Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
ihn.«
Brynn hätte keine Sekunde daran gezweifelt.
»Ich werde Euch bald abholen kommen, in ein oder zwei Wochen etwa«, wandte sie sich schließlich an Yatol De Hamman. »Sobald ich unser Treffen mit Aydrian vereinbart habe.«
Anschließend verabschiedete sie sich, verließ mit ihren Begleitern den Palast und durchquerte noch einmal die arg in Mitleidenschaft gezogene Stadt. Wieder zurück in der Nähe der Vorberge des Großen Gürtels, stießen sie auf Belli’mar Juraviel.
»Werdet Ihr nun mit Prinz Midalis und Jilseponie segeln?«, erkundigte sich der Elf hoffnungsvoll.
»Unser Krieg gegen Aydrian ist beendet«, antwortete Brynn. »Es sei denn, er wirft noch einmal ein Auge auf die Länder im Süden.«
Alle Umstehenden spürten sofort, dass die überraschende Erklärung sich wie eine schwere Last auf Juraviels schmale Schultern legte. Der Elf sprang unvermittelt vor und sah Brynn eindringlich an. »Er wird ganz sicher wieder in den Süden einmarschieren!«, rief er. »Falls Aydrian Prinz Midalis besiegt, wird er mit einer Streitmacht in den Süden einfallen, die um ein Vielfaches größer ist als jene, die mit Abt Olin hierher kam. Er ist fest entschlossen, die ganze Welt zu erobern – kannst du das nicht begreifen?«
»Seine Leute werden sich sehr weit in die Fremde wagen müssen, falls er tatsächlich die Absicht hat, To-gai anzugreifen«, antwortete Brynn. »Zu weit, um einen Feldzug zu unternehmen – sogar für einen Mann wie Aydrian, möchte ich vermuten.«
»Das ist ein riskantes Spiel.«
»Nicht riskanter, als alle meine Krieger aus meinem Land abzuziehen, um Aydrian quer durch sein Heimatland zu jagen«, erwiderte Brynn. Sie wollte sich schon zu Pagonel umdrehen, besann sich dann aber anders und konzentrierte sich stattdessen ganz auf Juraviel. Sie hatte ihre Empfindungen diesen Punkt betreffend bereits mit dem Mystiker durchgesprochen – es gab keinen Grund, die Verantwortung für ihr Tun auf jemand anderen abzuwälzen.
»Die Behreneser werden sich vermutlich in ihre einstigen Stämme aufspalten, die in großer Zahl durch das Wüstengebiet in der Nähe der Grenze zu To-gai streifen«, erklärte sie. »Sobald sich ihnen eine Gelegenheit bietet, in unser Land einzufallen, werden sie es sicher tun. Ich habe weder die Absicht, ihnen diese Gelegenheit zu geben, noch werde ich Yatol Wadon Hoffnungen machen, er könne Behren ein weiteres Mal einen und erfolgreich gegen eine nur unzureichend gesicherte Stadt Dharyan-Dharielle marschieren.«
»Ohne deine Hilfe wird Prinz Midalis sich vermutlich nicht durchsetzen können«, wandte Juraviel ein.
Brynn antwortete nicht.
»Ist dir das etwa gleichgültig?«, sagte der Elf vorwurfsvoll – und so verärgert, wie Brynn ihn noch nie zuvor gehört hatte. »Ist es dir egal, dass Aydrian Lady Dassleronds Tod auf dem Gewissen hat? Ist es dir egal, dass Andur’Blough Inninness für die Welt verloren ist?«
Die Vorwürfe kränkten Brynn zutiefst. Noch nie hatte sie sich innerlich so zerrissen gefühlt. Selbstverständlich war ihr das alles nicht egal, nicht im Mindesten. Aber sie wusste auch, dass es hier nicht um ihre Person ging – das hatte ihr Pagonel beigebracht, das hatten ihre Erfahrungen sie gelehrt.
Ganz gleich, welche Entscheidungen sie traf, ihre persönlichen Wünsche durften dabei keine Rolle spielen, denn sonst wäre sie nicht besser als Aydrian. Sie war die Führerin der To-gai-ru. Ein ganzes Volk stolzer Menschen zählte auf sie und vertraute darauf, dass sie in seinem Interesse die bestmöglichen Entscheidungen traf.
Und dieses Vertrauen wollte sie auf keinen Fall enttäuschen. Ließe sie ihre Krieger an Bord der Schiffe bringen und in Entel an Land gehen, um gegen Aydrian zu kämpfen, wäre ihre Heimat den unmittelbaren Gefahren schutzlos ausgeliefert, und das durfte sie auf keinen Fall zulassen.
»Ich will, dass du Aydrian eine Nachricht zukommen lässt«, sagte sie zu dem Elfen. »Ich möchte mich, zusammen mit einem Abgesandten von Yatol Mado Wadon, in drei Wochen mit ihm zu einer offiziellen Unterredung in Entel treffen. Unterrichte Aydrian bitte auch, dass Abt Olin zurückgeschlagen wurde.«
Belli’mar verharrte vollkommen regungslos und starrte sie an.
»Könntest du das tun?«, fragte Brynn.
Der Elf sah zu Pagonel, schließlich an diesem vorbei zu Tanalk Grenk, der, die muskulösen Arme vor der Brust verschränkt, eine finstere Miene aufgesetzt hatte.
Brynn war es schließlich, die auf seine unausgesprochene Bitte
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