Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
ganzen Körper und machte den Eindruck, als könnte er jeden Augenblick in Tränen ausbrechen. Zu seiner Ehre sei gesagt, dass es ihm gelang, den Drang zu unterdrücken.
»Abt Olin liegt in Ketten«, erklärte er.
Brynn nickte.
»Die Krieger des Bärenreiches haben derzeit keinerlei Einfluss auf die Geschehnisse in Jacintha und Behren«, fuhr Yatol Wadon fort und drehte sich dabei zu Prinz Midalis, der ihm, nachdem man ihm die Worte übersetzt hatte, mit seinem Nicken beipflichtete.
Prinz Midalis wandte sich an Brynn, den Drachen von To-gai. »Es gibt viel zu tun in unserem Land«, erklärte er. »Daher wäre mir ein Bündnis mit To-gai höchst willkommen.«
Brynn fühlte sich durch seinen Vorschlag ein wenig überfordert und wandte sich auf der Suche nach Unterstützung an Pagonel. Im Grunde ihres Herzens wusste sie natürlich, wie gefährlich Aydrian war und dass man ihm Einhalt gebieten musste. Aber wie sollte To-gai bei einer Auseinandersetzung im Norden des Gebirges helfen? Sie konnte es sich schlecht leisten, ihre Krieger auf eine so gefährliche Mission zu schicken, solange in ganz Behren ein derartiges Chaos herrschte.
»Was ich Euch anbieten kann, ist meine Freundschaft, Prinz Midalis«, erklärte sie. »Wenn Ihr Euren Thron zurückerobert habt, werden unsere Völker möglicherweise eine Zeit mannigfaltiger gemeinsamer Interessen und regen Handels erleben. Aber mit Eurem Krieg hat To-gai nichts zu schaffen. Eins sollt Ihr jedoch wissen: Falls Euer Todfeind Aydrian, den ich persönlich kenne, noch einmal mit der Absicht, das Land zu erobern, nach Behren zurückkehrt, wird mein Volk ihn mit allen Mitteln bekämpfen.«
Prinz Midalis war die Enttäuschung deutlich anzumerken, nachdem man ihm die Worte übersetzt hatte – trotzdem nickte er und verbeugte sich zum Zeichen, dass er ihre Haltung akzeptierte.
Dann überraschte Brynn alle Anwesenden – insbesondere Yatol Wadon –, indem sie ihnen eröffnete: »Des Weiteren beabsichtige ich, mit Yatol Wadon nach Entel zu reisen, um dort mit Aydrian zusammenzutreffen. Ich möchte meinen alten Gefährten wiedersehen und ihm in aller Deutlichkeit zu verstehen geben, dass ich seine Handlungsweise nicht billige. Ihr könnt unbesorgt sein, Prinz Midalis, denn über einen Nichtangriffspakt zwischen unseren beiden Königreichen hinaus werden dabei keine Vereinbarungen getroffen werden.«
»Ich kann mich nicht erinnern, einem solchen Treffen zugestimmt zu haben!«, protestierte Yatol Wadon. »Ihr verlangt allen Ernstes von mir, Jacintha in diesen schweren Zeiten zu verlassen?«
»Schickt einen Unterhändler, wenn es nicht anders geht. Vielleicht Yatol De Hamman«, erwiderte Brynn. »Wir müssen unbedingt mit diesem wankelmütigen jungen Mann sprechen. Pagonel wird mich dabei begleiten – somit wäre auf Pherols Rücken noch Platz für einen weiteren Passagier.«
Der Vorschlag, er solle auf dem Rücken des Drachen reiten, ließ Yatol Wadon noch tiefer in seinem Thron versinken. »Nun gut, dann also Yatol De Hamman«, entschied er mit belegter Stimme, worauf De Hamman trocken schluckte.
Brynn wandte sich erneut an Midalis. »Ihr werdet wieder in See stechen?«
»Sobald wir uns davon überzeugt haben, dass Jacintha wieder sicher ist und Aydrians Soldaten die Stadt verlassen haben«, bestätigte der Prinz. »Yatol Wadon wird uns freundlicherweise mit Vorräten versorgen. Schließlich sind wir nur aus einem einzigen Grund hergekommen: um ein von Aydrian begangenes Unrecht wieder gutzumachen.«
Brynn wusste natürlich, dass er sich mit seinen diplomatischen Äußerungen eine günstige Position verschaffen wollte. Prinz Midalis war so klug gewesen, die Gelegenheit, sich dem Angriff auf den Schwachpunkt seines Gegners anzuschließen, beim Schopf zu packen. Sie ließ sich nach außen hin jedoch nichts anmerken, unterdrückte ein Schmunzeln und enthielt sich auch sonst jeder Reaktion. »Dann wünsche ich Euch viel Glück beim Erreichen Eurer Ziele«, sagte sie, ging zu ihm hinüber und reichte Midalis und schließlich auch Pony die Hand.
Als sie auch Andacanavar ihre Hand anbieten wollte, zog der hünenhafte Mann sie unvermittelt an sich und umarmte sie herzlich.
»Ihr wisst, was Aydrian Lady Dasslerond und ihrem Volk angetan hat?«, raunte der barbarische Hüter ihr zu, während er sie in den Armen hielt.
»Ja.«
»Nehmt Euch vor diesem Aydrian in Acht, wenn Ihr mit ihm verhandelt«, warnte Andacanavar. »Es gibt auf der ganzen Welt keinen gefährlicheren Mann als
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