzt größere Früchte trägt, als ich mir jemals hätte träumen lassen«, erwiderte Midalis.
»Weil Ihr es aufrichtig und ohne Hintergedanken getan habt«, erklärte Pony. »Bruinhelde weiß, dass Ihr ihn in aufrichtiger Freundschaft und zum Wohle Eurer beiden Völker aufgesucht habt. Dass er gute Gründe hat, das Angebot Eurer Freundschaft anzunehmen, konnte er schon damals feststellen, als er Euch zum Berg Aida begleitete. Deshalb ist er jetzt auch bereit, Euch abermals beizustehen.«
»Bis nach Behren«, erwiderte Midalis mit einem hilflosen Lachen.
»Bis nach Behren«, wiederholte Pony.
18. Ein kalter Gegenwind
»Damals, als wir das letzte Mal die Tore dieser Stadt passierten, hatten wir noch gar keine rechte Vorstellung, wie rasch wir zu dieser ungeahnten Größe aufsteigen würden«, sagte Aydrian triumphierend zu De’Unnero und Sadye, als die beiden neben Herzog Kalas in die Stadt Entel einritten. Der Ritt quer durch das Bärenreich war ohne Zwischenfälle und überaus zufrieden stellend verlaufen. Im ganzen Land hatte die Bevölkerung die Straßen gesäumt, um ihrem neuen König zuzujubeln. Aydrian war dieser Beweis für den Einfluss und die Macht des Herzogs nicht verborgen geblieben, immerhin hatte Kalas den gesamten Süden des Königreiches in Aydrians Namen gesichert – mit gerade mal zwei erwähnenswerten Ausnahmen: Pireth Tulme im Norden, das Herzog Kalas’ Armeen in diesem Augenblick zu überfallen im Begriff waren, sowie St. Mere-Abelle im Nordwesten.
Der Abstecher nach Entel war Kalas’ Idee gewesen und diente im Wesentlichen dazu, festzustellen, wie Abt Olin im Süden vorankam, und sicherzustellen, dass die prächtige Stadt, bevölkerungsreicher sogar als Palmaris, in Abt Olins Abwesenheit fest in ihrer Hand blieb. Die abellikanische Kirche war dort stets stark gewesen, wenn auch in zwei sehr unterschiedliche Lager aufgespalten: Die große Abtei St. Bondabruce hatte unter Abt Olin lange an dessen Vorliebe für Behren festgehalten, die kleinere und ältere Abtei St. Rontlemore dagegen hatte eher die Freundschaft zum Hause Ursal gepflegt.
Herzog Kalas hatte befürchtet, St. Rontlemore könnte Olins Abwesenheit dazu benutzen, in Entel besser Fuß zu fassen, doch falls dies zutraf, so deutete der stürmische Empfang, den man König Aydrian bereitete, nicht eben darauf hin. Tausende von Menschen drängten sich auf den Straßen, die ganze Stadt, so schien es, schwenkte, wie mittlerweile zur Begrüßung des jungen Königs üblich, rote Tücher. Sämtliche offiziellen Fahnen, die über den wichtigsten Machtzentren,
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