Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
großartige Krieger, zugegeben, aber Eure Zahl ist bei weitem nicht groß genug, um für unsere Sache wirklich von Nutzen zu sein. Entweder siegen wir, oder wir verlieren. Einhundert Elfenkrieger werden dabei mit Sicherheit nicht den Ausschlag geben.«
»Ich habe gar nicht die Absicht, meine Krieger jemals wieder gegen Aydrian in den Kampf zu schicken«, erklärte Juraviel. »Wir können uns keine größeren Verluste mehr leisten, da sie unsere Existenz als Volk gefährden würden.«
»Nun, was hast du dann zu bieten?«, wollte Bradwarden wissen.
Juraviel hielt abermals den Smaragd in die Höhe. »Ihr habt Verbündete«, antwortete er. »In To-gai, südlich des Gebirges, lebt eine von mir persönlich ausgebildete Hüterin, eine Kriegerin namens Brynn Dharielle, die sich an die Spitze der To-gai-ru gesetzt hat, um sie von ihren behrenesischen Unterdrückern zu befreien. In diesem Augenblick wendet Aydrian seine Aufmerksamkeit in Richtung Behren – und meine Kuriere raten Brynn, gegen ihn in den Kampf zu ziehen.«
»Das ist seit langem der erste Hoffnungsschimmer«, sagte Bradwarden hoffnungsfroh und versetzte Pony einen Stups.
Juraviel zeigte ihnen noch einmal den Smaragd. »Mit Hilfe dieses Edelsteins vermag ich in kürzester Zeit große Entfernungen zurückzulegen«, sagte er. »Ich kann nur wenige Begleiter mitnehmen, deshalb bin ich, was den Transport größerer Truppenverbände oder Ähnliches anbelangt, keine große Hilfe. Aber was die Einrichtung eines Nachrichtenweges zwischen denen, die entschlossen sind, Aydrian Widerstand zu leisten, und das Auskundschaften von Aydrians Truppenbewegungen betrifft, vermag es niemand mit den Touel’alfar aufzunehmen.«
Pony musterte ihn forschend, während sie den Vorschlag auf sich einwirken ließ. Allmählich dämmerte ihr, welch ungeheure Hilfe das möglicherweise für ihre Sache bedeuten könnte. Wie verzweifelt ihre Lage war, war ihr so recht erst bewusst geworden, als sie auf ihrer Suche nach Prinz Midalis nach Vanguard gekommen war. Höchstwahrscheinlich war Aydrian längst viel zu mächtig, um sich von Prinz Midalis verdrängen zu lassen, selbst wenn sie diesen dabei nach Kräften unterstützte.
Und nun das. Auf einmal bot sich ihr die Chance, alle losen Enden des Widerstands gegen Aydrian zu bündeln und zu einer gewaltigen Kraft zu vereinen.
»Ich nehme deine Entschuldigung an, Belli’mar Juraviel«, erwiderte sie ruhig. »Hilf mir. Hilf mir, die Welt wieder zu dem zu machen, was sie einst war.«
»Und deinen Sohn zu besiegen?«, fragte Juraviel.
Obwohl sie dies vernünftigerweise hätte bejahen müssen, widerstrebten seine Worte auf schmerzhafte Weise Ponys Empfinden. Sie wusste selbst nicht, wie sie darauf kam zu erwidern: »Nein. Hilf mir, meinen Sohn zu retten.«
Sie bemerkte den sorgenvollen Blick zwischen Juraviel und Bradwarden, den sie mit ihrer seltsamen Antwort ausgelöst hatte, ein Blick, den sie besser verstand als ihre eigenen Gedanken.
Trotzdem dachte sie gar nicht daran, von ihrer leidenschaftlichen Bemerkung abzurücken.
Denn wenn sie alle Hoffnung aufgab, würde ihr am Ende gar nichts mehr bleiben.
13. Vorbereitung auf den großen Schlag
Dank Aydrians Einsatz der Edelsteine waren sie ungeachtet der widrigen, eisigen Winterwinde auf ihrem Marsch rasch vorangekommen. Nichtsdestotrotz waren alle, die Soldaten wie auch der König, der sie anführte, erleichtert, als sie an diesem kalten Wintertag gegen Ende des zweiten Monats im Jahr des Herrn 847 die Mauern von Palmaris wieder vor sich sahen.
Das Erste, was dem an der Spitze der Marschkolonne reitenden Aydrian auffiel, war, dass die Mauern mit Soldaten aus Ursal bemannt waren, seinen treu ergebenen Kingsmen. »Es scheint, als habe Marcalo De’Unnero die Wehrhaftigkeit der Stadt aufrechterhalten können«, sagte der junge König zu Sadye, die neben ihm ritt.
»Das konnten wir von ihm doch wohl auch erwarten«, erwiderte Sadye.
Aydrian ließ sein Pferd langsamer gehen und warf ihr einen misstrauischen Blick zu.
»Was ist?«, fragte Sadye.
»Du liebst ihn noch immer.«
Sadye richtete ihren Blick wieder auf Palmaris und zuckte halbherzig mit den Schultern. »Ich empfinde nach wie vor großen Respekt vor ihm – sollte ich das etwa nicht?«
Jetzt war es an Aydrian, starr geradeaus auf die Stadt zu schauen und mit den Schultern zu zucken.
»Du hast Marcalo mit einem für die Sicherheit und Erweiterung deines Königreiches überaus wichtigen Posten betraut«, fuhr sie fort.
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