Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
einer Gruppe mehrerer anderer Männer und Frauen aus dem Bärenreich, aus der vor allem eine Person herausragte – Prinz Midalis, vermutete Brynn.
Was die neben ihm stehende Frau betraf, so war Brynn nicht auf Vermutungen angewiesen. Sie kannte Aydrians Gesichtszüge, seine Augen und die vollen Lippen, daher wusste sie sofort, dass dies die berühmte Jilseponie war – seine Mutter, die Gemahlin Nachtvogels und später Danubes.
Hinter Prinz Midalis und Jilseponie standen zwei hoch gewachsene Männer, offenkundig Alpinadoraner.
Unmittelbar hinter der Schwelle blieb Brynn kurz stehen, um Nesty einem ihrer Begleiter zu überlassen, dann traten sie, Pagonel und Tanalk Grenk vor. Wie es das Protokoll verlangte, hielt sie zunächst auf Yatol Wadon zu, da er der Hausherr war, doch dann besann sie sich anders, ging direkt auf Jilseponie zu und entbot ihr eine tiefe, höfliche Verbeugung.
»Ich habe viel von Euch gehört, Lady Jilseponie«, sagte sie, worauf Pagonel sofort an ihre Seite eilte, um zu übersetzen. Gleich darauf wandte er sich ihren Begleitern zu, um auch für die Alpinadoraner zu übersetzen, die ihn jedoch mit der Versicherung unterbrachen, sie seien der Sprache des Bärenreiches mächtig.
»Gibt es überhaupt eine Sprache, die du nicht beherrschst?«, fragte Brynn den Mystiker.
»An meinem Elfisch arbeite ich noch«, erwiderte Pagonel. »Und mein Pauri ist längst nicht so gut, wie es sein sollte.«
»Eure Heldentaten sind schon jetzt im Begriff, über alle Grenzen hinweg zur Legende zu werden«, erwiderte Pony, und wieder übersetzte Pagonel. Pony drehte sich zur Seite und bat einen der hünenhaften Alpinadoraner, einen erheblich älteren Mann, vorzukommen und vor Brynn hinzutreten.
»Ich biete Euch, Hüterin aus To-gai, aus tiefster Seele und von ganzem Herzen mein Schwert«, sagte Andacanavar in perfektem Elfisch – sehr zum Erstaunen Brynns, die ihn mit ihren hellbraunen Augen verwundert musterte.
»Andacanavar aus Alpinador?«, fragte sie.
»Allerdings, der bin ich«, antwortete er. »Es ist mir eine Ehre, Euch kennen zu lernen.« Er machte eine tiefe Verbeugung, ergriff ihre Hand und küsste sie auf den Handrücken, bevor er sich wieder zu seiner vollen Größe von weit über zwei Metern aufrichtete.
Brynn hatte das Gefühl, als bliebe ihr die Luft weg – dabei musste normalerweise schon eine Menge passieren, um die junge Hüterin, die so viel von der Welt gesehen hatte, die einem Drachen begegnet war und einen mächtigen Gegner besiegt hatte, zu erschüttern.
Yatol Wadon, sichtlich ungeduldig, räusperte sich geräuschvoll und lenkte damit die Aufmerksamkeit aller auf sich. »Könnten wir vielleicht auf den Austausch von Höflichkeiten verzichten?«, fragte er in scharfem Ton.
»Wir sollen auf Höflichkeit verzichten?«, fragte Brynn zurück. »Sind wir nicht unter Freunden?«
»Das dachte ich auch«, entgegnete Yatol Wadon. »Bis Euer Spion von den Jhesta Tu mich derart hinters Licht geführt hat.«
Brynn sah zu Pagonel, der jedoch nur eine knappe Verbeugung andeutete. Offenbar sah er keine Veranlassung, seine Beteiligung an der Geschichte zu verhehlen.
»Ich hätte ihn auf der Stelle umbringen sollen!«, schrie Wadon und beugte sich auf seinem Thron nach vorn. Die den Saal säumenden Wachen strafften die Schultern und packten ihre Waffen fester.
»Ich wäre bei Euch, ehe Eure Wachen auch nur in unsere Nähe gelangten«, warnte Brynn. »Obwohl Pagonel Euch vermutlich noch vor mir an die Kehle gehen würde.«
Pherol, der an der Tür zurückgeblieben war, schnaubte zornig und stieß eine Stichflamme aus, die über die Fliesen des prachtvollen Fußbodens züngelte, was sämtliche Soldaten erschrocken die Köpfe einziehen ließ.
Yatol Wadon lehnte sich wieder zurück.
Brynn wandte sich zur Tür und nickte einem ihrer Soldaten zu, der daraufhin Yatol De Hamman in den Saal zog und ihn vor sich herschob. Der Yatol straffte die Schultern und versuchte durch Abklopfen seiner Kleidung seine Würde wenigstens teilweise wiederherzustellen, dann kam er nach vorn und verbeugte sich vor Wadon.
»Würde ich nur einen Moment glauben, dass Yatol De Hamman bei seinem Angriff auf meine Stadt auf Euren Befehl und nicht auf den von Abt Olin gehandelt hat, dann würde das Blutbad in Jacintha jetzt erst richtig beginnen«, versicherte Brynn Wadon. »Aber hütet Euch davor, meine Gutmütigkeit zu missbrauchen.«
Wadon schien darauf noch tiefer in seinem mächtigen Thron zu versinken. Er zitterte am
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