Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)
verständigt sei?
„ Nein, noch nicht, ich wollte auf dich warten.
„ Das war gut, wir müssen sie selbst finden.
30
„Fantastisch siehst du aus, lass dich anschauen. Warum trägst du nicht öfter Anzug?«
Wolf betrat vor ihr die Business Bar . Anke folgte ihm in der Weise, als würde sie nicht zu ihm gehören. Unauffällig beobachtete sie, wie er sich einen Platz an der Bar suchte. Sofort näherte sich eine fast barbusige Schwarzhaarige in einem Gaga-Fummel. Anke knirschte mit den Zähnen, als sich die Bardame zur Bestellaufnahme weit über die Theke beugte, um ihrem Mann einen großzügigen Einblick zu gewähren. Zwei Kolleginnen im ähnlichen Dress bemühten sich hinter der Bar um die weiteren männlichen Gäste. Anke suchte sich ihren Platz so, dass ihr nichts in der verspiegelten Rückwand der Bar entging. Zudem blickte sie von hier, wenn sie wollte, in Wolfs vor lauter Anspannung noch attraktiveres Gesicht. Er zwinkerte ihr in der Spiegelwand zu. Es dauerte nicht lange, bis Walter Bruns, die Vertretung, sie ausgemacht hatte und an ihren Tisch trat.
„ Und?«, fragte Anke seiner Begrüßung zuvor kommend, „wissen Sie nun, wann Ihr Chef zurückkommt?«
Was er ja nicht kann, weil er tot ist, aber weiß er das?
„Meine Dame, erst einmal einen guten vergnüglichen Abend.«
„ Ebenfalls.«
Erwartungsvoll starrte sie in sein Gesicht. Es schien ihr noch aufgeschwemmter als das letzte Mal. Zuviel Alkohol. Erst jetzt zuckte Bruns auf ihre Frage mit den Schultern.
„ Tut mir leid. Ich weiß nicht, wann er zurückkommt und auch sonst kann ich Ihnen wenig Neues berichten. Die Polizei macht hoffentlich ihre Arbeit.«
Mit einem Mal waren gedämpfte Geräusche von der Bar zu hören. Anke stand bereits in den Startlöchern, riss sich aber zusammen. Zwei Männer hatten den zappelnden Wolf in die Mitte genommen. Zwei weitere bauten sich breitbeinig vor ihm auf, damit er nicht entwischen konnte. Mit Sorge verfolgte Anke, wie Wolfs Augen verzweifelt hin und her rasten und sich sein Gesicht vor Wut verzerrte.
Verdammt noch mal, und ich habe ihm noch versichert, dass ihm hier keiner an den Kragen geht.
Einige der Gäste erhoben sich, als wollten sie eingreifen. Die Situation war bestimmt kontraproduktiv für das Image der Bar. Die Vertretung stürzte Richtung Theke. Anke hielt die Luft an, erhob sich und wollte endlich, egal, ob ihre gemeinsame Tarnung aufflog oder nicht, ihrem Mann durch die Tischreihen zur Hilfe eilen. Da erschien wie aus dem Nichts Fabio Koll auf der Bildfläche. Wie angewachsen blieb Anke stehen. Er wies die Männer an, Wolf auf der Stelle loszulassen. Anke sah baff zu, wie Fabio Koll entschuldigend seinen Arm auf Wolfs Schulter legte und sie anschließend zusammen an der Bar Platz nahmen. Sekunden später landete vor beiden Männer ein Glas Whisky. Wolf hasste das Zeug, aber er trank ihn. Zu gerne hätte Anke sich sofort in ein Mäuschen verwandelt, um zu hören, über was die beiden miteinander sprachen. Beunruhigt kehrte sie an ihren Tisch zurück und wartete, was weiter passieren würde. Inbrünstig hoffte sie, dass Bruns nicht zurückkommen würde und sie womöglich noch mit Fabio bekannt machte. Aber es war zu spät. Als hätte sie Signale ausgesendet, drehte Fabio sich in ihre Richtung, stutzte, wandte sich erneut zu Wolf, sagte etwas zu ihm, erhob sich und stand einige Sekunden später vor ihr. Sie sah im Wandspiegel, dass Wolf sie beobachtete.
„ So eine Überraschung«, begrüßte Fabio sie, blieb aber stehen. „Beruflich hier?«
„ Nein, ich wollte nur mal etwas elitäre Luft schnuppern«, entgegnete sie zynisch.
Fabio schüttelte in scheinbarer Verzweiflung den Kopf und meinte:
„ Oh, immer noch so bissig.«
Anke reagierte nicht. Es folgte eine bedrückende Pause, ehe Fabio fragte, ob sie einen Drink wolle. Anke lehnte ab, fragte stattdessen zum Schein, wann der Geschäftsführer zurückkommt? »Oder nehmen Sie jetzt hier die Stellung von Klaus Nett ein?«
Fabio lächelte sie breit an. Anke starrte einige Momente wie hypnotisiert auf seine Lippen.
„ Im Gegenteil. Ich dachte, ich würde ihn hier antreffen, aber er scheint verreist.«
Für einige Sekunden glaubte Anke ihm tatsächlich, bis ihr altes Misstrauen ihm gegenüber erwachte. Ein Schauspieler.
„ Scheint wohl für länger zu sein«, überlegte Anke laut.
Fabio zuckte daraufhin nur die Schultern.
Hast du ihn umgebracht? Ich muss Hauff von dem Brief erzählen. Aber wenn es nun nicht stimmt? Nein, sonst
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