Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
Brynn sich zu dem Mann mittleren Alters umwandte, der neben ihrem Thron stand, und ihm etwas zuflüsterte – offenbar die Übersetzung.
»Ich hatte angenommen, die Lage in Eurem Königreich sei sicher«, fuhr der Elf fort, als sie sich ihm wieder zuwandte. »Aber zu meiner Überraschung sehe ich eine Armee vor Euren Toren stehen.«
»Das ist eine lange und verwickelte Geschichte«, erwiderte Brynn. »Eine, die Euch betrifft – oder auch nicht, je nachdem, aus welchem Grund Ihr diese weite Reise unternommen habt.«
»Ich bin gekommen, um Euch Nachrichten aus den Ländern nördlich des Gebirges zu überbringen«, erklärte der Elf. »In der Zwischenzeit ist viel geschehen.«
Brynn übersetzte rasch für Pagonel, dann forderte sie Lozan Duk auf fortzufahren.
»Euer Freund Aydrian hat den Thron des Königreiches im Norden an sich gerissen«, berichtete Lozan Duk.
»Das ist mir bereits bekannt. Jetzt streckt er seine Finger auch schon nach unserem Nachbarland Behren aus, indem er ganz offen und in vermeintlich freundlicher Absicht dort einmarschiert, obwohl er, wie ich fürchte, in Wirklichkeit als Eroberer kommt.«
»Dann lasst Euch sagen, dass Eure Befürchtungen berechtigt sind«, erklärte der Elf. »Aydrian hat seine Armee nach Westen bis in das Land der Tylwyn Tou marschieren lassen.«
Brynn riss erschrocken die Augen auf.
»Selbst Lady Dasslerond hat er besiegt. Sie war bereits dem Tod geweiht, als sie das Tal für alle, sogar für ihr eigenes Volk, unzugänglich machte. Belli’mar Juraviel war es, der mich zu Euch geschickt hat, um Euch vor Aydrians Eroberungswut zu warnen. Ihr solltet Euch jenseits allen Zweifels darüber im Klaren sein, Brynn Dharielle, dass Euer ehemaliger Gefährte weder ein Freund der Tylwyn Doc noch der Tylwyn Tou ist.«
»Dann steht Euer Volk an der Seite Eurer Vettern?«, erkundigte sich Brynn, nachdem sie die Neuigkeiten für Pagonel übersetzt hatte.
»Wir sind jetzt wieder ein vereintes Volk unter der gemeinsamen Führung von König Eltiraaz und Belli’mar Juraviel.« Er streckte ihr seine geöffnete Hand entgegen und zeigte ihr einen großen, blauen Saphir. »Dies ist der Edelstein meines Volkes und der Schwesterstein jenes Smaragds, der die Seele von Andur’Blough Inninness enthält. König Eltiraaz und Lady Dasslerond haben die Steine, wie unsere beiden Völker, wieder vereint. Mit Hilfe dieses Edelsteins können Belli’mar Juraviel, der Herrscher über den Smaragd, und ich einander in den entlegensten Winkeln der bekannten Welt aufspüren.«
Aus irgendeinem Grund war Brynn nicht allzu überrascht. Sie lauschte seinen Erklärungen ohne Zwischenfragen, dann beugte sie sich zur Seite, um sie für Pagonel zu übersetzen, der daraufhin ein ziemlich neugieriges und beeindrucktes Gesicht machte.
»Zurzeit befinden sich die Völker der Tylwyn auf der Flucht«, wechselte Lozan Duk das Thema und steckte seinen kostbaren Stein wieder ein. »Wir müssen uns vor Aydrians Häschern verstecken, und während man mich nach Süden schickte, um Euch aufzusuchen, hat Belli’mar Juraviel sich auf den Weg nach Nordosten begeben, um dort Jilseponie, Aydrians Mutter, aufzuspüren. Wir haben in der gesamten Region zahlreiche Kundschafter verteilt, denn wir hoffen, als Nachrichtenübermittler zwischen all den Kräften dienen zu können, die gezwungen sind, sich gegen König Aydrian zur Wehr zu setzen.«
»Aber wie lange liegt Lady Dassleronds Sturz denn nun schon zurück?«, erkundigte sich Brynn. »Selbst wenn Ihr und Eure Vettern eine Botenkette von Dharyan-Dharielle bis in den äußersten Norden einrichtet, wird die Übermittlung der Nachrichten eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.«
»Lady Dasslerond starb vor etwas mehr als zwei Wochen«, erklärte Lozan Duk.
»Wie könnt Ihr dann …«
»Dieser Smaragd, dessen Besitzer Belli’mar Juraviel jetzt ist, ermöglicht ihm ein erheblich schnelleres Reisen – mir übrigens auch. Ich befand mich gerade am Südende des Pfades der sternenlosen Nacht, als er mich, vor gerade mal zwei Tagen, aufgrund meines Signals dort fand. Ich war auf dem Weg in den Süden, um mich mit diesem Drachen, Pherol, zu treffen. Aber leider weilte der mächtige Lindwurm nicht in seiner Höhle.«
»Er ist hier.«
Ein Lächeln erschien auf dem blassen Gesicht des Doc’alfar. »Belli’mar Juraviel hat mir von den schlimmen Neuigkeiten aus dem Norden berichtet – und der Gefahr, die von Aydrian droht. Deshalb gab er mir den Auftrag, hierher zu kommen, Euch
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