Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
Tür steht. Ein Sturm hätte ihren Untergang bedeuten können, trotzdem sind sie entschlossen weitergesegelt, denn sie wussten, wie ungeheuer wichtig es war, die Nachrichten von Abt Braumin aus St. Precious zu überbringen.«
»Ich fürchte allerdings, der gute Braumin ist längst nicht mehr im Amt«, erklärte Al’u’met. »Ich war kaum ausgelaufen, da marschierte Aydrian bereits auf Palmaris zu. Wir haben allen Grund zu der Annahme, dass die Stadt kurz darauf gefallen ist.«
Pony nickte.
»Denn die Flotte Ursals – oder wenigstens ein Teil von ihr hat die Stadt auf ihrem Weg in den Golf passiert«, fügte Prinz Midalis hinzu. »Vor gerade mal drei Wochen traf ein kleines Spähschiff von Pireth Dancard kommend ein, nachdem es fast die Hälfte der Strecke durch die nördlichen Gewässer des Golfes verfolgt worden war. Wäre nicht ein Sturm aufgekommen, wäre es von den Kriegsschiffen aufgebracht worden – Kriegsschiffe, die unter einer Flagge fuhren, auf der ein aufgerichteter Bär und ein Tiger zu sehen waren. Offenkundig handelt es sich bei dieser Verirrung um die Fahne von Aydrian Boudabras.«
»Boudabras«, wiederholte Pony leise. Es war das erste Mal, dass sie diesen Namen hörte.
»Ein Elfenwort«, erklärte Bradwarden. »Man bezeichnet damit einen gewaltigen Wirbel, einen Mahlstrom.«
»Wie überaus passend«, sagte Prinz Midalis trocken.
»Es dürfte recht schwierig sein, genau festzustellen, wie groß die Gebiete zu Land und zu Wasser sind, die Aydrian bereits in seine Gewalt gebracht hat«, überlegte Pony. Sie blickte auf die Landschaft draußen vor dem Fenster, wo es inzwischen wieder zu schneien begonnen hatte. »Ich kenne mich in dieser Gegend nicht aus. Wie weit ist es von hier bis nach Vanguard?«
»Etwa eine Woche Fußmarsch«, erklärte Midalis. »Das Gelände hier bietet genügend Deckung, außerdem befinden wir uns hier bereits in der Nähe von Palmaris.«
»Ihr geht davon aus, Euren Gegenangriff dort beginnen zu können?«
»Es scheint mir die folgerichtige Entscheidung zu sein.«
»Folgerichtig schon, aber darauf dürfte auch der junge Aydrian bereits gekommen sein«, warf Bradwarden ein.
»Ich verfüge über keine Flotte, die es mit der von Ursal aufnehmen könnte«, erwiderte Prinz Midalis. Die Niedergeschlagenheit in seiner Stimme war nicht zu überhören. »Der Landweg zu meinem Thron führt über Palmaris, also werde ich über Palmaris marschieren müssen.«
Der Zentaur bedachte ihn mit einer höflichen Verbeugung.
Pony sah die Anwesenden nacheinander an, ehe ihr Blick mit der stummen Bitte um sein Einverständnis auf Bradwarden verweilte. Und als dieser zum Zeichen, dass er verstanden hatte, nickte, wandte sie sich direkt an Midalis. »Wir haben Euch mit Hilfe eines anderen Freundes gefunden«, erklärte sie. »Ein mächtiger Verbündeter im Kampf für unsere Sache. Kennt Ihr das Volk der Touel’alfar?«
Sofort nahm das Gesicht des Prinzen einen interessierten Ausdruck an, und seine grauen Augen, untrügliches Zeichen seiner Abstammung aus dem Hause Ursal, weiteten sich.
»Sie werden die Gebiete für uns auskundschaften«, erklärte Pony. »Sie verfügen über gewisse Mittel und Wege, sämtliche Bewegungen dort zu beobachten. Vielleicht gelingt es uns mit Hilfe der Elfen, die Schwachstellen in Aydrians Front herauszufinden.«
»Selbst wenn das zutreffen sollte – und es wäre wirklich eine erfreuliche Nachricht –, bliebe unser Handlungsspielraum begrenzt. Wenn wir den Krieg zu Aydrian tragen wollen, müssen wir nach Süden marschieren. Meine Späher und Kommandanten haben mich während der letzten Wochen hervorragend ins Bild gesetzt, sodass sich mir drei Handlungsalternativen angeboten haben, drei Entwicklungen, die Anlass zu einer gewissen Hoffnung geben. Die erste setzt voraus, dass Aydrian sich entschließt, das Königreich aufzuteilen, wobei er selbst das Gebiet südwestlich des Golfes übernimmt und Vanguard unbehelligt lässt.«
»Was wir bis jetzt von ihm gesehen haben, deutet nicht auf so etwas hin«, warf der Zentaur ein.
»Die zweite wäre, dass er beschließt, Vanguard anzugreifen – entweder über Land oder von See aus«, fuhr Midalis fort. »In beiden Fällen wird er feststellen, dass sich die Kämpfe als schwierig erweisen, denn auch ich habe einen Verbündeten gefunden. Ich habe meine Armee westlich von Vanguard Aufstellung nehmen lassen, als Verteidigung gegen eine Invasion auf dem Landweg, obwohl ein solcher Schachzug mitten im tiefsten Winter
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